Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Hofkreisen, lehnte die Queen es ab, telefonisch mit ihnen zu kommunizieren, sondern bestand auf einem ordentlichen Termin, wenn sie ihre Mutter sprechen wollten. Eine vertrauliche Stimme verriet dem Historiker: «Hätte Elizabeth nur die Hälfte der Zeit, die sie mit Fragen der Pferdezucht verbracht hat, auf die Aufzucht ihrer Kinder verwendet, wären der königlichen Familie manche Krisen erspart geblieben.»
Diese Abbildung kann aus lizenzrechtlichen Gründen leider nicht im eBook angezeigt werden.
Momente der Sammlung: Die Queen mit ihrem Lieblingspferd Betsy in Sandringham, 1964 (Foto: Godfrey Argent)
Douglas Hurd, der frühere Außenminister, kommentierte einmal, bei Elizabeth habe die «konstitutionelle Maschinerie» tiptop funktioniert, ihre «emotionale Maschinerie» dagegen sei gestört gewesen. Im Laufe eines Lebens an der Spitze des Staates, unter der Auflage permanenter Selbstkontrolle, muss es wohl immer schwerer werden, auch privat Emotionen zu artikulieren, wie eine Cousine der Queen, Lady Patricia Mountbatten, zu Elizabeths Verteidigung vorgetragen hat. Hurd meinte sogar, die Queen habe «Gefühle fast aus sich heraustrainiert». Anthony Jay, der 1992 für die BBCdas Drehbuch zu dem Dokumentarfilm «Elizabeth R» schrieb, kommentiert: «Für Menschen, die derart emotional distanziert sind, werden Institutionen wichtiger als Familien. Da ist früh etwas versiegelt worden. Wie die Königin es sieht, ist das eine Stärke. Sie könnte ihren Job nicht ausüben, wenn sie emotional involviert wäre.» Aber der eben erwähnte Graham Turner berichtet heute, Elizabeth habe sich oft Vorwürfe gemacht, dem Land und ihren Staatspflichten zuliebe die eigene Familie vernachlässigt, wenn nicht geopfert zu haben.
«Emotional intelligence» ist ein Begriff aus jüngerer Zeit, er taugt nicht zum Verständnis der Generation der Queen, in der ohnehin die
stiff upper lip,
die Attitüde, sich nichts anmerken zu lassen, zum
comme il faut
des Lebens gehört. Umso mehr setzen die Briten heute auf die Enkelgeneration, auf Prinz William und Catherine, darauf, dass der Herzog und die Herzogin von Cambridge mehr Lockerheit in die höfische Etikette bringen und nicht zwischen sich und die Öffentlichkeit – noch weniger zwischen einander – die Schablone einer die Gefühle negierenden Haltung legen.
Von der manchmal kuriosen Unnahbarkeit der Königin hat so mancher eine Geschichte zu erzählen. So wurde der schon mehrfach erwähnte Historiker Ben Pimlott für seine 1996 erschienene meisterhafte Biografie der Queen mit einer Einladung zu einem Lunch auf Schloss Windsor geehrt, zusammen mit anderen zu würdigenden Persönlichkeiten. Aber verlor die Queen auch nur ein Wort über das Buch, dessen Autor solcherart hofiert wurde? Nein. Freilich, Pimlott wird sich nicht gewundert haben, hatte er doch unter anderem geschrieben, die Queen verweile nie gern lange bei einem Thema, «vor allem nicht bei tiefen», und fühle sich «am besten aufgehoben in der Welt ihrer Tiere und Faktoten». Helen Mirren, die Filmschauspielerin, als «Dame» – das Pendant zum Sir – geadelt, schrieb nach dem Film «The Queen» an Elizabeth, wie geehrt sie sich gefühlt habe, darin die Königin spielen zu dürfen. Als Antwort erhielt sie im Namen der Queen das Dankesschreibeneiner Hofdame, aber ohne Hinweis darauf, ob die Königin den Film überhaupt gesehen habe. Wahrscheinlich hat sie sich ihn nicht angeschaut, denn «The Queen» zeigt das heikle Kapitel 1997, als Elizabeth durch ihre zunächst sehr gehemmte Reaktion auf den Tod von Diana eine eher unglückliche Figur abgab. Und Krisen hat sich derKopf der «Firma» selten offen gestellt – warum dann der Darstellung einer solchen in Form eines Films, noch dazu mit ihr als der Hauptgestalt des Krisenszenarios? Ob es sich hier um einen Fall von psychologischer Hygiene handelt oder ob sie einfach über allem steht – man weiß es nicht.
Annus horribilis,
1992: Elizabeth II. nach dem Brand auf Schloss Windsor, 21. November 1992 (Foto: ROTA)
Diskretion und Zurückhaltung übertragen sich bei ihr auch auf die Körpersprache. In den 70er Jahren machten Elizabeth und Prinz Philip einen Besuch im Iran, bei dem auch ein Termin in einem Blindenheim auf dem Programm stand. Dabei ging Kaiserin Farah Diba in die Knie, um einige Kinder zu streicheln, während die Queen zuschauend daneben stand, ohne die Geste zu teilen. Bei den 50-Jahr-Feiern zur Beendigung des Krieges in Europa im Mai 1995 fand unter
Weitere Kostenlose Bücher