Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel
Bäckman.«
»Jamal Al-Sharif kam 1998 aus Gaza hierher«, begann Axel Bäckman. »Ich führte die erste Vernehmung durch, nachdem er seinen Asylantrag gestellt hatte. Damals behauptete er, er hätte einer Menschenrechtsorganisation angehört, und sowohl die palästinensischen Behörden in Gaza als auch die israelische Polizei würden wegen seiner politischen Aktivitäten nach ihm fahnden. In den darauffolgenden Verhören kam es zu Widersprüchen, und da er seine Verfolgung nicht belegen konnte, wurde seine Ausweisung beschlossen. Ehe es jedoch dazu kam, tauchte er unter. Er wurde von einer Flüchtlingsorganisation versteckt. Das alte Lied also.«
Er nahm sein Bein vom Stuhl und fuhr fort:
»Aber vor drei Jahren tauchte ein Dokument auf, das bestätigte, dass sich die Israelis wirklich für ihn interessierten. Ob dieses Dokument echt war oder nicht, sei dahingestellt. Egal, jedenfalls war das im Herbst 2000. Die Existenz dieses Dokuments sprach sich, wie auch immer das passieren konnte, zur Zeitung Länstidningen rum, die mächtig auf die Tränendrüse drückte. Da damals die Kämpfe im Nahen Osten gerade wieder aufflammten und man Al-Sharif nur über Israel wieder nach Gaza hätte zurückschicken können, durfte er bleiben. Er erhielt im Oktober 2000 eine Aufenthaltsgenehmigung.«
»Also ein politischer Flüchtling aus einem Krisengebiet«, sagte Kärnlund. »Wissen wir, welcher Art seine Beziehung zu dem Mädchen war?«
»Er war ihr Verlobter«, antwortete Svalberg. »Viel mehr haben wir bislang nicht in Erfahrung bringen können. Ihre Eltern liegen mit Schock im Krankenhaus. Wir haben sonst noch niemanden ausfindig gemacht, der die beiden kannte.«
»Okay«, sagte Kärnlund. »Määttä?«
»Beiden wurde der Schädel eingeschlagen. Offenbar mit der Rückseite einer Axt. Wir suchen noch. An den Kleidern war nichts Auffälliges festzustellen. In dem sumpfigen Boden, dort, wo die Frau lag, fanden sich recht deutliche Spuren, Abdrücke von relativ großen Schuhen, Schuhgröße 45 oder so. Also vermutlich ein Mann. Wir suchen, so gut es geht, in dem Waldstück, wo der Wagen stand, und an dem Fundort der Leichen weiter. Leider handelt es sich um ein großes Areal, und wir wissen nicht genau, wo die Opfer entlanggegangen sind. Der einzige Anhaltspunkt ist die Spur, der Boss durch den Wald gefolgt ist. Carlén war klug genug oder besaß genügend Erfahrung, um sich genau an die Wegwahl seines Hundes zu erinnern. Das Auto haben wir abschleppen lassen. Morgen sehen wir es uns genauer an. Da es bald zu dunkel ist, um im Freien weiterzusuchen, beabsichtigen wir, heute Abend schon mit ihren Wohnungen anzufangen.«
»Also nichts«, stellte Kärnlund fest, »abgesehen von den Schuhen Größe 45.«
»Um genau zu sein: 45-46«, korrigierte sich Määttä.
Jönsson hatte bislang geschwiegen.
»Ich habe vor, persönlich an dieser Ermittlung teilzunehmen«, sagte er.
Der Frischbeförderte hatte gesprochen. Elina sah John Rosén an. Jetzt würde es sich entscheiden.
»Wenn du Zeit hast, ausgezeichnet«, sagte Rosén. »Als Leiter der Mordgruppe begrüße ich jegliche Unterstützung.«
Jönsson antwortete nicht. Der Konflikt wurde durch Kärnlund entschärft.
»John! Die Planung!«
»Niklasson und Jönsson fahren mit Per Eriksson in die Wohnung des Mädchens. Wiik und Svalberg nehmen sich mit Määttä Jamals Wohnung vor. Enquist, Bäckman und ich ermitteln von hier aus. Wie versuchen, so viele Leute wie möglich ausfindig zu machen, die das Paar kannten, um sie zu befragen. Sobald die Wohnungen durchsucht sind, treffen wir uns wieder hier.«
»Versteckt«, meinte Elina und wandte sich an Axel Bäckman. »Weißt du von wem?«
»Nein, leider nicht.«
»Das müssen Leute sein, die Jamal recht gut gekannt haben, wenn er zwei Jahre lang bei ihnen gewohnt hat.«
»Wenn es die ganze Zeit dieselben Leute waren, dann schon. Aber selbst das weiß ich nicht.«
»Vielleicht wissen diese Leute ja, ob Jamal bedroht wurde.«
»Die Polizei ist nicht gerade gut Freund mit Leuten, die Flüchtlinge verstecken. Wenn die wissen, dass wir über sie Bescheid wissen, dann können sie ihre Sommerhäuser und Wohnungen nicht mehr so gut als Versteckplätze nutzen. Aber es gibt eine Organisation, deren Vertreter namentlich bekannt sind. Wir müssen ihnen halt erklären, wie die Sachlage ist, und können dann hoffen, dass sie mit uns zusammenarbeiten.«
»Welche Leute beschäftigen sich mit so etwas?«, fragte Enquist. »Ich meine,
Weitere Kostenlose Bücher