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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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gestorben, womit George als damaliger Herzog von York in der Thronfolge nachrückte. Von seinem verstorbenen Bruder erbte er dessen Verlobte gleich mit, die deutschstämmige Prinzessin Victoria Mary von Teck; sie heirateten 1893, nach gebührender Trauerfrist.
    Von 1892 bis zur Amtsübernahme 1910 hatte der spätere George V. fast zwanzig Jahre Zeit, sich auf die Thronpflichten vorzubereiten, die ihm durch den Tod des Erstberechtigten zugefallen waren. Sein Zweitältester Sohn dagegen, Elizabeths Vater, erfuhr erst wenige Tage vor der Abdankung Edwards VIII., seines Bruders, welche «unerträgliche Ehre», wie seine Frau es nannte, auf ihn abgewälzt werden würde. Bis kurz vor dem schicksalhaften 10. Dezember 1936 hatte der König seine Familie dem Zwischenreich von Hoffen und Verzagen überlassen, bis dahin hatte Bertie noch glauben können, der Kelch werde an ihm, dem schüchternen Stotterer und vollkommen Unvorbereiteten, vorbeigehen.
    Für Elizabeth wurde das Jahr 1936 zum Negativbild für alles, was Monarchie nicht sein durfte; sie erlebte einen König, der seine persönliche Neigung über seine Verantwortung für das Land stellte, der wegen der Liebe zu der zweimal geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson den Thron preisgab. Es hatte Kriege, Kabalen und Königsmorde in der englischen Geschichte gegeben – eine Abdankung noch nie. Entsprechend groß war die Erschütterung, von der die Institution der Monarchie erfasst wurde. Gleichzeitig warf die Krise um Edward VIII. all die Fragen über die konstitutionelle Monarchie auf, die dem jungen Mädchen erst sein Tutor, Sir Henry Marten, beantworten würde: das Primat der Politik, die Unterordnung der Monarchie unter die Gesetze der Demokratie, die Vorbildfunktion der königlichen Familie und wie gefährlich dünn die Scheidewand werden kann zwischen jubelnder Zustimmung zur Erbmonarchie und potentieller Abkehr von ihr.

    Hatte niemand eine Ahnung von dem Tief, das da im Laufe des Jahres 1936 in Großbritannien heraufzog? Doch, der Hof, die Mitarbeiter des Thronfolgers, auch die Spitzen der Politik. David, der Prinz von Wales, war ihnen längst als Kind seiner Zeit vertraut, unstet in seinen Launen und Überzeugungen, es sei denn der einen: dass die Monarchie um jeden Preis an die Moderne angepasst werden müsse. Ebenso er selber, als ein Prinz für die
roaring twenties,
die stürmischen 20er Jahre, zeitgenössisch, nicht nach rückwärts schauend, frei von erstickender Etikette. Mehrere Besuche an der Front während des Ersten Weltkrieges hatten dem 1894 Geborenen früh Gelegenheit gegeben, den einfachen Soldaten kennen zu lernen, was die Kluft schrumpfen ließ zwischen seiner herausgehobenen Position als Thronerbe und den
lower orders,
den unteren Schichten. Die Kriegsteilnehmer liebten ihn dafür, seine Popularität bezog aus solcher Zustimmung große Nahrung.
    Aus dem Krieg hatte der Prinz obendrein eine pazifistische Grundeinstellung mitgebracht – auch dies eine Haltung, die ihn mit einer Mehrzahl seiner Landsleute verband. «Nie wieder Krieg!»,war das überragende Gefühl der britischen Öffentlichkeit nach den Verheerungen, die der erste große europäische Landkrieg zurückgelassen hatte. Dabei schwang zugleich viel Verständnis für das geschlagene Deutschland mit. Die Briten der Zwischenkriegszeit machten es Hitler leicht: Ihre Sympathie für die in Versailles unfair behandelten Deutschen, wie man es sah, konnte er voll für seine Zwecke nutzen, die pazifistische Grundströmung erst recht. Um jeden Militäretat gab es im Unterhaus lange Gefechte, die Tendenz wies nach unten, zur Abrüstung.
    Solche Strömungen bedeuteten aber nach Meinung des Hofes nicht, dass sich ein Prinz von Wales irgendwie gemein machen dürfe mit dem Volk. Darüber führte Sir Frederick Ponsonby, der schon Königin Victoria als Berater zur Seite gestanden hatte, im Jahr 1919 mit dem Thronfolger ein berühmtes Streitgespräch, von dem unter anderen Philip Ziegler in seiner Studie «Crown & People» (1978) berichtet. Sir Frederick argumentierte ganz im Sinne dessen, was schon Walter Bagehot in seinem Hauptwerk von 1867, «The English Constitution», klassisch vorformuliert hatte: dass nicht zu viel Tageslicht in das Geheimnis des Königtums eindringen dürfe. So auch Ponsonby. «Die Monarchie muss immer ein Element des Mysteriösen behalten», belehrte er seinen Gesprächspartner, «ein Prinz darf sich nicht zu viel zeigen. Die Monarchie muss auf ihrem Podest bleiben.» David

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