Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
fragte sie.
»Mühselig. Ein Haufen Säufer. Aber keiner hat was zu berichten. Und ihr?«
»Mm, eigentlich ganz gut. Wir haben jedenfalls neue Fäden, an denen wir ziehen können. Möchtest du mehr wissen?«
»Später. Denn ich hab was für euch. Wo ist John?«
»Immer noch in Luleå.«
»Genau genommen sind es zwei Sachen. Als wir Kent Kralls Kontakte zu den minderbemittelten und dem Alkohol verfallenen Individuen erforschten, stellte sich heraus, dass Elisabeth Åkesson zu seinen Stammkunden gehörte. Ihr Name tauchte in verschiedenen Gesprächen auf, und ich habe auch nach Dingen gefragt, die mit ihrem Vater zu tun haben.«
»Klug von dir. Hat es was gebracht?«
»Nein, nichts. Aber die meisten waren auch zu betrunken. Es blieb bei allgemeinen Fragen und undeutlichen Antworten. Und ich habe das Thema rasch wieder fallen lassen, da ich an meine eigene Ermittlung denken muss.«
»Selbstverständlich.«
»Aber vielleicht möchtest du einen Versuch machen?«
»Die Alkoholspur verfolgen wir im Augenblick nicht gerade intensiv.«
»Aber trotzdem … wenn du Zeit hast … es gibt einen Mann, mit dem würde sich eine Unterhaltung vielleicht lohnen. Er hat mit dem Trinken aufgehört und kennt Elisabeth aus seiner Säuferzeit.«
»Okay, klar. Noch sind alle Wege offen. Wer ist es?«
»Er heißt Olavi Andersson. Hier ist die Adresse.«
Als es an der Tür klingelte, ging Olavi sofort zum Spiegel. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
Anna, dachte er, bevor er nach der Klinke griff und öffnete.
»Ich heiße Elina Wiik. Polizei von Västerås. Darf ich Sie mal kurz stören?«
»Ja … na klar.«
Einige Sekunden standen sie einander schweigend gegenüber.
»Kann ich hereinkommen?« Elina hob fragend die Augenbrauen.
Olavi Andersson trat beiseite und Elina ging hinein.
»Kleine Wohnung«, sagte sie, als sie mit drei weiteren Schritten das einzige Zimmer erreichte.
»Ich bin froh, dass ich sie noch habe«, sagte Olavi. »Wenn ich am Monatsende meine Rente von der Post abhole, habe ich immer die Überweisung für die Miete dabei und lasse sie gleich abbuchen, um nicht in Versuchung zu kommen, das Geld einfach auszugeben. Wenn ich das nicht immer so gehandhabt hätte, wäre ich schon vor Jahren rausgeflogen.«
»Und jetzt haben Sie aufgehört zu trinken? Den Eindruck hatte jedenfalls mein Kollege Erik Enquist.«
»Ja, das habe ich.«
Aber ich nicht, dachte Elina und spürte den Schmerz in ihrem Kopf.
Sie musterte die Möbel im Zimmer. Olavi Andersson sah ihren Blick.
»Ich besitze nichts. Aber setzen Sie sich auf die Couch. Ich glaube allerdings nicht, dass ich noch mehr über den Chemiker erzählen kann. Außer dass ich ihn nicht sehr vermisse.«
»Wie kommt das?«
»Er hat mich mit Schnaps versorgt, wenn ich welchen wollte. Er hat mich in die Hölle geschickt. Und sich gut dafür bezahlen lassen. Das ist übrig geblieben von all den Jahren.«
Er breitete die Arme aus.
»Warum haben Sie mit dem Trinken aufgehört?«
»Meine Mutter ist gestorben. Sie war das Einzige, was ich hatte. Niemand mehr, für den ich noch leben könnte, außer für mich selber. Jetzt oder nie.«
»Sie glauben also, Sie halten durch?«
»Ich muss.«
»Ich bin hier, um nach Elisabeth Åkesson zu fragen. Ich ermittle in dem Mord an ihrem Vater.«
Olavi Andersson starrte Elina in die Augen. Sein Körper begann zu zittern. Plötzlich hatte er das dringende Bedürfnis nach Schnaps.
»Ach, der …«
»Der was?«
»Der Mann.«
»Sie kennen sie gut?«
»Nein. Niemand kennt in meinen Kreisen einen anderen gut.«
»Aber Sie kennen sie … oberflächlich?«
»Nicht mal das.«
Er nahm eine Zigarette und zündete sie mit zitternden Händen an.
»So wird man«, sagte er, nachdem er den Rauch ausgeblasen hatte. »Die Nerven sind durcheinander. Kaputt vom Alkohol. Selbst nachdem ich nun aufgehört habe zu trinken, wird es mir nie wieder richtig gut gehen.«
»Wie ist Elisabeth Åkesson?«
»Wie ein Schwamm. Saugt alles auf, was sie erwischt. Genau wie wir anderen. Aber ich weiß nichts von ihr. Die wenigen Male, wo ich mich mit ihr unterhalten habe, war es reines Säufergequassel.«
Elina schwieg eine Weile. Sie wusste nicht, was sie fragen sollte.
»Hat sie jemals von ihrem Vater gesprochen?«
»Dem Singvogel?«
Elina sah ihn erstaunt an.
»Manchmal hat sie mit ihm angegeben«, fuhr er rasch fort. »Dass er großen Einfluss hatte in der Stadt. Und dass wir uns in Acht nehmen sollten.«
»Was hat sie damit
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