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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sich über das Glas, um an seinem Inhalt zu riechen. Blüten, Früchte, Gewürze. Sie hob fragend den Kopf.
    »Das kannst du beruhigt trinken«, sagte Chian Xin. »Es ist nicht …«, ihr fehlte ein Wort, und sie malte wirre Kringel mit der Hand in die Luft.
    »Ah«, sagte Elidar und nahm das Glas vorsichtig zwischen die Finger. Es war so zart, dass sie Angst hatte, es zu zerbrechen.
    Den ersten Schluck hätte sie fast wieder ausgespuckt, so fremdartig schmeckte das Getränk. Es war süß und bitter zugleich, und der Geschmack mit nichts zu vergleichen, was sie kannte. Sie zwang sich, es hinunterzuschlucken und stellte das Glas ab.
    Dann wurde ihr Magen warm, und auf ihrer Zunge blühte sanft , süß und würzig ein ganzer Garten aus Obst und Blumen auf. Sie riss die Augen auf. »Oh, das ist aber gut«, sagte sie.
    Chian-Xin nickte lächelnd und nippte an ihrem Glas. »Aus meiner Heimat«, sagte sie, und es klang wehmütig.
    »Woher …«, begann Elidar.
    »Nimm eine Masia«, sagte Chian-Xin und wählte eine bläuliche Frucht aus der Schale, die zwischen ihnen stand. Mit ihrem langen Zeigefingernagel schlitzte sie die Frucht auf, und dunkelgelbes Fruchtfleisch quoll hervor. Chian-Xin reichte
    Elidar die Frucht und bedeutete ihr, das Innere aus der Schale zu essen.
    Elidar gehorchte mit einer gehörigen Portion Misstrauen, aber der erste Bissen ließ sie vor Wonne stöhnen. »Oh, das ist das Beste, was ich je gegessen habe«, sagte sie und leckte sich sorgfältig jedes einzelne Tröpfchen Saft und Fetzchen Fruchtfleisch von den Fingern.
    Chian-Xin lächelte und bot ihr eine weitere Frucht an. Elidar nahm sie und wollte gerade die Schale öffnen, als Yag-Po zurückkehrte. »Komm mit«, sagte sie. Elidar blickte unschlüssig auf die Masia in ihrer Hand. »Komm mit«, wiederholte Yag Po, und es klang erstaunlich ungeduldig. Chian-Xin hatte sich erhoben und ihre Hände vor der Brust zusammengelegt.
    Elidar schob die Frucht kurzentschlossen in ihre Jackentasche und stand auf. »Wohin …?«, fragte sie den sich entfernenden Rücken Yag-Pos.
    »Geh, beeile dich«, flüsterte Chian-Xin. »Lass sie nicht warten.«
    Elidar lief hinter Yag Po her, die sie quer durch den riesigen Raum zu einer Tür führte. Es war nicht der Eingang, durch den sie diese Blumenwiese betreten hatten. Sie linste neugierig über die Schulter ihrer Führerin, als diese die Tür öffnete. »Hier ist Elidar«, sagte Yag-Po und trat beiseite, um das Mädchen eintreten zu lassen. »Mach einen Knicks«, flüsterte sie, und Elidar hörte, wie sich hinter ihr die Tür schloss.
    Der im Halbdunkel liegende Raum schien die Ausmaße eines normalen, wenn auch großen Zimmers zu haben. Dichte Vorhänge sperrten das Licht aus, und in einem großen Kamin brannte ein Feuer, das für eine nahezu yasemitische Temperatur im Zimmer sorgte.
    Elidar fühlte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Für eine solche Wärme, die sie ansonsten genossen hätte, war sie einfach viel zu dick angezogen.
    Ihr Blick fiel auf eine großgewachsene Gestalt, die schweigend neben dem Feuer stand. Ein dunkel gekleideter Mann, kahlköpfig bis auf einen schmalen Streifen schwarzen Haars, der sich über seinen Kopf zog und in einem Zopf endete. Sein narbiges Gesicht war ausdruckslos, als er Elidar ansah.
    Er hatte eine schmale Nase und geschlitzte Augen wie eine Katze, und seine Reglosigkeit wirkte bedrohlich. Über seine Schultern ragte der Griff eines Schwertes, das er auf dem Rücken zu tragen schien.
    Elidar räusperte sich unbehaglich. »Hallo«, sagte sie zu ihm.
    »Komm näher, mein Kind«, erwiderte eine weibliche Stimme, und sie sah jetzt erst, dass auf einem Ruhebett neben dem Kamin eine junge Frau lag. Elidar ging an dem großen Mann vorbei, dessen dunkle Augen ihr wachsam folgten, und vollführte vor dem Ruhebett eine ungeschickte kleine Verbeugung.
    »Lass dich ansehen«, sagte die Frau und richtete sich auf.
    Elidar betrachtete die Frau, die sie selbst gründlich musterte. Sie sah mandelförmige, schwarz umrandete dunkle Augen in einem honigfarbenen Gesicht - das schien allen Frauen, die sie hier zu Gesicht bekommen hatte, eigen zu sein. Ein kleiner, dunkelrot geschminkter Mund, hochgetürmtes dunkles Haar, ein weinrotes, golddurchwirktes Gewand und mit Schmuck überladene Hände, die eine zierliche Tonpfeife hielten.
    Die Frau führte die Pfeife an den Mund, sog daran und blies ein grünliches Rauchwölkchen aus. Der Geruch nach frischer Minze, den Elidar schon beim Eintreten

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