Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Teenager dazu. Philip war bereits in seinem zweiten Lebensjahr mit seiner Familie aus Griechenland vertrieben und seitdem unter diversen Verwandten herumgereicht worden wie ein Waisenkind; die Eltern hatten sich zu Beginn des Exils getrennt. Philips Cousine Alexandra von Jugoslawien verglich ihn einmal mit einem Hund, «immer auf der Suche nach seinem Korb». Das tarnte der junge Mann schon damals durch forsches Auftreten. Selbstmitleid war Philip grundsätzlich ein Gräuel, und zu Mitleid für andere findet er, wie man weiß, auch nicht immer leicht. Wie gut dies Muster später zu einer Partnerin passte, die sich ebenfalls, wenn auch nicht unter solchen emotionalen Entzugsbedingungen wie Philip, zur
stiff upper lip
erzogen und gelernt hatte, Gefühlsregungen schon als Kind zu unterdrücken.
Elizabeth und Philip sind beide Ururenkel von Königin Victoria – sie über die väterliche Linie, er durch seine Mutter, Prinzessin Alice, geborene Battenberg, die über zwei Generationen auf Victorias drittes Kind, ebenfalls eine Alice, zurückging. Die in Dartmouth Crocket spielenden Jugendlichen, Cousins dritten Grades, waren sich als Kinder schon einmal flüchtig begegnet, 1934 bei der Hochzeit eines Onkels von Elizabeth, des Herzogs von Kent, mit der griechischen Prinzessin Marina, einer Cousine Philips; Elizabeth hatte als Brautjungfer fungiert. Aber Verwandtschaften einmal beiseite gelassen – was der englischen Königstochter gleich zu Anfang an dem fünf Jahre Älteren aufgefallen sein muss, war seine unversenkbare Selbstsicherheit, ein Charakterzug, der sich merklich von ihrer eher vorsichtigen Art abhob. Sie ist scheu, er ist es im Übermaß nicht – das sollte sich zu einer gelungenen Symbiose ergänzen. Es hat nach Dartmouth viele Männer im Umkreis Elizabeths gegeben, freundschaftliche Beziehungen allemal, aber keine zweite Liebe. Die mit ihren dreizehn Jahren schon recht entwickelte junge Dame war nach diesem 22. Juli 1939, was ihr Herz angeht, ein für alle Mal festgelegt.
Philips Herkommen verdient es, einmal unters Mikroskop gelegt zu werden, denn seine Genealogie ist kompliziert; man muss über sie Bescheid wissen, um zu ermessen, was sich Elizabeth antat mit diesem Achtzehnjährigen, «in den sie sich verliebt hatte bei ihrer ersten Begegnung», wie die offiziell vom Hof autorisierte Biografie ihres Vaters von Sir John Wheeler-Bennett es 1958 ausdrücklich festhielt. Überhaupt ist die britische Monarchie ohne ihre Familienverzweigungen nicht zu verstehen, das Paar Elizabeth – Philip schon gar nicht. Machen wir also den Versuch, den Griechen zu entflechten.
In seiner blonden, hoch gewachsenen Erscheinung, seinen leuchtenden blauen Augen kam der griechische Prinz einer Marion Crawford wie «ein Wikinger» vor, doch sagen wir es lieber gleich heraus: Der «Grieche» war seinem Herkommen nach, und zwar auf beiden Seiten, Deutscher. Prinzessin Alice, die Mutter, war eine Battenberg aus hessischer Vorvergangenheit, Prinz Andreas von Griechenland, der Vater, ein Däne aus deutschem Geblüt. Ziemlich gemischt das Ganze. Philip war das jüngste von fünf Kindern aus dieser Verbindung. Seine vier älteren Schwestern – Margarita, Theodora, Cécile und Sophie – hatten alle in deutsche Adelsfamilien eingeheiratet, einige davon spätere Nazi-Größen, was dem Prinzen und seiner zukünftigen Frau noch Probleme verschaffen würde bei ihrer Hochzeit 1947: Zu der wurde keiner der deutschen Verwandten Philips eingeladen, mit Ausnahme seiner Mutter. Schlimm genug, dass mit dem Bräutigam erneut ein Deutscher ins britische Königshaus vorrückte, den Elizabeths Mutter anfangs schon mal als «Hunnen» apostrophierte, obgleich Philip sich gerne «skandinavisch» nannte und nennt. Hatte man nicht 1917 die deutschen Wurzeln entschieden hinter sich lassen wollen?
Was aber war in Philips Genealogie griechisch? Nachdem ihr Land 1832 Königreich geworden war, hatten sich die Griechen nach einem ersten Herrscher aus dem bayrischen Haus Wittelsbach ihre Monarchen in Dänemark bestellt, gewissermaßen nach einem königlichen Versandhauskatalog, der damals in Europa Herrscher anbot, die qua Geburt gar nicht zur jeweils beglückten Nation gehören mussten. Selbst die Dänen, die mit Georg I. den Griechen 1845 einen ersten König aus ihrem Stall schenkten, waren gar keine Dänen,sondern Angehörige des deutschen Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, das in Dänemark und Norwegen herrschte – und eben auch in
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