Elidar (German Edition)
nickte.
»Also gut. Wer kann uns dein Bündel geben? Stallmeister Sorgus?«
Elidar schluckte. »Nein«, sagte er leise. »Nicht - ich wohne nicht im Palatium.«
»Nicht?« Sturm runzelte die Stirn. »Aber …«
»Die Prinzessin wollte nicht, dass es jemand erfährt.« Elidars Gedanken rasten. »Sie - ich - sie hat mich im Roten Stier gefunden.«
Beide Magier starrten sie mit offenem Mund an. »Im Roten Stier?«, stieß Sturm hervor.
»Das ist ein Gasthof im Selvanischen Viertel«, erklärte der Novizenmeister.
»Ihre Hoheit verkehrt im Selvanischen Viertel in einem Gasthof mit einem solch … pittoresken Namen?«
Elidar schloss die Augen. »Nein, natürlich nicht«, sagte sie hastig. »Nicht sie selbst, aber … aber Sao-Tan!«
Sie hörte, wie beide Magier ausatmeten. »Ach so«, sagte Sturm. »Ja. Gut. Das hätte ich zwar auch Sao-Tan nicht zugetraut, aber nun ja. Eine Form der Entspannung, denke ich. Ein wenig raue Luft schnuppern beim gewöhnlichen Volk.« Er räusperte sich und zog eine angewiderte Miene. »Nun, dann lass dein Bündel dort abholen, im - im Goldenen Ochsen.«
»Im Roten Stier«, flüsterte Elidar. »Aber der Wirt wird mein Bündel nicht einfach so herausgeben, fürchte ich.«
Sturm sah ihn bass erstaunt an. »Wenn jemand in meinem Namen kommt und es von ihm fordert? Mein lieber Junge!« Er machte eine Handbewegung. »Geh jetzt, kläre das mit dem Novizenmeister. Und morgen möchte ich dich vor der Nachmittagsklausur sprechen.«
Der Novizenmeister nahm Elidars Arm und schob sie zur Tür. »Sag ›Danke, Eure Magnifizenz‹«, zischte er.
»Danke, Eure Magnifizenz«, wiederholte Elidar gehorsam und ließ sich aus der Tür schieben.
»Wie heißt du?«, fragte der Novizenmeister.
»Elidar.«
»Das ist kein ledonischer Name.«
»Nein.«
Sie schwiegen, während sie die Eingangshalle passierten und an ihrem anderen Ende durch eine schmale Tür gingen, die Elidar beim ersten Mal nicht aufgefallen war. »Hier sind die Räume der Novizen«, sagte der Novizenmeister. »Im ersten Abschnitt ihrer Ausbildung teilt ihr euch das Zimmer mit einem anderen Jungen.« Er öffnete eine Tür, und Elidar dachte voller Sorge an die Probleme, die es mit sich bringen würde, mit jemandem im gleichen Zimmer zu leben. Dann sah sie das kleine Zimmerchen, mehr eine Zelle, und das einzelne Bett darin. »Du hast allerdings Pech«, sagte der Novizenmeister. »Du bist momentan der fünfte Novize im ersten Abschnitt und wirst deshalb allein schlafen müssen.«
»Danke«, sagte Elidar aus tiefstem Herzen. »Dankeschön!«
»Die anderen Jungen sind um diese Zeit in der Nachmittagsklausur«, sagte der Novizenmeister. »Ich zeige dir euren Gemeinschaftsraum und das Unterrichtszimmer, wo du dich morgen nach dem Frühstück einfinden wirst. Frühstück bekommst du im Refektorium. Dann musst du noch wissen, wo die Bibliothek ist, die euch Novizen offen steht. Es wird erwartet, dass ihr dort und in euren Räumen regelmäßig selbstständig arbeitet - zum Beispiel während der Nachmittagsklausur. Du bekommst eine Bücherliste von mir und natürlich alles, was du an Schreibzeug und Papier benötigst. Geh sparsam damit um, es ist teuer! Und deinen Habit bekommst du beim Cubicular. Den Kopf scheren wir dir erst, wenn du das Postulat hinter dir hast - aber so, wie ich seine Magnifizenz verstanden habe, dürfte das übermorgen der Fall sein.« Er holte Luft und Elidar tat es ihm gleich. Sie hatte sich nicht die Hälfte von dem merken können, was der Novizenmeister ihr gesagt hatte.
»Cubicular?«, fragte sie verzweifelt.
Der Novizenmeister sah sie an, als hätte ein Dakh angefangen zu singen wie eine Lerche. »Bitte?«
»Ich bekomme irgendwas beim Cubicular«, sagte Elidar.
»Du bekommst alles beim Cubicular, dafür ist er schließlich da«, erwiderte der Novizenmeister ungeduldig. »Pass auf, wenn ich dir etwas sage!«
Er schob sie zur Tür hinaus, und Elidar schaute sich hastig um, damit sie den Eingang zu ihrem Zimmer auch ja wiederfand. Jetzt ging es wieder durch schmale Gänge und halbrunde Torbögen, der Boden unter ihren Füßen war aus grob behauenem Stein. »Das hier ist der alte Teil des Gebäudes«, erklärte der Novizenmeister. »Hier ist euer Aufenthaltsraum«, er legte die Hand auf ein Türblatt, ohne anzuhalten. »Die Treppe dort drüben führt zur Bibliothek, der Gang hier zum Refektorium.« Sie eilten weiter. Der Talar des Novizenmeisters wischte über ausgetretene Treppenstufen und seine Ärmel
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