Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
Vom Netzwerk:
kleines Fragezeichen während eines Besuches, über den sich Elizabeth II. anschließend hoch befriedigt äußerte. Auch die Regierung konnte sich freuen. Selbst der Hofpoet, John Masefield, würdige 87 Jahre alt, steuerte zu dem Ereignis ein Gedicht bei: «Die lange, lange Woche unaufhörlicher Anstrengung endet./Überirdische Macht segnet diejenigen, die segnen./Nach solcher Nacht solch Sonnenstrahl des Erfolgs./Die Nationen haben sich vergeben und Freundschaft geschlossen.» Das klang von Herzen, wenn auch nicht ganz auf der Höhe englischer Dichtkunst.

    Bundespräsident Gustav Heinemann schwante vor seinem Staatsbesuch in London im Oktober 1972 Unangenehmes. Einen Mann des schnörkellosen Wortes wie ihn, der jeder übertriebenen Gestik abhold war, störten schon die Regieanweisungen, die man ihm zur Einübung des Protokolls an die Hand gab. «Ohne Hut, mit Hut, links gehen, rechts stehen» – Heinemann war durch und durch ein Vertreter des republikanischen Prinzips, den jede übertriebene Etikette abstieß. Aber seine Sorgen stellten sich als unbegründet heraus – es wurde der Staatsbesuch mit dem geringsten protokollarischen Aufwand, als hätte das Außenministerium der Queen geraten, auf den deutschen Bürgerpräsidenten und seine Art Rücksicht zu nehmen. Elizabeth verzichtete entsprechend darauf, dem Präsidenten die höchsten Hofbeamten einzeln vorzustellen, und Philip, der sich mit den Gästen meist auf Deutsch unterhielt – das seine Frau nicht beherrscht –, meinte nach der Präsentierung der deutschen Entourage typisch entwaffnend: «So, jetzt können Sie sich wieder normal bewegen», wie der «SPIEGEL» berichtete. Heinemann war erstaunt über die «Lockerheit» am königlichen Hof. Nur einmal stutzte er während seiner Londoner Tage, es war auf einem Empfang für das Diplomatische Korps. Nachdem er mehr als 50 Diplomaten mit «Good morning» begrüßt hatte, aber die Zahl derjenigen, die seines Händedrucks harrten, nicht abzunehmen schien, meinte er zu einem Begleiter: «Ich glaube, die stellen sich hinten immer wieder neu an.»
    Antideutsche Demonstrationen wie noch vierzehn Jahre zuvor beim Heuss-Besuch gab es nicht, daher musste der Boulevard mit erfundenem Kitzel anderer Art nachhelfen. «Mordkomplott gegen Gast der Königin», titelte der «Daily Mirror» schon im Vorfeld. Solchen Spekulationen wurde damals leicht Glauben geschenkt, seit dem Massaker an israelischen Sportlern durch palästinensische Guerillas während der Olympischen Spiele in München im September. Aber die Meldung entpuppte sich als Ente. Auffallend war dagegen wieder einmal die deutliche Handschrift des Foreign Office in den Reden der Queen, die diesmal nicht auf Vergangenesabhob, sondern nach vorne schaute und die Ostpolitik Willy Brandts lobte, freilich ohne sie bei diesem Namen zu nennen. Elizabeth würdigte vielmehr die Bemühungen der Bonner Politik, «ideologische Barrieren zu überwinden». Das war, nimmt man es genau, riskantes Themengelände für die Queen: So kurz vor der vorgezogenen Bundestagswahl einen Monat später konnte man es fast als den leisen Versuch der Einmischung in einen laufenden Wahlkampf bezeichnen – aus dem die SPD am 17. November zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands als stärkste Partei hervorging. Aber die Worte fielen in London, und diplomatisch verschlüsselt dazu, also entgingen sie der Kritik. Das Beispiel zeigt aber, in welche Konflikte die Queen im Dienste ihrer Regierung verwickelt werden kann.

    Die siebziger Jahre erlebten den dramatischen Abstieg der britischen Wirtschaft. Mitleidig schauten die Deutschen, und nicht nur sie, auf den «kranken Mann an der Themse». Eine Inflationsrate von sechzehn Prozent, dazu außer Kontrolle geratene Gewerkschaften – durch Streiks gingen in Großbritannien 1977 zehn Millionen Arbeitstage verloren, in Frankreich 2,5 Millionen, in Westdeutschland 160.000. Premierminister Heath hatte im Februar 1974 einen Wahlkampf geführt um die Frage «Wer regiert Großbritannien?» und die Wahl verloren. Und das, obwohl schon damals eine Drei-Tage-Arbeitswoche herrschte, mit rationiertem Strom, der die Menschen zwang, mit Kerzen in den Trolleys ihre Supermarkteinkäufe zu tätigen. Zwei Jahre später musste Labour-Premier James Callaghan beim Internationalen Währungsfond um eine riesige Anleihe nachsuchen, die England nur unter Auflage strenger Sparmaßnahmen gewährt wurde, wie sie heute Euro-Ländern ins Haus stehen, deren Wirtschaft

Weitere Kostenlose Bücher