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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ich! Kannst du nicht verstehen, dass ich vor nichts mehr Angst hatte als davor, dich noch einmal zu verlieren? Ich weiß nicht, ob ich das ertragen hätte!«
    »Und das konntest du mir nicht sagen?«
    »Das tue ich doch gerade!«
    »Nein«, antwortete Jesus. »Du sagst es Ter Lion. Nicht dem dummen armen Jesus.«
    Diesmal hatte sie wirklich das Gefühl, einen Schlag mitten ins Gesicht bekommen zu haben. Sie fühlte sogar den Schmerz, der ihr die Tränen in die Augen trieb. Sie hatte weder die Kraft dazu noch wollte sie sie zurückhalten.
    »Ich … So war es nicht«, brachte sie mühsam heraus. »Das war nicht der Grund. Aber ich ...«
    Ihre Stimme versagte endgültig und ihre Gedanken irgendwie auch.
    »Was dann?«, fragte Jesus böse. »Hattest du Angst, dass ich deiner Erinnerung an mein anderes Ich nicht gerecht würde?«
    Ein Teil von ihr wollte wütend werden – nicht nur zurecht, sondern auch, weil das die einfachste Reaktion gewesen wäre, und noch dazu eine, der sie sich nicht einmal zu schämen brauchte –, aber sie konnte es einfach nicht. Dazu taten seine Worte zu weh, schon weil sie zu viel Wahrheit enthielten. Aber hinter ihr sagte eine Stimme:
    »Das war jetzt nicht besonders nett von dir, Langer. Und so ganz nebenbei gibst du dir mit solchen Bemerkungen sogar recht. Darüber solltest du vielleicht einmal nachdenken.«
    Pia fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, bevor sie sich umdrehte. Natürlich machte sie es damit eher noch schlimmer, aber Alica war – ausnahmsweise – diskret genug, so zu tun,als hätte sie nichts bemerkt, kam weiter mit schnellen Schritten heran und maß Jesus mit übertrieben strafenden Blicken. Sie hatte ihren Badeanzug gegen eines ihrer üblichen Kleidungsstücke eingetauscht, was bedeutete, dass sie jetzt deutlich weniger anhatte.
    »Ich habe dich schon immer für einen ungehobelten Grobian gehalten, Langer, und du bescherst mir gerade das durchaus angenehme Gefühl, dass meine Vorurteile gar keine sind. Auch darüber solltest du einmal nachdenken. Erhabene.«
    Das letzte Wort sprach sie mit vollkommen übertrieben demütiger Betonung und einer noch übertriebeneren Verbeugung in Pias Richtung aus. »Der ehrwürdige Schild Eirann und der noch sehr viel ehrwürdigere Schild Landras wünschen Euch zu sprechen ... und noch ein paar andere Großkopferte auch, aber deren Namen brauchst du dir nicht zu merken.«
    »Dann sollten wir sie nicht warten lassen«, sagte Pia mit belegter Stimme. »Gehen wir.«
    Alica nickte zwar und machte eine übertrieben einladende Geste, wandte sich aber mit spöttisch funkelnden Augen an Jesus. »Was ist mit dir, Großer? Begleitest du uns, oder möchtest du lieber hierbleiben und noch ein bisschen schmollen?«
    Bevor Jesus auch nur antworten konnte, hakte sie sich bei Pia unter, schenkte ihm noch ein zuckersüßes Lächeln und zog sie dann mit schon etwas mehr als sanfter Gewalt mit sich. »Nicht dass das jetzt eine diplomatische Glanzleistung gewesen wäre«, sagte sie so leise, dass nur Pia die Worte verstehen konnte, »aber wenigstens hast du es ihm gesagt. Gerade noch rechtzeitig. In nicht allzu langer Zeit hätte er es sowieso erfahren.«
    Pia sah ganz instinktiv an sich herab, und Alica schüttelte mit einem spöttischen Lachen den Kopf. »Nicht deshalb, Dummchen. Er ist dabei, die Sprache zu lernen, und er macht erstaunlich schnelle Fortschritte. Ich hätte mir gewünscht, dass es bei mir damals auch nur annähernd so schnell gegangen wäre. Dieser Farlan scheint ein verdammt guter Lehrer zu sein. Wusstest du, dass Lion und er sich angefreundet haben?«
    Lion. Pia fragte sich, ob dieser Versprecher wirklich Zufall gewesen war, knurrte aber nur: »Seit zwei Minuten, ja.«
    »Und jetzt bist du beleidigt, dass er es dir nicht eher gesagt hat?«, stichelte Alica.
    Beinahe hätte sie Ja gesagt, doch dann musste sie gegen ihren Willen lachen. Untergehakt und kichernd wie zwei ausgelassene Mädchen, die gerade vom Schulball kamen und sich die Mäuler über die Frisuren und Kleider ihrer Mitschülerinnen zerrissen, durchquerten sie das Lager, und Alica hörte erst auf herumzualbern, als sie das Zelt erreichten, das Eirann und sie gemeinsam bewohnten. Es zwar nur wenig kleiner als das von Pia, wirkte aber deutlich nüchterner (wenn auch nur von außen, wie Pia wusste) und wurde von gleich einem Dutzend ausgesucht großer Krieger bewacht, gegen die selbst Jesus schwächlich gewirkt hätte, und sie hörten schon von Weitem eine ganze Anzahl

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