Elfenzorn
ziemlich gefährlicher Ort. Es gibt ein paar wirklich unangenehme Typen dort. Zwerge, Barbarenkrieger … das Übliche eben. O ja, und die Orks nicht zu vergessen. Mit denen ist nicht zu spaßen.«
»Orks?«
»Orks«, bestätigte. »Das sind wirklich gefährliche Burschen. Einer von ihnen hätte mich fast umgebracht.« Sie hob die Schultern. »Aber im Grunde waren sie noch harmlos gegen diese verdammten Schattenelben.«
José starrte sie an. Toni sagte immer noch nichts, aber er biss sich nun tatsächlich die Unterlippe blutig und wandte sich dann mit einem plötzlichen Ruck ab. Seine Schultern zuckten verräterisch.
»Ja, wirklich«, sagte Peralta. »Das war lustig.«
»Nein, verdammt, das war es nicht!«, fauchte Pia plötzlich inscharfem Ton. »Aber was wollen Sie hören? Dass ich in Wahrheit die letzte Nachkommin einer uralten Mayakultur bin und weiß, wo der größte Schatz der Weltgeschichte verborgen liegt? Tut mir leid. Damit kann ich nicht dienen!«
Peralta starrte sie weiter durchdringend und lautlos kochend vor Wut an, aber auch ein ganz klein bisschen nachdenklich. Schließlich nickte er.
»Okay, das habe ich vielleicht sogar verdient«, sagte er. Täuschte sie sich, oder kroch irgendetwas in seinem Ärmel aufwärts? Keine wirkliche Bewegung, sondern eher ein … Gefühl, als hätten die Schatten Substanz angenommen. Und Krallen. »Aber du solltest es nicht übertreiben, mein Kind.«
»Ich übertreibe nicht«, fauchte Pia, »Ich weiß nur nicht, was Sie von mir wollen! Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß! Wenn Sie wütend sind, weil Jesus und ich Ihr Geld gestohlen haben, dann erschießen Sie mich meinetwegen, oder lassen Sie es einen Ihrer sogenannten Neffen tun, wenn sie selbst zu feige dazu sind, aber mehr werden Sie nicht von mir erfahren, weil ich verdammt noch mal nicht mehr weiß! «
Toni drehte sich nun doch zu ihr herum. Das Lachen war von seinem Gesicht verschwunden. Er wirkte verblüfft.
»War das jetzt ganz besonders mutig von dir, oder einfach nur dreist?«, fragte José.
Wieso dreist? Sie hatte doch nur die Wahrheit gesagt.
»Aber gut, in einem Punkt gebe ich dir recht«, fuhr José Peralta fort. »Ich bin wütend, dass du und dein Freund euch in meine Geschäfte gemischt habt. Nicht einmal so sehr auf dich persönlich, Pia. Du bist ein nettes Mädchen, und nicht dumm. Du hast Schneid, was mir gefällt, und du bist jung. Ich war das auch einmal – auch wenn es schon so lange her ist, dass ich mich kaum noch daran erinnere.« Der Schatten hatte mittlerweile fast seine Schulter erreicht und kroch beharrlich weiter, und auch das Kratzen tappender Spinnenbeine auf Glas war näher gekommen. »Aber ich weiß noch, wie man sich fühlt, wenn man jung ist«,fuhr Peralta fort. »Man glaubt, dass einem die ganze Welt gehört, und man fühlt sich unbesiegbar und unverwundbar, nicht wahr?« Er lachte leise und sogar – fast – gutmütig. »Das ist in Ordnung. So muss man wohl sein, wenn man jung ist. Ich finde es sogar gut. Ich nehme dir nicht einmal übel, was ihr getan habt. Das Problem ist nur, dass ich es dir nicht durchgehen lassen kann.«
»Weil es gegen Ihren Ehrenkodex verstößt?« Pia fragte sich, warum sie das gesagt hatte. Sie bewegte sich auf sehr dünnem Eis, und ein Teil von ihr schien kein größeres Vergnügen zu kennen, als mit aller Kraft mit den Absätzen aufzustampfen.
»Du glaubst, Männer wie ich würden über diese Stadt herrschen, weil alle anderen Angst vor ihren Waffen haben oder vor ein paar Dummköpfen wie meinen beiden sogenannten Neffen hier?«, fragte José und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Das mag zum Teil stimmen, aber es ist nur ein ganz kleiner Teil. Das Geheimnis heißt: Respekt, Pia. Ich bin das geworden, was ich bin, weil die Menschen in dieser Stadt mich respektieren. Und das ist dein Problem.«
Sein Problem war offensichtlich, dass er den Unterschied zwischen Respekt und Angst nicht kannte, dachte Pia. Sie sah ihn weiter nur fragend und wortlos an. Etwas schien aus seinem Kragen zu kriechen, zitternde Schatten, wie sich windende Würmer oder winzig kleine Schlangen.
»Ich kann nicht zulassen, dass sich herumspricht, meine Leute wären von zwei Kindern ausgeraubt worden, und ich hätte nichts dagegen getan«, fuhr José fort. »So etwas würde dazu führen, dass die Menschen den Respekt vor mir verlieren, und das wäre der Anfang vom Ende.«
»Dann müssen Sie mich wohl erschießen«, hörte sich Pia fast zu ihrer eigenen
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