Elidar (German Edition)
Magister musterten einander. Tajo verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Und, was wird jetzt geschehen?«, fragte sie. »Wollt Ihr mich hier festhalten? Ich habe schließlich nichts getan.«
Der Magister lächelte. »Nein?«
Tajo biss die Zähne zusammen. Sie war hier eingestiegen, aber das Haus hatte bisher leer gestanden. Und sie hatte nichts beschädigt oder entwendet. »Ruft meinetwegen die Stadtwache. Ich habe Euch nichts gestohlen, aber Ihr habt mich eingesperrt und misshandelt!«
Der Magier hob eine Braue. »Misshandelt? Ich?«
»Nein, aber Euer Schläger. Der dort.« Tajo deutete auf Luca, der gerade eintrat.
Der Söldner grinste humorlos. »Beklagt der kleine Dieb sich etwa?«
Der Magister beachtete ihn nicht. »Komm her«, sagte er zu Tajo. Und als sie sich nicht rührte, hob er die Hand und winkte. Tajo spürte, wie unsichtbare Finger an ihr zerrten. »Na«, sagte sie empört. »Lasst das!« Die Finger lockerten ihren Griff.
Der Magister hob wieder eine Braue, seine Miene war eher amüsiert als ärgerlich. »Schau an«, sagte er. »Ein kleiner Dieb mit überraschenden Fähigkeiten.« Er sah Luca nicht an, als er befahl: »Bring ihn in mein Studierzimmer. Und achte bitte darauf, ihn nicht wieder zu ›misshandeln‹, hörst du?«
Der Söldner schnaubte verächtlich, doch der Griff, mit dem er Tajo jetzt beim Arm packte, war nicht ganz so schmerzhaft wie am Abend zuvor. Als sie sich sträubte, knurrte er: »Du kannst dich ja meinetwegen hinter seiner Kutte verstecken, aber wenn du Zicken machst, verpass ich dir trotzdem ein blaues Auge!« Er verdrehte ihr zur Bekräftigung kurz und schmerzhaft den Arm.
Sie entschied, lammfromm mitzugehen. Nicht der Schläger war ihr Problem, sondern sein Herr.
Dann stand sie im Studierzimmer, einem kühlen, im Halbdunkel liegenden Raum. Dichte Vorhänge ließen nur wenig Licht ein und schützten vor der Hitze des yasemitischen Sommers.
Der Söldner schob sie in die Mitte des Zimmers und schloss die Tür. Tajo ließ sich ihr Unbehagen nicht anmerken, sie verschränkte die Arme und sah sich um. »Worauf warten wir?«, fragte sie.
Der große Mann musterte sie und schwieg.
»Du hast mich ›Dieb‹ genannt.« Tajo ließ nicht locker, aber er ignorierte sie. Sie zuckte die Schultern und setzte sich auf den Stuhl, der neben einem kleinen Tisch stand. Tajo betrachtete die Bücher, die darauf gestapelt lagen, aber als sie Anstalten machte, eins davon aufzuschlagen, knurrte der Mann: »Finger weg!« Es klang bösartig genug, um sie zurückzucken zu lassen.
Die Tür öffnete sich und der Magier trat ein. Er nickte dem Söldner zu, der sich stumm gegen die Tür lehnte. Dann sah er Tajo an, die sich alle Mühe gab, still sitzen zu bleiben und ihm einen trotzigen Blick zu schenken.
»Wie heißt du?«, fragte der Magier.
Tajo antwortete nicht. Wenn der Zauberer ihren Namen erfuhr, bekam er Gewalt über sie.
Der Magier lächelte. »Gut. Mein Junge, du hast etwas gestohlen, das mir gehört und das ich gerne zurück hätte.«
Tajo protestierte. Der Magier wischte ihren Widerspruch mit einer Handbewegung weg - und das war nicht nur bildlich gemeint. Tajo blieben die Worte im Hals stecken und sie schloss stumm und hilflos den Mund.
»Du hast meinen Diener bestohlen«, sagte der Magier. »Gib mir mein Eigentum zurück.« Er bewegte die Hand, und Tajo sah mit hervorquellenden Augen, wie die alte Lederbörse sich aus ihrer Tasche arbeitete und in die Hand des Magisters flog.
Dann löste sich der Bann, und Tajo sagte: »Das wusste ich nicht. Aber das alte Ding! Es war nur eine lumpige Münze darin!«
Magister Zorn hob den Kopf und sah sie scharf an. »Es waren Münzen darin?«, wiederholte er ungläubig.
»Eine«, wiederholte Tajo. »Ein Mhred. Und ich glaube, den hat mir der alte Massuf reingetan, denn als ich das erste Mal nachsah, war rein gar nichts in der Börse!«
Der Magier überraschte sie mit einem Lächeln, das gleichermaßen Überraschung und Freude ausstrahlte. »Ein Mhred«, wiederholte er. »Das ist aber wunderbar!«
Ist er verrückt?, fragte sich Tajo beklommen.
Magister Zorn hob die Hand mit dem Beutel und sagte zu dem Söldner: »Du musst deinen Lohn für diese Woche noch bekommen, habe ich recht?«
Luca nickte mit fragender Miene. Der Magister sah Tajo an, als er fortfuhr: »Diese leere Börse, mein Kind, ist ein ganz besonderes Ding. Schau her.« Er öffnete das Säckchen und schüttelte eine Handvoll Münzen heraus.
Tajo staunte mit offenem
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