Elfenzorn
wurden, verlor ihr Angriff an Schwung, und die bisher unaufhaltsam scheinende Woge aus schwarzem Eisen und Tod zerfiel mehr und mehr in eine Unzahl erbitterter Einzelkämpfe, als die Verteidiger endlich auf die Idee kamen, das Einzige zu tun, was überhaupt Sinn machte, und sich zu kleinen Gruppen zusammenrotteten, die sich jeweils einem Trex-Reiter entgegenstellten.
»Das ist ... entsetzlich«, flüsterte sie. Vielleicht dachte sie es auch nur, denn ihre Kehle war wie zugeschnürt. Nach einemMoment jedoch schüttelte Farlan neben ihr den Kopf und antwortete:
»Jetzt nicht mehr, Erhabene. Mit Euch und Eiranns Zorn an unserer Seite ist uns der Sieg gewiss. Diese Tiere werden hinweggefegt!«
Er machte eine einladende Geste, und Pia verzichtete darauf, ihm zu sagen, dass sie schon einmal mit diesem Schwert in der Hand gekämpft – und verloren! – hatte, sondern wandte sich um und folgte ihm, erleichtert, dem entsetzlichen Anblick wenigstens für einen Augenblick zu entkommen, und sei er noch so kurz. Schon nach zwei Schritten verschwand Farlan vor ihr einfach, und Pia folgte seinem Beispiel und wechselte ebenfalls in die Welt der Schatten. Jetzt konnte sie ihn nicht mehr sehen (anders als die Elben in Landras’ Lager, die ihre eigene Tarnung offenbar mühelos durchschaut hatten – sie musste Eirann unbedingt fragen, wie dieser Trick funktionierte!), vertraute aber darauf, dass ihre Stiefel sie zuverlässig vor einem Zusammenstoß mit ihm bewahren würden.
Auf dem Hinweg war es ihr nicht wirklich aufgefallen, doch dafür wurde ihr nun umso schmerzlicher klar, wie groß der Umweg gewesen war, auf dem ihre Stiefel sie auf den Sims hinaufgeführt hatten. Und auch jetzt bewegten sich ihre Füße nur fast widerwillig, als müsste sie sich durch einen unsichtbaren Morast kämpfen, der jedem ihrer Schritte trotzigen Widerstand entgegensetzte. Für einen Moment wurde das Getöse der Schlacht merklich leiser, als die Felswand zwischen ihnen und dem Schlachtfeld lag, doch wie zum Ausgleich dafür glühte der Himmel über ihnen jetzt rot im Widerschein der zahllosen Brände, die auf der anderen Seite tobten.
»Schild Eirann wartet bereits ungeduldig auf Euch, Prinzessin«, erklang Farlans Stimme neben ihr im Nichts, und obwohl sie wusste, dass daran rein gar nichts Unheimliches oder gar Übernatürliches war, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken.
Außerdem war es einfach nervig. Sie musste unbedingt herausfinden, wie man nicht nur in die Schatten hineintreten, sondern auch - schauen konnte. »Ich bin glücklich, dass gerade ich es war, der Euch gefunden hat. Ihr seid gerade noch rechtzeitig gekommen.«
Irgendetwas an diesen Worten irritierte sie, ohne dass sie sagen konnte, was. Da war ein Unterton von Erleichterung, der deutlich über die schon fast religiöse Verehrung hinausging, die ihr manche Vertreter des Elbenvolkes entgegenbrachten.
»Das klingt ja, als wäre euer Sieg nur von mir allein abhängig«, witzelte sie … oder versuchte zumindest, scherzhaft zu klingen.
»Es wäre nicht dasselbe, ohne Euch.«
Aber das war nicht alles. Hinter diesen wie aufgesagt klingenden Worten verbarg sich noch etwas anderes.
»Und?«, fragte sie.
Dieses Mal zögerte Farlan spürbar, bevor er antwortete. »Wir haben Kundschafter ausgeschickt, Prinzessin«, sagte er schließlich. »Der Feind ist weit stärker, als Schild Eirann nach Eurem Bericht erwartet hat, sowohl an Zahl als auch an Bewaffnung. Schild Eirann und Schild Landras waren nicht sicher, ob wir sie überwinden können.«
Pia blieb stehen und starrte die Stelle an, an der sie Farlan zumindest vermutete. »Moment mal«, sagte sie. »Soll das heißen, ihr habt angegriffen, obwohl ihr wusstet, dass ihr den Kampf möglicherweise verliert?«
»Der Ausgang einer Schlacht ist niemals gewiss, Prinzessin.« Sie hatte ziemlich gut geschätzt. Farlan materialisierte sich als rauchiger Schemen nur ein kleines Stück neben der Stelle, die sie angesehen hatte. »Und wir waren zuversichtlich, dass sich die Prophezeiung auch dieses Mal erfüllen wird.«
»Die Prophezeiung.« Pia wartete vergeblich darauf, dass Farlan von sich aus weitersprach, und versuchte genauso vergeblich, in seinem Gesicht zu lesen. Er war nicht vollständig sichtbar geworden, sodass sie nur einen flackernden Schatten sah, den ihreFantasie zu dem Gesicht vervollständigte, das sie kannte. Sie fragte sich, ob das Absicht war.
»Ich weiß ja, dass es euer liebstes Hobby ist, euch alles Mögliche
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