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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich weder erklären noch gab es irgendeinen Grund dafür, aber das Gefühl war da, und es war von jener ganz bestimmten Art, die einem sagte, dass es auch nicht von selbst wieder verschwinden würde. Sie blieb noch einen Moment liegen, begriff schließlich, dass das nichts brachte, und schlug die Decke zurück, um zum hinteren Ende des Wagens zu kriechen. Kurz bevor sie die Plane zurückschlagen konnte, machte sie noch einmal kehrt, um sich ihr Kleid überzustreifen, denn vielleicht war eine dünne goldene Halskette doch ein wenig zu knapp, um als angemessenes Kleidungsstück durchzugehen, sogar für eine allmächtige Elfenprinzessin.
    Sie machte wieder kehrt, hielt dann noch einmal an und drehte abermals um, um sich Eiranns Zorn umzuschnallen und in ihre Stiefel zu schlüpfen – warum, wusste sie selbst nicht so genau, aber während sie in die engen Stiefel zu kommen versuchte, verfluchte sie das beständige Schaukeln des Wagens ... obwohl es sich im Laufe des zurückliegenden Tages als durchaus angenehm erwiesen hatte und mindestens ebenso praktisch.
    Diesmal kicherte sie wirklich, erteilte sich aber in Gedankenzugleich auch selbst einen (sachten) Tadel. Anscheinend verbrachte sie zu viel Zeit mit Alica. Etwas an ihrem Benehmen musste wohl ansteckend sein.
    Endlich komplett angezogen, kroch sie zum dritten Mal nach hinten, schlug die Plane zurück und blickte schon wieder in die behelmten Gesichter der beiden Schattenelben, die hinter dem Wagen ritten. Ziemlich dicht. Auf jeden Fall und ganz eindeutig nicht außer Hörweite, ganz egal, wie spitz oder rund ihre Ohren auch sein mochten.
    Pia hoffte, dass ihre eigenen Ohren nicht so rot anliefen, dass man es sogar in der Nacht sehen konnte, versuchte in möglichst würdevoller Haltung vom Wagen zu springen und hatte dann alle Mühe, nicht der Länge nach auf der Nase zu landen, als sie ein wenig zu spät bemerkte, dass ihre Knie ungefähr die Konsistenz von Wackelpudding hatten. Mit einem ungeschickten Stolperschritt fand sie ihre Balance wieder, warf trotzig den Kopf in den Nacken und marschierte stolz erhobenen Hauptes los – allerdings nicht, ohne den beiden Schattenelben noch den vernichtendsten Blick zugeworfen zu haben, den sie auf Lager hatte. Sie konnte die Gesichter der beiden hinter den schwarzen Visieren ihrer Helme zwar nicht erkennen, aber selbst ihre Pferde schienen sie wissend anzugrinsen. Dämliches Elbenpack.
    Als sie die Kolonne halb überholt hatte, kamen die Wagen in einer Folge leicht zeitversetzter Rucke zum Stehen, gefolgt von einem Chor aus unwilligem Schnauben und murrenden Stimmen. Im allerersten Moment nahm sie an, dass die beiden Reiter die Kunde von ihrem Erwachen auf irgendeine geheimnisvolle Art nach vorne geschickt hatten, aber dann wurden die Stimmen lauter, und ihre Stiefel waren wohl auch der Meinung, dass sie schneller gehen sollte. Sie hatte alle Mühe, nicht über ihre eigenen Füße zu stolpern.
    Lion hatte sich nicht in die Büsche geschlagen, wie sie angenommen hatte, und auch Alica schien noch nichts vom Schlafen zu halten, obwohl ihr ein rascher Blick in den sternenklarenHimmel zeigte, dass es fast Mitternacht sein musste. Beide standen noch ein gutes Stück hinter dem letzten Wagen und redeten heftig gestikulierend mit einer Gestalt in schwarzem Eisen. Genauer gesagt redete Alica, während Ter Lion schweigend dabeistand und mit finsterem Gesicht aus der Hälfte der Unterhaltung schlau zu werden versuchte, die er verstand. Pia beschleunigte ihre Schritte noch einmal – jetzt ganz bewusst – und erkannte ohne große Überraschung einen gerüsteten Schattenelben. Selbst über die Entfernung hinweg konnte sie sehen, wie erschöpft er war. Sein Pferd war so ausgelaugt, dass es nicht stillstehen konnte und weißer Schaum aus seinem Maul tropfte. Sie konnte den Schweiß von Mensch und Tier riechen.
    »Was ist hier los?«, begann sie, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten. »Wer ist das?«
    Der Schattenelb wollte antworten, doch Alica kam ihm zuvor. »Ein Bote von Eirann«, sagte sie und brachte den Elb mit einer raschen Geste zum Schweigen. »Irgendwas ist passiert, aber er weiß anscheinend selbst nicht genau, was.«
    »Was soll das heißen?«, wandte sich Pia nun direkt an den Elbenkrieger.
    »Ich bin Twenden, Erhabene.« Der Schattenelb ließ sich vor ihr auf ein Knie sinken und senkte demütig das Haupt, aber sie war nicht einmal sicher, ob er es nicht nur tat, um seine Erschöpfung zu kaschieren. So wie sein Pferd

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