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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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mehrstöckigen Prachtbauten, die baumbestandene Alleen säumten.
    Sie rechnete damit, dass sie auch dieses Viertel durchqueren und sich dann östlich zum Flusshafen wenden würden, dessen Umgebung verwinkelt und sehr viel weniger vornehm war, aber zu ihrer Überraschung bog Sao-Tan in eine stille Seitenstraße ein. Eine abweisende Mauer verbarg das dahinterliegende Gebäude, und Elidar liefen kleine Schauer über den Rücken, als Sao-Tan vor dem geschlossenen Tor stehenblieb und einen Klingelzug betätigte. »Ist es hier?«, fragte Elidar und sprang vor Aufregung von einem Fuß auf den anderen.
    Sao-Tan sah sie zum ersten Mal, seit sie das Palatium verlassen hatten, an. Sein narbiges Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, das seine schmalen Augen beinahe verschwinden ließ. »Es ist hier«, bestätigte er. »Du bist doch nicht etwa nervös?«
    »Ich mache mir fast in die Hose«, entgegnete Elidar.
    Der große Mann legte seine Hand auf ihre Schulter. »Nur die Ruhe«, sagte er. »Du machst das schon.«
    Das Tor öffnete sich und ein junger, kahlgeschorener Mann in einer schlichten dunklen Kutte schaute sie an. »Ja?«, fragte er nicht besonders höflich.
    »Ihre Hoheit, die kaiserliche Prinzessin Nyimaganyi-Chun, schickt mich«, erwiderte Sao-Tan würdevoll. »Melde mich seiner Magnifizenz.«
    »Hm«, machte der junge Mann, ganz o ensichtlich wenig beeindruckt. »Ich habe Anweisung, seine Magnifizenz nicht zu stören. Ich hole Spectabilis Dorn.« Mit diesen Worten wollte er ihnen das Tor vor der Nase zuknallen, aber Sao-Tan hatte schon seine große Hand gehoben und drückte gegen das dunkle Holz. Der junge Mann ächzte leise, und sein Gesicht lief rot an, als er sich gegen die Tür lehnte, aber Sao-Tan blieb, ohne erkennbar Kraft anwenden zu müssen, der Stärkere. »Du willst einen Gesandten ihrer Kaiserlichen Hoheit doch ganz bestimmt nicht vor der Tür stehen lassen wie einen Bettler«, sagte er freundlich mahnend. Er schob etwas kräftiger, und die Tür schwang widerstandslos auf. »Wir werden hier drinnen warten, danke schön.«
    Der junge Mann kniff die Lippen zusammen. »Folgt mir«,
    sagte er knapp. Elidar sah, dass er sich verstohlen die Schulter rieb, als sie durch eine weitläufige Halle eilten.
    Elidar mühte sich, mit den beiden Männern Schritt zu halten, während sie sich hastig umsah. Der schwarz weiß geflieste Boden und die dunklen Holzpaneele an den Wänden wirkten gleichzeitig alt und kostbar. Ein riesiger Bronzeleuchter hing hoch über ihrem Kopf, und sie fragte sich, wie die Kerzen darin wohl angezündet und ausgetauscht werden mochten. Dunkle Bilder in schweren Rahmen zeigten grimmig dreinblickende Männer, die die Gesellschaft von Büchern, Schreibfedern, hämisch grinsenden Schädeln und Raben zu bevorzugen schienen. Nur einer der Dargestellten schmunzelte ein wenig und streichelte eine Katze.
    »Wartet hier«, sagte ihr Führer und zeigte auf zwei unbequem aussehende Stühle, die rechts und links neben einer hohen Tür standen. Er drückte die Klinke herab, die sich eigentümlicherweise in Höhe seines Brustbeins befand, und verschwand.
    »Na, dann setz dich mal«, sagte Elidars Begleiter. Er verschränkte die Arme und stand da wie eine Statue.
    »Wartest du denn mit mir?«, fragte Elidar.
    »Ich habe den Auftrag, dich bei seiner Magnifizenz abzuliefern, und das werde ich tun.« Sao-Tan schloss nachdrücklich den Mund, er hatte o ensichtlich keine Lust, sich zu unterhalten.
    Elidar ging ein bisschen auf und ab. Um sich hinzusetzen, war sie viel zu aufgeregt. Zauberer! Das hier war ein Haus voller Zauberer! Sie stockte mitten im Schritt. Dann war dieser unfreundliche junge Mann, der sie hergeführt hatte, womöglich auch …?
    »War das ein Zauberer?«, fragte sie Sao-Tan. Der nickte nur. »Aber wenn er dich jetzt verhext hätte«, sagte Elidar, die an den kleinen Kampf an der Tür dachte.
    Sao-Tan zuckte mit den Schultern. »Er hätte es ja mal versuchen können.«
    »Hu«, machte Elidar und hüpfte wieder ein bisschen auf und ab. Ihr war, als unternähme ein ganzes Ameisenvolk einen ausgedehnten Ausflug in ihrer Wäsche.
    »Willst du dich nicht setzen?«, wiederholte Sao-Tan. »Es kann noch dauern, bis wir vorgelassen werden.«
    Aber er schien sich geirrt zu haben, denn nun öffnete sich die Tür und ein schmächtiger Mann mit einem dünnen blonden Haarkranz um den kahlen Kopf trat zu ihnen. Er sah Elidar flüchtig an und wandte sich dann mit einem freundlichen Nicken Sao-Tan zu. »Die

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