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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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Der Kommissär unterbrach sich. »Apropos Medien«, sagte er, wieder an Contini gewandt, »haben Sie die Absicht, die jüngsten Entwicklungen Ihrer Zeitung weiterzuleiten?«
    Contini schüttelte den Kopf. »Aber nein«, sagte er.
    »Wir haben Ihnen zu bleiben erlaubt, weil das Mädchen offenbar Wert darauf legt und der hier anwesende Signor Bonetti es für geboten hält, ihr weitere Erschütterungen zu ersparen. Aber eines ist klar: Wenn auch nur ein einziges Wort …«
    »Ich sage nichts.«
    »Wird auch besser sein. Jetzt, Bonetti, schauen wir, wie wir vorgehen. Erstens: Wer kümmert sich um Natalia? Wer hat die gesetzliche Vormundschaft, und wo wird sie in der nächsten Zeit wohnen? Wir müssen wissen, wie wir sie erreichen können.«
    De Marchi gab sich bärbeißig, aber Brenno Bonetti war ein guter Menschenkenner, und die Blässe, die nervöse Hand, mit der sich der Kommissär wiederholt über den Nacken fuhr, entgingen ihm nicht: Auch dieser Polizist war nicht immun gegen den Eindruck, den das stumme Mädchen auf sie alle machte.
    »Wenn die Familie Canova nichts dagegen hat, könnte sie vielleicht für ein paar Tage hierbleiben.«
    »Hier? Aber das geht doch nicht, das verstößt doch gegen die Vorschriften!«
    »In solchen Fällen gibt es keine Vorschriften. In den nächsten Tagen setzen wir uns mit der Vormundschaftskommission zusammen, werden Verwandte und Freunde anhören und entscheiden, wie weiter verfahren wird. Das Mädchen hat, wie es aussieht, keine engen Verwandten, niemanden, der ad hoc intervenieren könnte.«
    »Also?«
    »Im Dezember ist sie volljährig, und bis dahin müssen wir einen gesetzlichen Vormund für sie finden. Natürlich sorgen wir dafür, dass das Trauma, unter dem sie offensichtlich leidet, behandelt wird, und was die Vernehmung betrifft … tja, was schwebt Ihnen vor?«
    Der Kommissär gab keine Antwort. Auch er war sich bewusst, dass die Ermittlungen in diesem Fall vom normalen Procedere würden abweichen müssen. Abgesehen davon, dass sie kein Wort herausbrachte, schien Natalia sich an die Nacht des Verbrechens nicht zu erinnern, ja wenn sie darauf angesprochen wurde, verstand sie nicht einmal, was man von ihr wollte.
    »Die Lage ist nicht rosig«, sagte Mankell, der in diesem Moment zur Tür hereinkam.
    Alle drehten sich zu ihm. Dem Arzt stand der Schweiß auf der Stirn, und er schien sich nicht sehr wohl in seiner Haut zu fühlen.
    »Was meinen Sie damit?«, fragte Bonetti.
    »Ich weiß nicht, ob ich hier frei reden kann«, wandte Mankell ein. »Natalias Zustand ist ernst.«
    Bonetti hatte unterdessen die Zügel in die Hand genommen. Seine quadratischen Brillengläser blitzten. »Reden Sie nur freiheraus«, sagte er. »Das ist der Herr Contini, der Natalia gefunden hat. Nachdem das Mädchen zu verstehen gegeben hat, dass sie seine Anwesenheit wünscht, kann er wohl auch Bescheid wissen. Den Herrn Kommissär De Marchi kennen Sie ja schon.«
    »Ja.« Mankell deutete ein Lächeln an. »Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht helfen konnte.«
    Tags zuvor war der Kommissär bei ihm in der Praxis gewesen, um zu fragen, ob Mankell etwas über Rocchis Interesse an Nachtlokalen wisse. Aber auch dieser Ansatz hatte sich leider als Sackgasse erwiesen.
    »Macht nichts«, erwiderte De Marchi. »Also?«
    »Nun, es scheint sich um eine posttraumatische Belastungsstörung zu handeln, wie wir Mediziner sagen. Mit einigen zusätzlichen Komplikationen, die körperliche Ursachen haben – zum Beispiel muss Natalia gefallen sein, sie hat eine hässliche Prellung an der linken Schläfe.«
    »Wie äußert sich denn so eine Störung?«, wollte Bonetti wissen.
    »Sagen wir es so: Nach einem als außergewöhnlich belastend erlebten Ereignis kann sich ein bestimmter psychopathologischer Symptomkomplex entwickeln. Davon betroffen sind zum Beispiel häufig Überlebende eines schlimmen Unfalls.«
    Der nächste Stichwortgeber war De Marchi. »Und was für Symptome wären das?«, fragte er.
    »Das ist unterschiedlich. Manchmal wird das traumatische Ereignis im Geist zwanghaft immer wieder erlebt, aber das scheint hier nicht der Fall zu sein. Natalia hat das traumatische Erlebnis offenbar verdrängt. Abgesehen davon ist eine übermäßige Wachsamkeit festzustellen, eine dauernde Alarmbereitschaft hinsichtlich äußerer Reize mit entsprechenden Schlafstörungen sowie eine emotionale Loslösung von der Umgebung.«
    Contini hatte sich vom Fenster abgewandt und war hinzugetreten. Auch De Marchi und Bonetti waren

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