Elidar (German Edition)
Gespräch wandte sich einem anderen Thema zu. Luca wechselte das Standbein und ließ seine Gedanken wandern. Natürlich waren Soldaten der beiden in Ungnade gefallenen Häuser unter den Gardisten. Er war sich sogar einigermaßen sicher, dass Ioann, der neben ihm stand, ein Artagoi war und das vor dem Statthalter bloß nicht hatte zugeben wollen. Subadar Maurus war ein unberechenbarer Herr. Wenn die Nase eines Gardisten ihm nicht gefiel, wurde der Soldat umgehend entfernt, auch wenn der Tesserar deswegen schäumte. Das war unangenehm, weil die Reise zurück ins ferne Ledon bei einer unehrenhaften Entlassung aus eigener Tasche bezahlt werden musste, und die Prinzipale in der Regel ungnädig auf solch einen Vorfall reagierten.
Ein Schweißtropfen rann kitzelnd an seiner Schläfe herab. Sein Helm drückte und die Füße taten ihm weh.
Nicht zum ersten Mal kamen Luca Zweifel darüber, ob es vernünftig war, wenn ein Herrscher wie der Kurator seine Soldaten zum größten Teil von den Patrizierhäusern bezahlen ließ. Was, wenn sich die Häuser gegen ihn zusammenschlossen? Bei einem solchen Putsch stünde dem Kurator nur die imperiale Garde zur Seite - sie war zwar durchaus eine Eliteeinheit, aber zahlenmäßig den Truppen der Häuser weit unterlegen.
Aber es war doch höchst unwahrscheinlich, dass sich die Häuser verbündeten. Wie hieß das Sprichwort? »Eher würde der Erste Hierodule zulassen, dass der Jason-Tempel in ein Bordell verwandelt wird.«
Die Diener trugen Cha’fai, ledonischen Tee und Süßigkeiten auf, das Mahl ging seinem Ende entgegen. Luca gestattete sich einen Gedanken an das Ende seines Dienstes. Ein Bad. Vielleicht ein oder zwei Becher Wein. Vielleicht sah er die hübsche Basma wieder, der Rufus vor ein paar Tagen so feurige Blicke zugeworfen hatte. Sie waren an der eiskalten Schulter der Schönen abgeprallt, aber Luca bildete sich ein, dass Basma ihn selbst durchaus freundlich angeschaut hatte.
Doch er musste vorsichtig sein. Zu Basma gehörte sicherlich eine Kompanie jähzorniger Brüder, die nur darauf warteten, den Fremden zu entmannen, der es wagte, ihrer Schwester schöne Augen zu machen. Jeder in der Garde kannte jemanden, der jemanden kannte, der durch einen solchen »Unfall« plötzlich auf einen Posten im Frauenhaus seines Prinzipals befördert worden war.
Die Speisen wurden abgeräumt, andere Diener eilten mit heißen Tüchern und Schalen mit Eiswasser zum Tisch. Der Statthalter gab mit einem lauten Gähnen zu verstehen, dass er seines Gastes nunmehr überdrüssig sei und dieser sich entfernen möge.
Der Beamte stand auf und verneigte sich. »Darf ich morgen um Audienz bitten, Ehrenwerter Maurus?«
Der Statthalter ließ sich von zwei Dienern aufhelfen. »Die Steuern, die leidigen Steuern«, sagte er. »Nun ja, es führt kein Weg daran vorbei. Der Staatssäckel will gefüllt sein.« Er nickte dem Beamten jovial zu. »Morgen nach dem dritten Ruf. Ich erwarte dich, Spurius.«
Er schritt zur Tür, und die beiden Gardisten geleiteten ihn zu seinen Gemächern. Vor drei Equils war ein yasemitischer Rebell, Anhänger des vor zwei Generationen entmachteten Scha’Yas, ins Innere des nachlässig bewachten Serails gelangt, unbehelligt bis ins Schlafgemach des Statthalters spaziert und hatte den dort Schlafenden erstochen. Zu seinem Pech - und dem Glück des Statthalters - befand Maurus sich zu diesem Zeitpunkt auf einer seiner seltenen Inspektionsreisen durch die Provinz und einer seiner Leibdiener hatte es sich an seiner Statt im weichen Bett seines Herrn bequem gemacht. Für diese Frechheit hatte er mit seinem Leben bezahlen müssen.
Der Statthalter zeigte nach seiner Rückkehr keinerlei Bedauern über das stellvertretende Hinscheiden des Dieners. »Was schläft er auch in meinem Bett?«, hatte er nur gesagt, und befahl den Tesserar zu einer Audienz, nach welcher der Kommandant der Garde blass und deutlich weich in den Knien seine Soldaten zusammenbrüllte.
Seither wurde der Serail und auch der Statthalter Tag und Nacht bewacht. »Wozu seid ihr sonst gut?«, sollte Maurus gesagt haben. »Fressen, Saufen und Schlafen. Unsterbliche Faulpelze!«
Fressen, Saufen und Schlafen. Das klang sehr verlockend in Lucas Ohren. Er hatte zehn Stunden Wache hinter sich und fühlte sich gleichzeitig erschöpft und überreizt. Mit klatschenden Sandalen geleitete er den Statthalter in sein Schlafgemach, wartete, bis Maurus ihn mit einer ungeduldigen Handbewegung entließ, und marschierte dann über den Hof
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