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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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Vermählung, dem 29. Juli 1981, an Fahrt. Schon damals wusste der «harte Kern» der Windsors, dass es hier kein Liebesfest zu besichtigen gab; der Welt aber gaukelte man das Bild eines Traumpaares vor. Auch Robert Runcie, der Erzbischof von Canterbury und Primas der anglikanischen Kirche, war offenbar nicht eingeweiht.Hätte er sonst die Trauung verantworten und unschuldig den Satz sprechen können, der in der Church of England dem Augenblick der Vermählung vorausgeht? «Sollte irgendjemandem ein Grund bekannt sein, der gegen die Vereinigung dieser beiden Menschen spricht, so ist er vor seinem Gewissen gehalten, dies kundzutun oder für immer zu schweigen.» «Or forever hold his peace», heißt das im Englischen – oder auf immer Frieden zu geben. Der Grund, der gegen die Vereinigung von Charles und Diana sprach, war in der Königsfamilie längst bekannt: Er hieß Camilla, verheiratete Parker-Bowles. Doch niemand trat mit dieser Kenntnis hervor. Im wirklichen Leben geschieht so etwas nicht.
    Runcie predigte, diese Ehe sei «ein Symbol der Einheit, einer lebenslangen Partnerschaft», und das Paar stelle «repräsentative Figuren der Nation dar, den Stoff, aus dem Märchen gewirkt sind». Die Zeitungen stimmten zu. In der «Times» las man: «Der englische Thron ist nun identifiziert mit einem vorbildlichen Familienleben.» Im «Daily Telegraph»: «Die königliche Familie ist ein Symbol für die Hoffnung und das Wertvolle in unserem öffentlichen Leben.» Man kann diese Kommentare heute nur noch mit bitterer Melancholie lesen. Nichts in der Geschichte der Windsors ist so gut ausgeleuchtet in zahllosen Büchern und Studien wie der Niedergang der ersten Ehe des Prinzen von Wales, der in einer absurden Szene besonders pointiert vor Augen tritt. Diana hat ihren Mann wegen Camilla, die sie später als «Rottweiler» apostrophieren wird, zur Rede gestellt. Charles aber antwortet in frustrierter Larmoyanz: «Erwartest du ernstlich von mir, ich solle der erste Prinz von Wales in der Geschichte sein, der keine Mätresse hat?» Das erinnert an den Satz Raymond Carrs, der von der britischen Aristokratie schrieb, der Ehebruch sei ihr «Zeitvertreib» gewesen. So hielten es schließlich auch Camilla und ihr Ehemann.
    Man sieht: Nichts änderte sich zunächst mit dem Erscheinen Dianas auf der höfischen Bühne. Sie tat, was die Pflicht von ihr verlangte: Sie brachte zwei Söhne zur Welt, 1982 William und 1984 Harry, «an heir and a spare» – einen Erben und ein Ersatzrad gewissermaßen, den Zweiten zur Rückversicherung. Der Zweite war in der englischen Königsgeschichte, wie wir sahen, nicht selten zumZuge gekommen – Heinrich VIII. war ein solcher gewesen, auch George V. und sein Sohn George VI., Elizabeths Vater.
    Nur eine Stimme regte sich an jenem Julitag 1981, die sich nicht durch das «Märchen» (Erzbischof Runcie) einfangen ließ. Es war Jan Morris, eine bekannte Essayistin, deren Leserbrief an die «Times» das Blatt am Morgen der Hochzeit veröffentlichte. «Ich möchte hiermit», so schrieb sie, «als Bürgerin meinen Abscheu und mein ungutes Vorgefühl registrieren über die Großtuerei, die Extravaganz und Unterwürfigkeit, wie sie an diesem Tag die Hochzeit des Thronerben umgeben.» Die Autorin, die später die Prophetie ihrer Worte in Erfüllung gehen sah, kommentierte rückblickend, sie habe damals geglaubt, «den letzten Tagen der Romanows beizuwohnen», die «Vulgarität der Emotionen» habe sie als «schmutzig und sinister» empfunden; viele Menschen hätten ihr danach geschrieben, die von ähnlichen Vorahnungen geplagt worden seien.
    Aber im Juli-Heft des Edelmagazins «Country Life» entwarf die Autorin Marghanita Lasky ein Gegenbild – Cinderella, Aschenputtel. Cinderella sei einfach «ein notwendiger weiblicher Mythos, eine Romanze, das schöne Unerreichbare, die Fantasie von einem Leben, das wir gerne hätten und das viel attraktiver ist als die Welt, wie sie wirklich ist.»
    In der populären Vorstellung vom Königtum ist der Kontrast zwischen dem für die meisten unerreichbaren Glanz und der prosaischen Wirklichkeit ein gängiger Topos, eine beständige Verführung, Metaphern wie Märchen und Mythos zu bemühen, um den Lichtschein, der in die unattraktive Gegenwart einfällt, zu beschreiben. Eine Verführung, das Aschenputtel, das von ihrem Prinzen gefunden wird, auf das Podest unserer Märchensehnsucht zu heben. Solcher traditionellen Schwärmerei hat die Erfahrung der Prinzessin von Wales mit

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