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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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umhin, Mitgefühl mit den Menschen zu empfinden, die litten. Margaret Beaufort betrachtete mich eine Weile stumm, ehe sie nickte. Tränen schimmerten in ihren Augen.
    Natürlich dachte sie, dass ich Gott um seinen Segen für jene anflehte, die ich geliebt und verloren hatte. Sie konnte ja nicht wissen, dass ich hier war, um für die Seele ihres Sohnes zu beten.
    ~
    In Greenwich schaute ich von meinem Fenster hoch oben meinem Sohn zu, dem vierjährigen Harry, als er mit seiner Kinderfrau in der Sonne tollte. Der kräftige, heitere Junge mit dem rotgoldenen Haar, mein »göttlicher Prinz«, wie er oft genannt hatte, besaß wenig Ähnlichkeit mit dem Vater, dessen Namen er trug. Dennoch bereitete er mir Sorgen. Oft ertappte ich ihn dabei, wie ein hässlicher Ausdruck in seine Augen trat, wenn er Arthur ansah. Dieser Blick erinnerte mich an meinen Onkel Clarence.
    »Jeder sagt, dass Harry unserem Vater ähnelt. Stimmt das?«, fragte Kate, die zu mir ans Fenster kam. Ich raffte meine Röcke, um ihr Platz zu machen, und schaute sie liebevoll an. Sie war bei Papas Tod noch fast ein Säugling gewesen, wurde es aber nie leid, von ihm erzählt zu bekommen. »Das wird die Zeit zeigen«, antwortete ich leise.
    Kate drehte sich zum Fenster und guckte Harry zu, der einem Ball über den Rasen nachjagte. Ich widmete mich wieder meiner Stickarbeit. Kaum hatte ich einige Stiche gemacht, schrie Kate auf und sprang von der Fensterbank.
    »Komm lieber her und sieh dir das an!«, rief sie.
    Ich eilte zu ihr. Harry stand vor einem Gärtner und lachtelauthals. Die Kleidung und die Schaufel des Mannes lagen zu seinen Füßen, denn er hatte sich die Schuhe und sämtliche Kleider bis auf sein Unterhemd ausgezogen. Harry sagte etwas zu ihm, und sichtbar unfreiwillig legte der Gärtner auch noch sein Unterhemd ab, sodass er bis zur Hüfte entblößt war.
    »Himmelherrgott!«, entfuhr es mir.
    Ich rannte aus dem Zimmer, die Turmtreppen hinunter und hinaus auf den Rasen, vorbei an den Blumenbeeten zu Harry, der mit seiner Kinderfrau vor dem Gärtner stand. Der arme Bursche war rot bis zu den Haarwurzeln.
    »M-Myl-lord«, stammelte er. »Ich bitte Euch   ...«
    »Was geht hier vor?«, fragte ich atemlos.
    Der Mann sank auf ein Knie. »Seine Hoheit, Prinz Harry, verlangt, dass ich   ... ich   ...«
    »Zieh die Hose aus!«, lachte Henry.
    Nun war es an mir, tiefrot zu werden. Ich sah Harrys Kinderfrau an, damit sie mir erklärte, was mein Sohn da trieb.
    »Eure Hoheit, ich habe versucht, Lord Harry von solchen Befehlen abzubringen, doch er will nicht hören!«
    Ich blickte mein Kind an. »Dieses schamlose Betragen muss ein Ende haben, Harry. Diesmal musst du wahrlich bestraft werden. Bring ihn in mein Zimmer und schick nach dem Prügelknaben. Ziehen Sie sich an!«, sagte ich zu dem Gärtner.
    Der Prügelknabe erschien wenige Minuten später in meinen Gemächern. Er war ein hellhaariges, ängstliches Kind von vier Jahren, das wegen seiner Ähnlichkeit mit Harry ausgewählt worden war. Ich nickte, und der Junge musste sich vornüberbeugen. Der Waffenknecht entblößte den Hintern des Kleinen und nahm ein dickes Binsenbündel auf, das an einem Ende zusammengeschnürt war. Er schlug auf die zarte weiße Haut des Kindes. Der Junge schrie, und ich krümmte mich innerlich. Eins, zwei, drei Mal   ...
    Der kleine Bursche weinte und flehte, dass die Strafe genug sein möge. Harry sah aufmerksam zu. Ich fand die Tränen des Kleinen schwer zu ertragen, zwang mich jedoch, die Bestrafung durchzustehen. Als es endlich vorbei und der Knabe wieder auf den Beinen war, wandte ich mich an Harry.
    »Was hast du zu sagen?«, fragte ich.
    »Mehr!«, schrie Harry, zeigte auf den Jungen und lachte. »Mehr, mehr!«
    Ich war entsetzt, denn ich konnte solch einen Mangel an Mitgefühl nicht begreifen. »Lass ihn bei mir!«, sagte ich zu seiner Kinderfrau. »Und gib dem Prügelknaben Marzipan!«
    Dann kniete ich mich vor Harry und packte ihn bei den Schultern. »Das ist kein Spaß, Harry. Du bist ein Prinz, aber dein Benehmen war ganz und gar nicht edel. Es ist wichtig, dass ein Prinz anderen gegenüber Fürsorge und Respekt zeigt. Hast du das verstanden?«
    »Ich will spielen!«, heulte Harry. »Und ich will auch Marzipan!«
    »Du darfst für den Rest des Tages nicht mehr spielen, und du bekommst auch kein Marzipan. Du wirst hier bei mir sitzen und mit Master Giles lesen.« Auf mein Nicken hin ging der Waffenknecht Harrys Lehrer holen.
    »Nein, nein!«, kreischte Harry,

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