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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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zurückgezogen. Gern würde ich sie besuchen, wusste jedoch, dass eine Reise dorthin ebenso fruchtlos wäre, wie es frühere nach Bermondsey gewesen wären. Weder könnten wir vertraulich reden, noch würde sie mich nach allem, was Henry getan hatte, empfangen wollen.
    Neuerdings fragte ich mich auch oft, wie es der Countess of Warwick gehen mochte. Sie war gleichfalls hochbetagt, aller beraubt, die sie jemals geliebt hatte, und verarmt. Aus letzterem Grund hatte sie sich bei Gericht bemüht, Middleham zurückzubekommen, verband sie doch mit diesem eher hässlichen Steinhaufen viele glückliche Erinnerungen. Als sie vor Gericht gewann, zwang Henry sie, ihm den Besitz zu überschreiben. Das war das Letzte, was ich von ihr hörte. Ich stieß einen Seufzer aus. Wohin Henry auch ging, er hinterließ allenthalben eine Spur von Tränen bei jenen, deren Leben mit seinem in Berührung kam.
    Um seine Angst zu besänftigen, verließ Henry sich auf Spitzelund Folter. Sein Gewissen wiederum entlastete er bei Morton, der ihm ein ums andere Mal versicherte, dass die Menschen ein kurzes Gedächtnis hätten und diejenigen, die es wagten, über seine Herkunft zu spotten, im gefürchteten Tower auf immer zum Schweigen gebracht würden. Morton war zwischenzeitlich zum Kardinal aufgestiegen und wurde im ganzen Land für seine üblen Taten verachtet. Jedes Mal, wenn ich ihn mit Henry zusammen sah, kämpfte ich mit dem befremdlichen Gefühl, den Teufel und die Seele zu sehen, die er sich auserkoren hatte.
    Mir war durchaus begreiflich, dass Henrys Grausamkeit seiner schrecklichen Angst geschuldet war, er könnte alles verlieren, was ihm Fortuna geschenkt hatte, und dass seine Habgier aus seiner Furcht vor Armut resultierte. Trotzdem hasste ich seine Skrupellosigkeit und seine Habgier widerte mich an.
    Ich dachte an Königin Annes Worte: Man muss entscheiden, wofür man einstehen, wofür man kämpfen, wofür man sterben will   ...
    Und Henry hatte sich entschieden.
    »Ihr seid bereit, meine Königin«, sagte Lucy und trat zurück. Sie hatte mir meine Saphirbrosche an mein Mieder gesteckt und mir das Haar mit einem goldenen Band und einem Schleier geschmückt.
    Ich nickte und ging voraus in die Halle, wo mich meine Bittsteller erwarteten.
    ~
    Die Verschwörungen nahmen zu, und Henry beobachtete es vorsichtig und aufmerksam. Er hatte das Netz von Spionen vervollkommnet, indem er sich hauptsächlich auf die Spitzel verließ, die ihm auf den Thron geholfen hatten, und sie jeden Winkel Englands infiltrieren ließ. Bei ihnen handelte es sichum Mönche, Klosterbrüder, Trompeter, Herolde, sogar Adlige   – irische, schottische, englische, sogar französische. Sie schwärmten unsichtbar und namenlos über England und Europa aus.
    Doch nicht einmal ihre Allgegenwart konnte verhindern, dass Henry bei jeder Erwähnung des Prätendenten einen Gefühlsausbruch bekam. Zehn Jahre nach Bosworth konnte er immer noch nicht sicher sein, dass er nicht wie Richard enden würde, getötet und im Tode gedemütigt, indem man seinen Leichnam über einen Pferderücken warf, von dort in einen Futtertrog kippte und in einem namenlosen Grab verscharrte. Henry hatte gesagt, er würde alles opfern, um seine Krone zu behalten, und das stimmte. Er hatte bereits seine Seele geopfert.
    »Majestät«, begrüßte de Puebla ihn eines Tages mit einer Verbeugung, »mein Herrscher instruiert mich, Euch mitzuteilen, dass es angesichts dessen, was täglich mit Königen in England geschieht, verwunderlich ist, dass sie auch nur erwägen sollten, Euch ihre Tochter zu geben.«
    »Unser Thron ist sicher!«, schrie Henry und drückte beide Hände auf sein Herz, wie Lancelot es angeblich getan haben sollte. »Ich schwöre von Herzen, der Prätendent ist kein Prinz, sondern bloß ein Knabe aus Tournai. Meine Spione haben es bestätigt.«
    Ich wusste, dass es gelogen war, und begab mich den Korridor hinunter zur königlichen Kapelle. Neben mir klaffte eine angenehme Leere, denn meine Kerkermeisterin, Margaret Beaufort, war nicht da. Sie hatte ihre Dienerschaft angewiesen zu packen, weil sie noch vor der Fastenzeit zu ihrem Gemahl Thomas nach Latham Hall zurückmusste. Seit Williams Verrat bekannt geworden war, hatten ihre Gefühle sie zerrissen, und sie betete ohne Unterlass.
    Ich bog in die Kapelle ab, schritt leise bis zum Altar und kniete mich neben sie. Als sie mir einen erstaunten Blick zuwarf, lächelte ich freundlich. Ich hätte ihre Abreise feiern sollen, doch ich konnte nicht

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