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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Güte aus«, tobte sie. »Wahrlich, Sao-Tan, du nutzt meine Güte und meine Geduld bis zur letzten Faser aus!«
    Der Kopf des großen Mannes sank tief auf sein Knie. »Ich erflehe untertänigst Eure Vergebung. Soll ich gehen und mich entleiben?«
    Elidar hielt die Luft an. Das klang ernst, und das Gesicht der Prinzessin war eine einzige Gewitterwolke. Sie würde doch nicht …
    Eine Weile herrschte Stille. Elidar sah, dass die Hände des großen Mannes, die auf seinem Knie lagen, zu zittern begannen. Und dann erkannte sie das triumphierende Funkeln in Morgenblütes Augen und atmete aus. Die Gefahr war vorüber, auch wenn Sao-Tan es noch nicht wusste.
    »Ja, geh«, sagte Morgenblüte. Sao-Tan fuhr auf, er suchte den Blick der Prinzessin. Sie sah ihn nicht an, ihre Finger tanzten über das Tablett und die Dinge darauf.
    »Geh, hol mir Kuchen aus der Küche«, sagte sie. »Diese dumme Kuh hat schon wieder meinen Teekuchen vergessen. Ich sollte sie auspeitschen lassen!«
    Elidar sah, dass die Spannung in den Schultern des großen Mannes nachließ. Er schnaufte leise. »Ich eile, Prinzessin«, sagte er und stand auf.
    »Er hat mich als kleines Mädchen auf seinen Knien gewiegt«, sagte die Prinzessin, als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte. »Deshalb denkt er immer, er könnte sich alles herausnehmen. Von Zeit zu Zeit muss ich ihn ein bisschen zurechtstutzen.«
    »Ich habe es geglaubt«, sagte Elidar. »Und er auch.« Morgenblüte neigte den Kopf und lächelte fein. »Schenk uns Tee ein, kleine Hexe«, sagte sie.
    Elidar griff nach der zierlich bemalten Kanne und goss eine hellgrüne, nach Gras und Blüten duftende Flüssigkeit in zwei hauchdünne Tassen. Morgenblüte beobachtete sie aufmerksam.
    »Du hast gute Manieren«, sagte sie und nahm die Tasse entgegen. »Luca schrieb, er habe dich auf der Straße aufgesammelt. Dort hast du deine Manieren aber nicht gelernt, oder?« Sie nippte an ihrem Tee.
    Elidar griff nach ihrer Tasse und ließ den heißen Dampf in ihre Nase steigen. »Nein«, sagte sie. »Meine Ziehmutter hat darauf geachtet, dass ich mich zu benehmen weiß. Sie ist gestorben.«
    »Und deine Eltern? Was ist mit ihnen?«
    Elidar hob die Schultern und ließ einen Schluck Tee auf ihrer Zunge herumrollen. Es schmeckte, als hätte sie in eine Wiese gebissen, und sie wusste nicht so recht, ob sie es mochte oder nicht.
    »Keine Eltern«, sagte sie kurz. »Mukhar-Dag ist mein Vater.« Sie wusste, dass das nicht stimmen konnte. Drachen waren Drachen und Menschen waren Menschen. Aber ihre Ziehmutter hatte das immer zu ihr gesagt, wenn sie sie zu Bett gebracht hatte: »Denk daran, Elidar, Mukhar-Dag ist dein Vater. Mach ihm und mir keine Schande. Und nun schlaf gut.« Sie seufzte.
    »Mukhar-Dag?«, fragte die Prinzessin, aber da kam Sao-Tan herein und brachte den Kuchen, und der Alte Drache war vergessen.
    »Nun schreiben wir den Brief«, sagte Morgenblüte und wischte sich die Krümel von den Fingern. »Sao-Tan, sei nicht so langweilig, beweg dich. Ich glaube, du wirst alt!«
    Der große Mann nickte gleichmütig und legte Papier und Feder auf einem kleinen Tisch bereit.
    »Du musst schreiben«, sagte die Prinzessin. »Ich diktiere. Also. ›An seine Magnifizenz Casarius Sturm, zu eigenen Händen und streng vertraulich‹.« Sie lachte und klatschte in die Hände.
    » …vertraulich«, sagte Sao-Tan nach einer Weile.
    Die Prinzessin pflückte ein Stückchen zuckerbestäubtes Konfekt von einem Teller und roch daran. »Mandeln«, murmelte sie. »Warte, Sao-Tan. Wie gehen wir am Besten vor?«
    »Wenn er sieht, dass Elidar ein Mädchen ist, wird er sie umgehend fortschicken«, sagte der Mann.
    Morgenblüte steckte das Konfekt in den Mund und machte ein zustimmendes Geräusch. Sie deutete auf den Teller und nickte Elidar auffordernd zu.
    »Wenn er es sieht, du sagst es«, sagte sie schließlich und leckte sich die puderzuckerüberstäubten Finger ab. »Nimm ein grünes. Die sind besonders gut.«
    Elidar nahm ein grünes Stückchen Konfekt, das so sehr klebte, dass sie es kaum von den Fingern in den Mund bekam. »Lecker«, sagte sie undeutlich.
    »Wenn er es sieht«, wiederholte Morgenblüte und lächelte. »Also schreib, Sao-Tan.« Sie diktierte in schnellem Tempo, und Elidar beobachtete die tanzende Feder des großen Mannes.
    »Was denkst du?«, fragte die Prinzessin, als Sao-Tan den schwungvollen letzten Schnörkel unter den Brief setzte und ihn versiegelte. Elidar hob die Schultern. »Ich weiß nicht«, sagte sie

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