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Elixir

Elixir

Titel: Elixir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Duff
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Nein«, sagte ich. » Hat er nicht. Mir geht’s gut. Echt.«
    Das war eine gewaltige Lüge, aber ich verkaufte sie gut. Ich lächelte sogar und drückte Bens Hand, um ihm zu beweisen, dass es die Wahrheit war.
    Ben atmete erleichtert auf. » Okay. Gut.«
    Wie hatte ich je daran zweifeln können, dass Ben mich liebte. Es kam mir jetzt so offensichtlich vor. Ob die Dinge wohl anders gekommen wären, wenn ich das schon vor einem Jahr gewusst hätte? Bevor ich Sage zum ersten Mal gesehen hatte? Wenn ich seit einem Jahr mit Ben zusammen gewesen wäre, hätten die Fotos von Sage dann dieselbe Wirkung auf mich gehabt? Hätte ich ihn bemerkt? Wäre er überhaupt auf den Bildern gewesen oder hätte er sich irgendwie in Luft aufgelöst? Wäre unsere Verbindung abgerissen, weil ich jemand anderen gefunden hatte?
    Diese Wahl hatte ich jetzt noch immer, wurde mir klar. Ich konnte jede Erinnerung an die seismische Aktivität, die Sage in mir auslöste, ausblenden und mich stattdessen für all die einfachen und wunderbaren Gefühle entscheiden, die ich für Ben empfand. Auch wenn ich Ben nicht auf dieselbe Art liebte wie er mich, so liebte ich ihn doch. War das nicht genug? Ben würde mir nie so etwas wie Sage antun. Er würde mich immer gut behandeln. Alles, was ich tun musste, war ihn küssen, jetzt gleich.
    Ich stellte es mir vor. Wie ich auf die Zehenspitzen ging, meine Arme um seinen Hals schlang, meine Lippen an seine brachte und ihm mit einem einzigen Kuss versprach, dass ich immer so zu ihm stehen würde wie er zu mir– egal, was kam.
    Stattdessen sah ich auf die Uhr. » Wir haben massig Zeit. Sollen wir ein paar Zeitschriften kaufen?«
    » Wie wär’s, wenn ich dir einen Kaffee ausgebe? Ich habe einen Laden mit Gingerbread-Mokka gesehen. Du magst Ingwer doch so gern– das würde dir bestimmt schmecken.«
    » Vergiss es, Ben. Niemals«, trällerte ich, als ich weiterlief und ganz offiziell von den Stromschnellen zurücktrat und wieder in die ruhigen Gewässer der Freundschaft steuerte.
    Als wir zum Gate zurückkamen, saß Sage noch immer genauso da, wie wir ihn zurückgelassen hatten. Er sah auch nicht auf.
    Ich spürte, wie kurz die Wut in mir aufloderte.
    Ja. Das war besser. Damit fühlte ich mich stärker.
    Was dachte er sich nur dabei? Nach allem, was letzte Nacht geschehen war?
    Wenn er mein Seelenverwandter war, dann musste meine Seele dringend einen besseren Geschmack entwickeln.
    Ich schlenderte auf ihn zu und setzte mich neben ihn. Er stand nicht auf, um wegzugehen, nahm aber auch keine Notiz von mir.
    Doch damit ließ ich ihn nicht mehr durchkommen.
    » Schau mich an, Sage.«
    Ich sah, wie die Muskeln in seinem Kiefer arbeiteten. Er rührte sich nicht.
    » In die Augen. Sieh mich an.«
    Er tat es. Wie immer las ich dort die Wahrheit. Seine Gefühle für mich hatten sich seit letzter Nacht nicht geändert, aber irgendetwas war geschehen.
    » Spiel keine Spielchen mit mir. Das habe ich nicht verdient. Wenn du mich verlassen willst, dann geh. Ich brauche dich nicht, um das Elixir oder meinen Vater zu finden.«
    » Ich bin so schnell wie möglich weg.«
    Das war alles. Er versuchte es nicht einmal zu erklären. Innerlich fühlte ich mich zerschlagen– es war wie die tödliche Stille nach einem gewaltigen Orkan.
    Gut. Ich würde nicht auf Knien rutschen. Er konnte abhauen, wann immer er wollte. Ich war mit ihm fertig.
    Eine Stunde später waren wir in der Luft. Sage saß auf einer Seite des Mittelgangs, Ben und ich auf der anderen. Ben fragte, ob ich Lust auf Cribbage hatte, aber ich war nicht in der Stimmung dazu. Ich zwang mich, nicht an Sage zu denken, sondern blätterte in Zeitschriften, sah eine Weile einen Film an… und schlief schließlich ein.
    Diesmal träumte ich nicht von Sage, sondern von meinem Vater. Es war ein ganz einfacher Traum. Er, Mom und ich waren zu Hause und machten nichts Besonderes: Wir aßen zusammen zu Abend und zogen meine Mutter wegen eines ihrer seltenen Kochabenteuer auf. Dad beugte sich über das Kreuzworträtsel der Samstagsausgabe der New York Times, das so viel schwerer war als das vom Sonntag, und fragte Mom und mich immer wieder um Rat. Dann machten wir es uns vor dem Fernseher gemütlich: Dad legte den Arm um Mom, ich streckte mich auf der Couch aus, eingekuschelt in eine Häkeldecke, den Kopf auf Dads Bein gelegt. Er sah ein bisschen älter aus, ein wenig dünner, aber es ging ihm gut. Er war da. Das ganze Jahr, in dem er verschollen war, war nur mehr eine ferne Erinnerung,

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