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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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nachdem ich mich vergewissert hatte, dass uns keiner belauschte.
    Sie schloss die Augen, und als sie mich wieder ansah, wirkten sie ängstlich und voller Trauer. »Niemand weiß es, nicht einmal Richard   – zumindest nicht mit Gewissheit. Aber er hält Buckingham für verantwortlich. Während Richard fort war,erhielt er Nachricht von Buckinghams Revolte und Edwards Verschwinden. Einzig Richards enger Freund Sir Francis Lovell weiß, dass Dickon aus dem Tower geholt wurde und man ihn gegen den Jungen eines Dieners austauschte. Die Missetäter glauben also, sie hätten deine beiden Brüder, Elizabeth. Kein Wort davon zu irgendjemandem. Richard fürchtet, dass Buckingham Komplizen hat, die noch in der Nähe sind und ihr böses Werk vollenden, sobald sie die Chance bekommen. Hast du verstanden?«
    Ich bejahte stumm. Mir fiel wieder ein, wie Mutter Dickon beim Abschied ein Losungswort genannt hatte. Eines Tages, wenn sie sich wiedersahen, ganz gleich, wie viele Jahre vergingen und wie sehr er sich verändern mochte, würde sie ihn an diesem Wort wiedererkennen.
    Unsere Habe wurde von königlichen Dienern gepackt und in das Landhaus meiner Mutter in Hertfordshire gebracht. König Richard hatte ihr das Haus gegeben, und wir hatten die Wahl, mit meiner Mutter dort einzuziehen oder am Hof zu bleiben. Cecily und mir fiel die Entscheidung leicht, doch meine Mutter bestand darauf, dass Cecily mit ihr kam; sie behauptete, dass sie ihre Hilfe mit den Kleinen bräuchte. Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, wurde Cecily schrecklich wütend und gab mir die Schuld.
    Ich staunte, als ich in mein Gemach im Westminster Palace geführt wurde. Es fühlte sich wie ein Traum an: die edlen, geräumigen Palastzimmer, die reich gedeckten Tische, der glitzernde Schmuck, die Seide, der Damast und der Samt, in die die Höflinge gewandet waren. Die Bediensteten und Adligen waren ausgesprochen höflich zu mir und verneigten sich alle, um mich zu begrüßen. Und der Hof war eine einzige Farbenpracht.
    All das hatte ich längst vergessen.
    Königin Anne empfing mich im Vorzimmer ihrer Privatgemächer. Sie war hübsch und zierlich mit einem zarten Knochenbau und blassgolden schimmerndem Haar. Das Auffälligste an ihr jedoch waren die Augen, deren ungewöhnliches Blau beinahe wie Violett wirkte. Ich überragte sie deutlich, als wir uns umarmten, und wurde von einer Lavendelwolke umfangen.
    »Willkommen, Kind. Es freut uns mehr, als du dir vorstellen kannst, dich hier bei uns zu wissen.« Sie nahm meine Hand und geleitete mich zu einem Stuhl. »Bitte, setz dich ans Feuer, meine Liebe! Es ist kühl heute.« Sie blickte mich mit einem sanften Lächeln an. »Du bist sogar noch liebreizender, als ich dich in Erinnerung hatte. Deine Augen sind blau wie Saphire, und dein Haar gleicht gesponnenem Gold mit einem Hauch von Feuer, ganz wie meines, als ich jung war. Ohne Zweifel wirst du hier viele Verehrer finden, unter denen du dir den Gemahl aussuchen darfst, den du möchtest.« Dann fiel ihr Blick auf mein Kleid, und ihr Lächeln erstarb. Obwohl es eines meiner besten Kleider war, hatte es unter häufigem Tragen und den rauen Bedingungen im Kloster gelitten. Die Säume waren fleckig und ausgefranst. »Aber du brauchst neue Kleider. Werden drei fürs Erste genügen?«
    »Ihr seid zu freundlich, Euer Gnaden. Eines würde mich schon über die Maßen freuen«, antwortete ich schüchtern. Nach der langen Zeit im Kloster fühlte ich mich in dieser opulenten Umgebung recht unsicher. Zwar war ich in diesem Palast geboren und sollte an seine Reichtümer gewöhnt sein, doch ich hatte wahrlich gelernt, den Wert eines Shillings zu schätzen; und drei Kleider kosteten selbst für eine Königin ein Vermögen.
    Königin Anne lächelte strahlend. »Möchtest du meine Hofdame sein, Elizabeth?«
    »Es wäre mir eine Ehre, Euer Gnaden.«
    Beim Diner am ersten Abend wies sie mir den Platz neben sich auf der Empore zu, an der Seite von König Richards unehelicher Tochter Catherine, die von allen Cat genannt wurde. Die kurvenreiche Rothaarige mit den grünen Augen sah für ihre dreizehn Jahre schon sehr reif aus und war mit dem Earl of Huntingdon verlobt. Sie war vor Barnet gezeugt worden, als König Richard, damals Duke of Gloucester, in den Armen ihrer Mutter Trost gesucht hatte, weil Lady Anne Neville gezwungen worden war, Marguerite d’Anjous Sohn, Prinz Edward of Lancaster, zu heiraten. Richard hatte geglaubt, dass Lady Anne für ihn auf immer verloren wäre. Als ihr

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