Elizabeth II.: Das Leben der Queen
monogamisch anhänglichen Ehemann zu machen. Solche Anhänglichkeit kann man in den Jahren, von denen hier die Rede ist, bei der Amerikanerin nicht finden, wie Dokumente des britischen Geheimdienstes MI5, 2003 freigegeben, besagen. Die ehrgeizige Frau hatte mindestens einen, wenn nicht mehrere Liebhaber neben ihrem Prinzen. Einen gewissen Guy Marcus Trundle aus York, einen verheirateten Mann, beschrieb sie als «sehr charmanten Abenteurer, sehr gut aussehend, wohl erzogen und ein exzellenter Tänzer». Ob sie auch eine sexuelle Beziehung zu Joachim von Ribbentrop unterhielt, der 1936 Botschafter in London wurde, ist nie nachgewiesen worden. Kontakte zu ihm bestanden in jedem Fall, waren doch Wallis und Edward große Bewunderer der Nationalsozialisten und wurden es nach seiner Abdankung eher noch mehr, als das Paar auf Einladung von Reichsarbeitsminister Ley im Herbst 1937, wenige Monate nach ihrer Hochzeit in Frankreich, eine wochenlange Rundreise durch Deutschland absolvierte. Dabei kam man auch mit Hitler zusammen, dem der nunmehrige Herzog von Windsor später zu dessen 50. Geburtstag 1939 ein Grußtelegramm schicken würde. Heimlich hielt er sich wohl als Alternativkönig in Reserve, und auch die Nazis sahen in ihm einen solchen, sollte ihre Invasion Englands gelingen. Von allen verräterischen Umtrieben erlöste jedoch Churchill den Exkönig, als er ihn 1940 zum Gouverneur auf den Bahamas ernannte, was vor allem Wallis als Verbannung empfand – die Bahamas waren für sie «das St. Helena von 1940».
Der König also hatte aufgeben müssen, einen Rücktritt der Regierung wollte er nicht riskieren, eine bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzung um Wallis Simpson noch weniger, dafür stand er zu sehr, trotz allen Eigenwillens, in der monarchischen Tradition seines Landes. Er wird es in seinen Memoiren festhalten: «Ich hatte keine Absicht, an den fundamentalen Regeln der Monarchie herumzubasteln.» Seine Radioansprache vom 11. Dezember, nachdem er am Tag zuvor die Instrumente der Herrschaft an seinen Bruder, jetzt George VI., übertragen hatte, ist in die Geschichte eingegangen als bewegendes Dokument eines Scheiterns, wie es die englische Königsgeschichte noch nie erlebt hatte. Churchill stand Pate bei der Abfassung des Textes. Der Rede im Internet zuzuhören, wie Edward sie mit quälend langsamen Kadenzen vorträgt, ruft noch einmal das Drama des Augenblicks wach:
«Endlich bin ich in der Lage, ein paar eigene Worte vorzutragen. Ich habe nie irgendetwas zurückhalten wollen, aber bis heute war es mir aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, für mich selber zu sprechen. [...] Sie alle kennen die Gründe, warum ich mich genötigt sehe, auf den Thron zu verzichten. Aber ich möchte, dass Sie verstehen, dass ich mit dieser Entscheidung nicht das Land noch das Empire vergessen habe, dem ich als Prinz von Wales und zuletzt als König 25 Jahre zu dienen versucht habe. Doch Sie müssen mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass ich es unmöglich gefunden habe, die schwere Last der Verantwortung zu tragen und meine Pflichten als König wie von mir gewünscht zu erfüllen, ohne die Hilfe und die Unterstützung der Frau, die ich liebe. [...] Meine Entscheidung ist mir weniger schwer gefallen durch die Gewissheit, dass mein Bruder [...] meinen Platz ohne Unterbrechung und Beschädigung für das Leben und den Fortschritt im Empire einnehmen wird.»
Dann folgte ein Satz, der wie ein bittersüßer Gruß an das Glück der kommenden Königsfamilie formuliert war: «Auf [meinem Bruder] ruht ein unvergleichlicher Segen, an dem auch viele von Ihnen teilhaben, während er mir nicht vergönnt ist – ein glückliches Zuhause mit seiner Frau und seinen Kindern.»
Der Vorstand dieses Zuhauses war zunächst alles andere als glücklich. Bei seiner Mutter hatte er sich am Tag seiner Thronfolge ungeschützt ausgeweint, die Sprachhemmung war in den letzten zwei Krisenwochen wieder spürbarer geworden, seinem Vetter Louis Mountbatten klagte er: «Ich habe noch nie ein Staatspapier in der Hand gehabt, ich bin doch nur ein einfacher Marine-Offizier, es ist das einzige, wovon ich etwas verstehe.» Aber die Frau an seiner Seite, Königin Elizabeth, wie sie sich jetzt nennen durfte, wurde die entscheidende Figur dieser Stunde. Da es für Abdankungen keinen Präzedenzfall gab, war auch die automatische Anwendung der vorgeschriebenen Thronfolge nicht verbindlich. Berties jüngerer Bruder George, der Herzog von Kent, hatte bereits einen
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