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Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Titel: Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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bloß nicht, dass schon wieder einer meiner Nachbarn ermordet worden ist«, sagte Agnes Khaled und verschwand in der Küche.
    »Nein«, antwortete Elina, »aber die Sache ist genauso schlimm.«
    Agnes Khaled sah Elina ernst an. Ohne weitere Worte goss sie zwei Tassen Kaffee ein und stellte einen Korb mit dampfenden Zimtschnecken auf den Tisch. Sie setzten sich einander gegenüber an den Küchentisch.
    »Lassen Sie mich hören.«
    »Vor etwa drei Jahren haben Sie mehrere Artikel über einen Flüchtling namens Jamal Al-Sharif geschrieben. Daran erinnern Sie sich sicher.«
    »Als ob es gestern gewesen wäre. Er ist doch nicht etwa tot?«
    »Weshalb glauben Sie das?«
    »Weil Sie gesagt haben, es sei genauso schlimm, also wie damals bei Åkesson.«
    »Ja, er ist tot. Er ist gestern ermordet worden.«
    »Nein! Jamal, der Ärmste!«
    »Ich kann Ihnen aus ermittlungstechnischen Gründen noch keine Einzelheiten nennen«, sagte Elina rasch. »Mein Chef muss noch entscheiden, was an die Öffentlichkeit darf. Aber ich habe eben Ihre Artikel gelesen und muss dazu ein paar Fragen stellen.«
    Agnes Khaled erhob sich und ging in der Küche hin und her.
    »Er hat mich im Frühjahr wieder angerufen, und zwar hier zu Hause. Er sagte, er brauche Hilfe. Aber ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt musste ich ins Ausland verreisen. Übrigens am selben Tag, am 23. April. Nach Palästina. Mein Mann Mohammad kommt von dort. Daran erinnern Sie sich vielleicht noch? Wir waren den ganzen Sommer dort und sind erst vor zwei Wochen zurückgekommen.«
    »In Gaza?«
    »Nein, in den besetzten Gebieten im Westjordanland, und zwar in Ramallah bei seiner Familie. Mohammads Vater war krank, und wir sind dort geblieben, bis er gestorben ist.«
    »Mein Beileid.«
    »Für Mohammad ist es hart, aber ich habe es recht gut verkraftet.«
    »In welcher Hinsicht benötigte er denn Ihre Hilfe? Ich meine, Jamal?«
    »Weiß nicht. Ich habe nicht gefragt, ich hatte so viel anderes im Kopf. Er erwähnte aber, dass es um einen Verwandten gehe.«
    »Einen Verwandten? Hier oder in Palästina?«
    »Keine Ahnung. Ich habe ihn an jemand anderen verwiesen, von dem ich glaubte, dass er ihm helfen könne.«
    »An wen?«
    »Ich kann mich ehrlich gesagt nicht mehr daran erinnern.«
    »Warum hat er sich denn an Sie gewandt?«
    »Weil ich diese Artikel geschrieben hatte, die dazu geführt haben, dass er die Aufenthaltsgenehmigung erhalten hat. Ich vermute, dass er mir vertraute. Außerdem wusste er von meiner Verbindung zu seinem Heimatland.«
    »Glauben Sie, er hoffte, Sie würden über diesen Verwandten schreiben? Damit auch diese Person in Schweden bleiben könnte?«
    »Das weiß ich leider nicht.«
    »Wie klang er? Besorgt?«
    »Nein, das fand ich nicht. Besorgt klang er nicht. Aber sein Schwedisch war nicht sonderlich gut, und irgendetwas muss ihm schließlich Sorgen gemacht haben. Sonst hätte er doch vermutlich nicht um Hilfe gebeten?«
    »Diese Artikel über Jamal«, meinte Elina. »Haben Sie die geschrieben, um ihm zu helfen?«
    »Ja und nein. Ja, weil es nicht schwer war, ihn als Menschen sympathisch zu finden. Ich mochte ihn. Nein, weil ich die Story nach meiner journalistischen Beurteilung, auch ungeachtet dessen, was ich von ihm hielt, geschrieben hätte. Meiner Meinung nach hatte die Migrationsbehörde einen Fehler gemacht, der fast schon an Rechtsbeugung grenzte, als sie seinen Antrag ablehnte und ihn dadurch zwang, zwei Jahre lang unterzutauchen. Ich habe über mehrere solcher Fälle geschrieben. Darüber, dass die Migrationsbehörde bei Asylanträgen geschlampt hat und Leute fälschlicherweise abschieben wollte.«
    »Und wie ist es in den anderen Fällen gelaufen? Durften die anderen bleiben?«
    »Vier durften bleiben, zwei habe ich verloren. Trotzdem ein ganz hübsches Ergebnis, und zwar für mich und für die Rechtssicherheit.«
    »Ich habe Ihre Artikel gelesen. Aber ich würde mir gerne noch einmal von Ihnen erzählen lassen, was damals passiert ist.«
    »Jamal kam 1998 hierher. Bereits in einer der ersten Vernehmungen des Asylverfahrens sagte er aus, dass er von den Israelis steckbrieflich gesucht werde. Die Migrationsbehörde tat das aber als unglaubwürdig ab. Zwei Jahre später tauchte ein Dokument auf, ein israelischer Haftbefehl, der bewies, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Dieses Dokument hatte der Behörde vorgelegen.«
    »Und zwar wie lange?«, unterbrach sie Elina.
    »Das weiß ich nicht. Das Papier hatte keinen Eingangsstempel und war auch nicht bei der

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