Elizabeth II.: Das Leben der Queen
verkraftet hatte: Lord Louis Mountbatten, Philips Onkel und längst Mentor und Großvater-Ersatz für Charles, war bei einem Attentat der IRA vor der Küste Irlands ums Leben gekommen. Er brauche jetzt jemanden, so flüsterte die mitfühlende Diana dem Windsor-Erben ein, der sich um ihn kümmere. Dass sie selber noch viel dringender solchen Zuspruchs bedurfte, sollte sich erst noch herausstellen. Dem Prinzen von Wales jedenfalls tat der Trostgut, Dianas natürliche Art, ihre Ungezwungenheit nahmen ihn für sie ein. Vor allem Camilla riet zu der Verbindung – sie schätzte das Mädchen als gefügig und unrebellisch ein, «a safe bet», eine Wette ohne Risiko, auch für sie, die Geliebte. Welcher Irrtum. Neun Monate später waren Charles und Diana verlobt. Den Antrag hatte der Prinz ihr auf dem Landsitz der Parker-Bowles gemacht, Bolehyde Manor in Wiltshire, eine kurze Strecke nur von seiner eigenen Landadresse Highgrove in Gloucestershire entfernt. Der Zorn der Götter war herausgefordert.
So fiel einem neunzehnjährigen Teenager die Rolle zu, das leicht angestaubte und seiner öffentlichen Wirkung nicht mehr ganz sichere britische Herrscherhaus mit neuem Glamour zu verjüngen, mit jener Celebrity-Qualität, die 30 Jahre zuvor Elizabeth und ihrer Schwester Margaret wie selbstverständlich zugeflogen war. Doch die rosige Annahme im Falle Dianas stellte sich sehr rasch als eine Rechnung heraus, die nicht aufgehen konnte. Es kam einem undurchdachten Pakt mit der Zukunft gleich, auf die Schultern dieses Mädchens aus einem zerrütteten, wenn auch adligen Elternhaus die Last solcher Erwartungen, die Hoffnung auf ein Aufblühen des königlichen
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abzuladen. Dazu wäre mehr Rücksicht auf die Ahnungslose nötig gewesen, eine sorgfältige Einführung in die Fallstricke des Hofes, seiner Etikette, seiner Gewohnheiten. Und – ist es zu viel verlangt? – die Liebe des Mannes zu seiner Zukünftigen.
Nichts davon war gegeben. Der Hof verfolgte
business as usual,
die Queen übte sich in gewohnter Distanz, ein Beamter händigte Diana zur Lektüre ein Werk über die englische Verfassung aus, und der Ehemann in spe, eingefleischter Junggeselle, der er war, stürzte sich in den Wirbel seiner öffentlichen Pflichten und ließ Diana zwischen Verlobung und Hochzeit, zwischen Februar und Juli 1981, wie links liegen. Und das Herz des 32-Jährigen gehörte einer Anderen. Der Keim der Tragödie war gelegt. Derweil grübelte die angehende Ehefrau über ihr Schicksal, sah sich nach eigenen Worten als «Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird», ihrer Orientierungslosigkeit ausgesetzt, unglücklich bis zur Bulimie, die noch vor der Hochzeit bei ihr ausbrach.
Im Frühjahr 1981 trifft Diana anlässlich eines literarischen Abends in London Grace Kelly, die Fürstin von Monaco. Auf der Damentoilette beichtet sie der Gattin Fürst Rainiers ihre ersten Erfahrungen. «Keine Sorge», meint die Fürstin sarkastisch, «es wird nur noch schlimmer.» Die königliche Familie ihrerseits, nach alter Manier, stellt keine Fragen, bespricht nichts, wundert sich über die Schwankungen in Dianas Gefühlshaushalt, aber setzt stillschweigend voraus, alles werde sich geben, wenn die junge Frau erst einmal ihre Rolle als Gattin und Mutter erlernt habe, «entsprechend den Bedürfnissen der Institution», wie Jonathan Dimbleby in seiner 1994 erschienenen Charles-Biografie lakonisch formuliert.
Die Herzogin von Cambridge, frühere Catherine Middleton, hat, wie es heißt, genau studiert, was mit ihrer verstorbenen Schwiegermutter geschah und wie diese sich schließlich nicht anders zu wehren wusste als mit ihren eigenen, nicht unbeträchtlichen Waffen. Dass eine solche Vorgeschichte sie nicht schreckt, gab sie im November 2010 im ersten Fernsehinterview zu verstehen, das sie und Prinz William gemeinsam absolvierten und in dem sie stolz den Verlobungsring vorzeigte, den schon Prinz Charles Diana zur Verlobung geschenkt hatte. Alles andere als abergläubisch, nahm sie den Ring als glückliches Omen, dass sie, Kate Middleton, aus gesicherter, harmonischer Familie, kein Schicksal erleiden werde wie die Mutter ihres Ehemanns. Es gibt gute Gründe, die dafür sprechen, dass die Herzogin, mit 29 Jahren neun Jahre älter bei ihrer Hochzeit als Diana bei der ihren, Recht behalten dürfte. Und dass auch die Monarchie durch die offensichtliche Liebe zwischen ihr und Prinz William nur gewinnen kann.
Die Tragödie von Charles und Diana gewann mit dem Tag ihrer
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