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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unbehaglicher, als sich Jesus nach einer Weile wieder zu ihnen gesellte und sich auf der anderen Seite des Feuers im Schneidersitz niederließ.
    Pia fragte sich, warum eigentlich. Sicher – es gab ein Problem zwischen Jesus und ihr – ein großes Problem sogar, über das sie längst hätten reden sollen –, aber das erklärte nicht, warum sie regelrecht Angst vor ihm hatte; nun, vielleicht nicht vor ihm, aber zumindest vor seiner Gegenwart … was ja wiederum irgendwie auf dasselbe hinauslief.
    Und – ob es nun Einbildung war oder nicht – Jesus schien es genauso zu gehen wie ihr. Er wich ihrem Blick aus, wo immer es ging, ohne dass es zu auffällig wurde, und die wenigen Male, da es ihm nicht gelang, brachte er irgendwie das Kunststück fertig, geradewegs durch sie hindurchzusehen.
    Ihrer – beider – sonderbares Verhalten entging weder Alica noch den Mädchen, die ihr Essen gar nicht schnell genug hinunterschlingen konnten und sich anschließend so rasch entfernten, als hätten sie mit einem Male auch ihre Fähigkeit erlernt, einfach in den Schatten zu verschwinden. Alica sah ihnen kopfschüttelnd nach und wandte sich dann mit einem genauso tiefen Stirnrunzeln wie spöttischen Funkeln in den Augen an Jesus und sie.
    »Ihr beiden benehmt euch wie die Kleinkinder, wisst ihr das eigentlich?«, fragte sie.
    »Nein«, antworteten Jesus und sie wie aus einem Mund.
    Das Funkeln in Alicas Augen wich einem fast betrübtenAusdruck. »Ist aber so«, beharrte sie. »Ich meine, nicht dass es mich etwas anginge –«
    »Stimmt«, sagten Jesus und sie, auch jetzt wieder wie mit einer Stimme.
    »– aber wir haben ein paar anstrengende Tage vor uns. Gefährliche Tage, möglicherweise. Es macht es nicht leichter für uns alle, wenn ihr euch benehmt wie zwei Vorschulkinder, die sich gegenseitig vorwerfen, sich das Schippchen geklaut zu haben.«
    »Ganz so einfach ist es dann vielleicht doch nicht«, antwortete Pia lahm. Sehr lahm.
    »Stellt Euch vor, Erhabene – aber das weiß ich«, sagte Alica spitz. Sie stand auf und machte zugleich eine harsche Geste, die Jesus, der augenblicklich dazu ansetzte, es ihr gleichzutun, nachhaltig davon abhielt. »Wir bleiben noch eine gute Stunde hier. Warum nutzt ihr beide nicht diese Zeit und macht einen Waldspaziergang, um euch mal gründlich auszusprechen? Und keine Angst – diesmal komme ich auch nicht nach.«
    Sie ging, und jetzt war es Pia, die ihr lange und mit einem tiefen Stirnrunzeln nachsah. »Die letzte Bemerkung war überflüssig«, knurrte sie schließlich.
    »Keine Ahnung, was sie damit gemeint hat«, behauptete Jesus.
    Pia fragte sich, ob das stimmte, oder ob ihm diese durch und durch überflüssige Bemerkung vielleicht nur genauso peinlich war, wie sie sie wütend machte. Sie hätte ihren rechten Arm darauf verwettet, dass Plappermäulchen Alica ihm alles haarklein weitererzählt hatte, wessen Augenzeuge sie geworden war.
    Aber wenn man es genau nahm, dann hatte sie selbst dabei ja auch keine allzu gute Figur gemacht. »Vielleicht hat sie ja recht.«
    »Womit?«
    »Dass wir miteinander reden sollten wie zwei erwachsene Menschen.«
    Jesus starrte weiter an ihr vorbei auf einen Punkt im Nichts, aber diesmal – vielleicht wirklich dessentwegen, was Alica geradegesagt hatte – ließ Pia ihn nicht damit durchkommen und sah ihn so lange weiter durchdringend an, bis er es nicht mehr aushielt und nur noch die Wahl hatte, einfach aufzustehen und zu gehen oder ihrem Blick doch standzuhalten. Er entschied sich für Letzteres.
    »Und worüber?«
    »Über uns«, antwortete Pia, registrierte die Ablehnung in seinem Blick und verbesserte sich: »Über mich, wenn dir das lieber ist oder du besser damit klarkommst. Verdammt, ich weiß, dass ich Mist gebaut habe, aber was zum Teufel hast du eigentlich erwartet? Ich wusste damals nicht, ob ich jemals wieder zurückkomme!«
    »Ihr braucht Euch nicht vor mir zu rechtfertigen, Erhabene«, sagte Jesus, und Pia konnte sogar selbst spüren, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht schoss.
    »Wenn du mich noch einmal Erhabene nennst, dann springe ich dir mit dem nackten Hintern ins Gesicht!«, fauchte sie. »Wenn du dich unbedingt wie ein beleidigtes Kleinkind aufführen willst, meinetwegen! Aber dann sag es einfach, und wir beide ziehen die Konsequenzen daraus und verzichten künftig ganz darauf, uns wie erwachsene Menschen zu benehmen! Verdammt, ja, ich habe mit Ter Lion geschlafen, und weißt du was? Es war grandios! Das Beste, was ich je erlebt

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