Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Sohn, Edward, 1935 geboren, der heutige Herzog von Kent. George hätte durch einen Parlamentsbeschluss durchaus König werden können, und dann gäbe es heute keine Elizabeth II., sondern ihr Cousin wäre König und Elizabeth bestenfalls Princess Royal. An solchen dynastischen Zufällen hängt manchmal eine ganze Epoche. Ja, es gab sogar Überlegungen, Queen Mary zur Regentin zu ernennen bis zur Vollreife ihrer Enkelin Elizabeth, damit der arme, gehemmte Bertie, nervös und unsicher, nicht die Bürde der Krone würde tragen müssen.
Aber es war Elizabeth, die Herzogin von York, die die Waagschale sich zugunsten ihres Mannes senken ließ. Seit dreizehn Jahren auf der königlichen Bühne, immens populär auch im Empire und den Dominien, von der Kirche als im Glauben verwurzelt eingeschätzt und eine Freude für jeden, der mit ihr zu tun hatte: an ihr konnte und wollte man nicht vorbeigehen. An der erstgeborenen Tochter, der populären Elizabeth, erst recht nicht; man sprach von ihr als dem eigentlichen «Bonus» der Abdankungskrise. Der König mochte ein gewisses Risiko darstellen, doch seine Frau war ein Hit, die passende Partnerin an der Seite des neuen Monarchen. Als bei dessen Krönung am 12. Mai 1937 der Erzbischof von Canterbury auch Königin Elizabeth das Diadem aufsetzte, flüsterte Churchill seiner Frau Clementine zu: «Du hattest recht, ich sehe jetzt, die andere wäre nicht die Richtige gewesen.»
Was aber bedeutete das alles für die zehnjährige Prinzessin, diejetzt noch eine Stufe näher an den Thron gerückt war? Edwards Abdankung galt als tiefe Beschämung für die Dynastie, die Erbmonarchie hatte einen Knacks bekommen, hatte sich als mangelhaft erwiesen; davon musste sie sich erst wieder erholen. Das Parlament hatte sich von einem Monarchen getrennt, den man für unfähig für sein Amt erachtete – jeder wusste danach, wie und wo die Kräfte im Königreich verteilt lagen. Der Vater des radikalen Labour-PolitikersTony Benn, auch er ein glühender Sozialist, hatte seinem Sohn bei der Abdankung einen denkwürdigen Satz mit auf den Lebensweg gegeben: «Vergiss nie – Großbritanniens politische Führer werden immer den Monarchen opfern, um die Monarchie zu sichern.» Nirgends wusste man das nach dem Edward-Debakel besser als am Hof, und so stand über Elizabeths weiterem Lebensweg eine flammende Mahnung: Erweise Dich immer des Amtes für würdig, denn im Zweifelsfall bist Du entbehrlich. Das Königtum selber ist immer wichtiger als sein jeweiliger Träger.
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Familienporträt mit Corgi: George VI. und Queen Elizabeth mit ihren Töchtern Elizabeth und Margaret im Buckingham Palast, 1938 (Foto: Marcus Adams)
So wurde Edward VIII. für sie zum überragenden Anschauungsunterricht ihrer Jugend. Seine Abdankung hatte die königliche Familie vor eine neue Verpflichtung gestellt: Wie ihr Vater speicherte auch Elizabeth die Überzeugung, dass die Monarchie die Sünden ihres Onkels wiedergutmachen müsse. Edward hatte gleichsam das Team im Stich gelassen, indem er sein persönliches «pursuit of happiness», das Streben nach dem Glück, über seine Pflichten gestellt hatte. Man kann das ganze spätere Leben der Queen als einen Versuch beschreiben, dieses Verhältnis umzukehren – die Pflichten über das private Glück zu setzen.
Elizabeths schottische Großmutter, Lady Strathmore, berichtete zwar, ihre Enkelin habe, als sie von der Abdankung ihres Onkels hörte, «glühend um einen Bruder gebetet», der sie in der Thronfolge übersprungen hätte. Ihre Mutter, nun Queen Elizabeth, war damals erst 36 Jahre alt, es hätte also leicht noch mehr Nachwuchs kommen können. Aber lange wird das Beten nicht gedauert haben, dafür waren die Kinder zu beschäftigt mit dem Umzug von 145 Piccadilly in den Buckingham Palast, mit seinen unwirtlichen 600 Räumen und den endlosen Korridoren, in denen sich Fahrrad fahren ließ. Man «campierte da wie in einem Museum», wie Miss Crawford später schrieb, livrierte Diener servierten «einfache englische Küche», doch wurde das Menü auf Französisch gedruckt. Der Umzug hatte aber auch einiges für sich: Die Prinzessinnen bekamen jetzt ihre eigenen Apartments, und es gab viel, viel mehr Platz für Elizabeths mehr als 30 Spielzeugpferde, jedes unterschiedlich gesattelt und bereit für imaginäre Ausritte.
IV
Philip
«Sie konnte ihre Augen nicht von ihm lassen.»
Marion Crawford über die
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