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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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entgehen, und dennoch waren wir hier. Thomas hatte mir versichert, dass König Richard meinen Bruder Edward nicht umgebracht hatte, er jedoch eines natürlichen Todes gestorben sein könnte. Aber was war mit Dickon?
    Ein weiterer königlicher Bote kam an meinem Geburtstag, dem elften Februar 1484, an dem ich achtzehn wurde. Meine Gedanken waren von Erinnerungen an meinen Vater und das sorglose Glück der Kindheit beherrscht, und ich war so wehmütig, dass ich mich kaum aufraffen konnte, die Tür zu öffnen. DerBote, der in König Richards graue und dunkelrote Farben gewandet war und dessen Keiler-Wappen auf seiner Tunika trug, verbeugte sich tief vor meiner Mutter.
    »König Richard lässt Euch grüßen, Dame Grey, und richtet aus, dass er bereit ist, Euch zu vergeben und einen öffentlichen Schwur zu leisten, Eure Würde wiederherzustellen, sofern Ihr Euer Exil aufgebt und Eure Töchter an den Hof bringt.«
    »Mir was zu vergeben?«, fragte sie streng. »Dass ich mir nahm, was unser ist? Niemals werde ich etwas von dem Mann annehmen, der meine Söhne meuchelte!«
    Sie kehrte ihm den Rücken zu.
    Sein Blick begegnete meinem, und beide schienen wir Kummer und Mitgefühl zu empfinden, als ich ihn hinausbegleitete. An der Tür drehte er sich zu mir, verneigte sich elegant und küsste meine Hand voller Ehrfurcht. Ich erkannte an der Art, wie er mich ansah, dass wir beide uns wünschten, die Dinge könnten anders sein   – auch ohne dass wir ein Wort sprachen.
    Der März hielt mit eisigem Wind Einzug, der Schneewirbel im Innenhof aufstob. Trotz der Kälte saßen im Nordgang viele Kleriker auf den Bänken an den Tischen und Bücherschränken, und im Westgang wuschen andere Wäsche. Das Geräusch von plätscherndem Wasser und die Stimmen des obersten Novizen, der seine Untergebenen anwies, erfüllten das Kloster wie gewöhnlich, und doch war etwas anders. Ich spürte es bis in mein Innerstes, deshalb stieg ich hinauf zur Fensterbank. Was ich dort sah, verschlug mir die Sprache. Von weit hinten im Kloster kam König Richard mit einem einzelnen einsamen Begleiter zu unserem Kapitelsaal.
    Köpfe reckten sich aus den binsenbestreuten Zellen, die er passierte, denn man hatte die Türen weit geöffnet, um Luft hineinzulassen. Im Ostgang, der zum Kapitelgebäude führte,trennte der König sich von seinem adligen Begleiter. Sogleich senkte sich Stille über das gesamte Kloster. Das letzte Mal, dass König Richard an unserem Zufluchtsort gewesen war, hatte er Dickon aus der Obhut meiner Mutter geholt. Und selbst da schickte er Erzbischof Bourchier und Lord Howard vor, anstatt persönlich vor uns zu erscheinen.
    Jetzt hingegen war er so nahe   ...
    »Was ist, Elizabeth?«, fragte meine Mutter. Sie saß am Tisch und nähte einen Saum. Ihre Finger in den halben Handschuhen bewegten sich sehr schnell.
    Draußen sprang der Wachoberste auf und stellte sich kerzengerade hin, bevor er sich wegdrehte, um unsere Tür zu entriegeln. Ich sah zu meiner Mutter. Alle starrten mich an, nur konnte ich kaum ein Wort über die Lippen bringen. »Der König kommt«, rief ich heiser und kletterte von der Fensterbank. »Der König kommt!«
    Wir hörten leises Stimmgemurmel vor der Tür, gefolgt von dem Klicken des Schlosses. Die Tür wurde aufgeworfen.
    Richard III . stand vor uns.
    In seinem aufwendig bestickten Wams aus silbernem und schwarzem Samt und dem goldenen Tuch, das er unter einem grauen Umhang mit sandfarbenem Besatz trug, sah er sehr königlich aus. Sein dunkles Haar war von einer Samtkappe bedeckt, an der eine Brosche aus Diamanten und Rubinen in Keilerform steckte.
    König Richards Blick streifte uns, die wir in der hintersten Ecke beisammenstanden. Ich hatte mich vor meine vier Schwestern gestellt. Dies also war das Monstrum, das meine Brüder ermordet hatte? War er gekommen, um uns zu ergreifen? Würde er uns töten? Wie sollten wir zu Tode kommen? Bridget war zu jung, um zu sterben   – erst vier   –, und Kate nicht viel älter. Ich hielt sie alle fest bei mir, denn sie waren starr vor Angst.
    Ich blickte ihn an, als er auf der Schwelle stand, und glaubte, ein Erröten zu bemerken. Aber es war kein zorniges Erröten, eher ein schamhaftes. Er wartete, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, ehe er sprach.
    »Dame Grey, ich möchte die Dinge zwischen uns richtigstellen«, sagte er.
    »Ach ja? Dann planst du, dich zu entleiben?« Die Worte waren schlangengleich gezischt, und ich sah meine Mutter verwirrt an. War sie mutig

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