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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vermutlich auch entsprechend unaufmerksam war, aber Pia wusste auch, wie scharf die Sinne dieser vermeintlich schwerfälligen Kolosse waren, und erstarrte augenblicklich zur Salzsäule. In der ersten Sekunde wagte sie nicht einmal zu atmen.
    Ihre Gedanken rasten dafür umso scheller.
    Flammenhuf hatte sie gewiss nicht ohne Grund hierhergebracht und vermutlich auch nicht, um die Gesellschaft dieser beiden Krötenfressen zu genießen. Aber es gab nur diesen einen Weg und diese eine Richtung, und das bedeutete, dass sie irgendwie an den beiden Orks vorbeimusste.
    Pias Hand tastete nach dem Gewicht der Magnum, die sie unter der Jacke trug, und zog sich wieder zurück, ohne sie auch nur berührt zu haben. Ganz davon abgesehen, dass die Waffe so laut wie eine Kanone war und jeder Schuss in der Stille hier oben über Kilometer hinweg zu hören sein musste, würde ihr der Rückschlag vermutlich beide Handgelenke brechen.
    Außerdem hatten die Orks ihr nichts getan.
    Der stumme Gigant vor ihr nahm ihr die Entscheidung ab, indem er etwas tat, was sie lange Zeit nicht verstehen und noch sehr viel länger nicht vergessen sollte: Mit einer langsamen, fast schon zeremoniell anmutenden Bewegung legte er seinen Speer zu Boden, trat ganz an den Abgrund heran und ohne das allermindeste Zögern ins Nichts hinaus, um wie ein Stein in die Tiefe zu stürzen. Pia war einfach zu überrascht, um aufzuschreien, sonst hätte sie es wahrscheinlich getan, ob sie den zweiten Ork nun damit weckte oder nicht. Völlig fassungslos und im ersten Moment nicht einmal imstande zu begreifen, was sie geradegesehen hatte, starrte sie die Stelle an, an der sich der Ork in den Tod gestürzt hatte.
    Was sie gerade gesehen hatte, war vollkommen umöglich! Orks begingen keinen Selbstmord! Dafür waren sie viel zu dämlich!
    Trotzdem hatte sie es gesehen.
    Pia zwang sich innerlich zur Ruhe, riss ihren Blick mit einiger Mühe von der Stelle los, an der der Ork gerade gestanden hatte, und wandte sich dem zweiten geschuppten Koloss zu. Er schien tatsächlich zu schlafen, denn er hatte auf das unglaubliche Geschehen nicht mit der kleinsten Bewegung reagiert, sondern saß noch immer in derselben unveränderten Haltung da, an einen Felsen gelehnt, mit hängenden Schultern und den Kopf auf die breite Brust gestützt.
    Aber vielleicht schlief er ja auch gar nicht ...
    Pia zögerte kurz, löste sich dann unendlich behutsam aus ihrer Deckung und hüllte sich zugleich in einen Mantel schützender Schatten, während sie sich dem reglosen Ork näherte. Nun zog sie doch die großkalibrige Waffe. Sie vertraute auf ihren magischen Schutz, aber sie hatte auch mehr als einmal erlebt, wie unglaublich scharf die Sinne dieser grünen Giganten waren ... und eine gebrochene Hand war vermutlich immer noch besser als eine abgerissene.
    Ihre Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet, in jeder Beziehung. Sie hätte nicht einmal den Schattenmantel gebraucht. Der Ork wachte nicht auf, und das konnte er auch gar nicht. Er schlief nicht. Er war tot.
    Als Pia ihn vorsichtig mit dem Revolver anstieß, rutschte er langsam zur Seite und schlug dann mit einem dumpfen Laut auf dem Felsen auf. Etwas zerbrach mit einem Geräusch wie eine leere Konservendose, die zusammengeknüllt wurde, und eine Wolke so entsetzlichen Verwesungsgestanks hüllte Pia ein, dass sie instinktiv ein paar Schritte zurückprallte und ihre ganze Selbstbeherrschung brauchte, um sich nicht zu übergeben.
    Fast noch mehr Überwindung kostete es sie, sich dem reglosenKoloss noch einmal zu nähern und sich dazu zu zwingen, ihn genauer in Augenschein zu nehmen.
    Der Ork war tot, und das offensichtlich schon seit längerer Zeit. Pia stieß ihn – vorsichtig – mit dem Fuß an, und ein trockenes Rascheln erklang. Der Fäulnisgestank löste sich fast so schnell auf, wie er gekommen war. Was immer an ihm verwest war, konnte nicht viel gewesen sein. Die trockene Kälte hier oben hatte seinen Leichnam fast komplett mumifiziert.
    Pia schob die Magnum wieder unter ihre Jacke und setzte ihren Weg fort – so weit an der unheimlichen Ork-Mumie vorbeigehend, wie überhaupt möglich –, und kaum ein Dutzend Schritte entfernt fand sie einen weiteren toten Ork.
    Er war deutlich kleiner als der erste und genauso mumifiziert, und er lag in einer schon fast absurd friedlichen Haltung zwischen den Felsen, als hätte er sich nur zu einem entspannten Schläfchen ausstrecken wollen und irgendwann vergessen weiterzuleben. Diesmal zwang sie sich,

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