Elizabeth II.: Das Leben der Queen
dadurch zu lindern, dass man dem Thronerben Zeit gegeben hätte zur Erprobung eines Zusammenlebens mit Diana, war nach dem damaligen moralischen Verständnis im Königshaus ausgeschlossen. Nicht dass Charles dies gewollt hätte, schließlich war da ja seine außereheliche Flamme. Karl Shaw hat schon 1999 in«Royal Babylon» festgehalten, was heute in Bezug auf Charles und seine lebenslange Beziehung allgemeiner Auffassung entspricht: «Verglichen mit früheren Jahrhunderten verdient Charles’ Hingabe an seine Geliebte Camilla Parker-Bowles wahrscheinlich den Namen Treue.» Camilla war eben mehr als eine traditionelle Mätresse des Prinzen von Wales, sie war der Leuchtturm in seinem Leben. Grausame Verkehrung: mit Camilla die Treue, mit Diana der Treuebruch, die Ehe als Seitensprung.
Der tiefe Gleichklang zwischen Charles und seiner Geliebten bestand zwischen Diana und ihrem Mann nicht. Im Gegenteil, sie waren wie zwei Magneten, die sich gegenseitig abstießen. Dafür hingen sie an klischeehaften Vorstellungen – sie von einem Märchen, das nicht der Wirklichkeit entsprach, er von dem Pflichtgefühl, die Erbfolge sichern zu müssen, und das unter völlig antiquierten Bedingungen. Wir schauen in so etwas wie die Prähistorie beim Lesen eines Briefes, den Earl Mountbatten an den heranwachsenden Prinzen von Wales schrieb, als dieser noch seiner Brautschau nachging. «Ein Mann wie Du», so der Rat des 48 Jahre Älteren, «sollte sich die Hörner abstoßen und dann ein herziges Mädchen finden, und zwar ehe dieses jemand anderen gefunden hat, in den es sich verlieben könnte. Es ist wirklich höchst störend, wenn Frauen mit Vorleben aufs Podest gelangen und sich dort nach der Ehe halten wollen.» Das entsprach dem geflügelten, leicht zynischen Wort: «Bedded can’t be wedded» – eine Frau mit Betterfahrung kann man nicht mehr heiraten.
Die Hoffnung auf eine jungfräulich Unberührte geisterte noch durch das Denken der Windsors, als die übrige Gesellschaft diese Idee als
conditio sine qua non
einer Ehe längst aufgegeben hatte. Was aber dann geschieht, wenn eine junge Frau ohne Erfahrung aufs königliche Podest gelangt und dort alleingelassen wird nach dem Motto «sink or swim», schwimm oder geh unter, und das im Schatten einer «Frau mit Vorleben» – das hat das Diana-Kapitel überzeugend unter Beweis gestellt. Im Gegensatz dazu sind William und Catherine, nach Jahren der gemeinsamen Reifung vertraut miteinander, das heutige Beispiel dafür, wie die Monarchie in Großbritannien durch Anpassung an die Moderne neuen Spielraumschaffen kann nicht nur für Mitglieder der königlichen Familie, sondern auch für ihre eigene Akzeptanz als Institution. Auch hilft, dass William nicht der Erste in der Thronfolge ist und ihm und seiner Frau damit ein größeres Maß an Toleranz zur Gestaltung ihres Leben gewährt wird als 30 Jahre zuvor Prinz Charles, dem unmittelbaren Erben.
Hat niemand einen Versuch unternommen, die Ehe zwischen Charles und Diana zu retten? War sie überhaupt zu retten? Diana glaubte es noch bis weit nach der Geburt ihres zweiten Sohnes Harry. Zum 37. Geburtstag ihres Mannes stand 1985 ein Gala-Ballettabend in der Royal Opera Covent Garden auf dem Programm, und die Prinzessin hatte sich als Überraschung für das Ende der Vorführung einen gemeinsamen Auftritt mit dem Star des Royal Ballet Wayne Sleep ausgedacht, hatte heimlich mit ihm geübt und freute sich auf einen gelungenen Geburtstagscoup. Es wurde ein Tanzduett von mitreißendem Appeal, am Ende machte Diana einen gekonnten Knicks in Richtung königliche Loge, zu Charles hin. Acht Mal musste sie vor dem Vorhang erscheinen, um den Applaus entgegen zu nehmen. Der Prinz aber, weit entfernt, das Geschenk zu würdigen, reagierte schockiert und sah in dieser Episode keine Geste der Zuneigung, sondern nur einen weiteren Versuch seiner Frau, ihren Publicity-Wert als Ikone auszuschlachten. Er wurde einfach nicht fertig mit dem Starkult um Diana, fühlte sich unwohl in ihrem Schatten, ja, geradezu unterminiert in seiner Stellung. Zumal die Prinzessin, gelangweilt vom Hof und seiner Formalität, für Charles’ Verpflichtungen nur wenig Verständnis zeigte. Sie suchte Nähe, er hing an seiner Routine und war sichtlich unfähig zu demonstrieren, ob es in seinem Leben überhaupt Platz für eine Ehefrau gäbe – für diese Ehefrau.
«Ich komme mir vor wie in einer Art Käfig», schrieb der königliche Panther an einen Freund, «gehe darin hin und her und
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