Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Prinz Charles den Boden gründlich entzogen. Eine königliche Romanze wie die zwischen Catherine Middleton und Prinz William wird nicht mehr daran gemessen, wie viel Mythos und Märchen sie beinhaltet, sondern ob sie den Kriterien der Normalität standhält, die nach Stabilität, Treue, kurz: nach Nachhaltigkeit fragen und die Menschen nicht mehr mit dem Make-up des Märchens in die Irre führen. Die Briten hat an der Verbindungzwischen der bürgerlichen Kate Middleton und ihrem Prinzen besonders beeindruckt, dass es bei beiden keine Kluft zwischen der erträumten und der wirklichen Welt zu geben scheint, dass sie keinen Kontrast auftreten lassen zwischen dem Schein und dem Sein, sondern vielmehr Traum und Realität auf dem Boden der Normalität zusammenfügen. Ist eine solche Grundlage erst einmal etabliert, kann das Volk die glanzvolle Hochzeit, wie am 29. April 2011 geschehen, umso unbeschwerter feiern, da kein Verdacht sich meldet, man sei erneut der Fantasie auf den Leim gegangen.
Zu dieser fast geschäftsmäßigen Grundlage eines modernen Märchens, das diesmal ohne Anführungszeichen geschrieben werden darf, gehört, dass der Herzog und die Herzogin von Cambridge, anders als Charles und Diana, vor ihrer Hochzeit bereits Jahre des gemeinsamen Lebens erprobt hatten, als Test, an dem beide nur wachsen konnten. Neun Jahre waren seit ihrer ersten Begegnung an der schottischen Universität St. Andrews vergangen, darin eingeschlossen auch eine kurze Zeit der Trennung im Jahr 2007. In dem zitierten Interview sprach der Prinz offen über diese lange Periode des Zuwartens. «Ich wollte sichergehen», sagte er, «dass Catherine die Chance erhält zu sehen, wie das Leben in meiner Familie aussieht. Sie sollte hineinschauen und Abstand davon nehmen können, falls sie das für nötig gehalten hätte – jedenfalls ehe alles zu viel für sie werden würde. Ich versuche, aus der Vergangenheit zu lernen, und wollte ihr die beste Möglichkeit geben, in Ruhe zu erleben, wie es auf der anderen Seite aussieht.»
Nichts illustriert den großen Abstand zwischen dem Heute und der Zeit vor 30 Jahren besser als diese Äußerung. Der Prinz von Wales, Williams Vater, war von seinem eigenen Vater, dem Herzog von Edinburgh, nach nur wenigen Monaten des Umgangs mit der neunzehnjährigen Diana Spencer aufgefordert worden, sich ihr gegenüber zu erklären oder die Beziehung abzubrechen. Es ist bezeichnend, dass Philip seinem Sohn dies per Brief mitteilte, zu einem Gespräch fehlte beiden bei ihrer gespannten Beziehung dienötige Gefühlskultur – vielleicht auch die Zivilcourage? Charles sah in dem Schreiben seines Vaters ein Ultimatum, worin ihm Freunde, denen er den Brief zeigte, nicht zustimmten – die Zeilen seien lediglich der Ausdruck eines besorgten Vaters gewesen, dem der bereits begonnene Medienrummel um Diana zu denken gab und der das Mädchen nicht weiter kompromittiert sehen wollte.
Doch die Beweggründe Philips lagen tiefer. Den Eltern war das Verhältnis ihres Sohnes zu einer verheirateten Frau nicht verborgen geblieben, auch wenn niemals mit ihm darüber gesprochen wurde. Ein Angehöriger der Royal Horse Guards war sogar eines Tages bei der Queen vorstellig geworden und hatte ihr berichtet, dass ihr Sohn zur Frau eines Offiziers des Regiments – gemeint war Andrew Parker-Bowles – eine Beziehung unterhalte, «und das Regiment mag das nicht». Sarah Bradford schreibt in ihrer Biografie Elizabeths, die Königin habe bei der Nachricht «zu Boden geblickt und geschwiegen», entschlossen, sich wie gewohnt nicht in die Angelegenheiten ihrer Kinder einzumischen. Aber die Botschaft war angekommen. Sollte der Älteste gar auf dem Wege sein, ein zweiter Edward VIII. zu werden, der über seiner Beziehung zu einer verheirateten Frau gestürzt war? Charles war inzwischen jenseits der 30, die Zeit – und die Erbfolge – drängte zur Gründung einer Familie.
Auch der Sohn wusste es; er verstand den Brief seines Vaters durchaus richtig – als Aufforderung, seine Unschlüssigkeit gegenüber Diana abzulegen und die Ehe zu wagen. Einem Freund enthüllte er die ganze Qual seiner Lage: «Dieser ungewöhnliche Sprung in ziemlich unbekannte Umstände, den ich da mache – es scheint alles so lächerlich, denn eigentlich will ich doch nur das Richtige für dieses Land und für meine Familie tun. Aber ich habe manchmal schreckliche Angst davor, ein Versprechen abzugeben und danach zu erleben, wie ich es bedauern muss.» Die Entscheidungsnot
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