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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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brachte.
    Ich war so selig, ihn zu sehen, als er in der ersten Oktoberwoche im Kloster an mir vorbeiging, dass ich innehielt und mich beinahe verraten hätte. Rasch fing ich mich wieder, ging weiter zum Abort und kehrte anschließend in den Kapitelsaal zurück.
    Zum Glück ließ der Regen bis zur Matutin nach und wich einem leichten Nieseln. Sobald alle schliefen, schlich ich mich hinaus, um Thomas am Teich zu treffen. Die Uhr schlug Mitternacht, als ich über das nasse Gras lief. Ich warf mich in Thomas’ Arme und fühlte jene honigsüße Wärme und Freude, die mich jedes Mal bei seiner Berührung überkam. Danach sahen wir einander an. Es war so vieles geschehen, über das wir beide reden wollten, dass wir zugleich sprachen.
    »Wie   ...«
    »Was   ...«
    Wir verstummten wieder.
    »Du zuerst, Elizabeth«, sagte er. »Wie viel hast du von den Dingen gehört, die sich ereignet haben?«
    Ich packte seinen Kragen, zog ihn näher zu mir und flüsterte: »Meine Brüder wurden ermordet, Thomas! Von König Richard, den du für einen ehrbaren Prinzen gehalten hast.«
    Er umklammerte meine Handgelenke. »Nein, das ist nicht wahr.«
    Ich sah ihn verwundert an.
    »König Richard hat niemanden ermordet, und deine Brüder sind nicht tot.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß es so genau, wie ich weiß, was ich denke. Dein Bruder Edward hatte eine Entzündung am Kiefer, die ihn vielleicht das Leben kostete, weil derlei oft fatal ist. Doch es kann niemand mit Gewissheit sagen, was mit ihm geschehen ist.«
    »Ich verstehe nicht. Wie kann das sein?«
    »Weil er aus dem Tower verschwunden ist.«
    »Verschwunden?«, fragte ich erschrocken.
    »Schhh, meine Liebe«, flüsterte Thomas und blickte sich um.
    Ich bedeckte meinen Mund mit einer Hand, um unbedachte Laute zu unterdrücken. Thomas nahm mich beim Arm und führte mich zu der Bank, wo wir uns hinsetzten und die Köpfe einander zuneigten.
    »Dein Bruder Richard ist ebenfalls verschwunden. Keiner weiß, was mit ihm passiert ist, aber man glaubt, dass er lebt.«
    Ich schloss die Augen und betete zu Gott, es möge stimmen. »Nun gut. Ich muss dir etwas erzählen, doch schwöre mir, dass du niemals weitergibst, was ich dir sage!«
    Thomas nickte ernst. »Ich schwöre.«
    »Du bist in großer Gefahr. Dein Cousin Buckingham ist zum Verräter geworden und führt eine Rebellion gegen König Richard an.«
    Mit Entsetzen stellte ich fest, dass es Thomas nicht neu war, denn lächelnd ergriff er meine Hand.
    »Meine liebe Prinzessin, Buckinghams Rebellion ist gescheitert, was vorrangig meinem Bruder Humphrey zu danken ist, denn er blockierte die Überwege über den Upper Severn von Wales und zerstörte die Brücken. Buckinghams Männer konnten sich nicht sammeln, und so lösten sich die Truppen auf. Er war gezwungen zu fliehen.«
    Ich starrte ihn entgeistert an. Demnach war König Richard nicht gestürzt. Meine Brüder waren nicht befreit. Aber Thomas war sicher. Mir kamen die Tränen. »Ich freue mich für dich, Thomas, doch ich ängstige mich um meine Brüder. Falls Dickon noch lebt, ist er nach wie vor gefangen und in Gefahr.«
    Eine Weile sagte Thomas nichts. Dann atmete er langsam aus. »Ja, es ist grausam. Wir leben in einer brutalen Welt«, raunte er schließlich.
    Dr. Lewis war es, der uns offiziell von Buckinghams fehlgeschlagener Rebellion berichtete. »Lady Margaret Beauforts Ländereien und Titel, sogar sie selbst wurde ihrem Gemahl, Lord Thomas Stanley, übergeben, als Strafe für ihre Beteiligung. Bischof Morton, der Priester Christopher Urswyck und Lady Margarets Halbbruder, Lord Welles, sind in die Bretagne zu ihrem Sohn geflohen, Henry Tudor, dem Earl of Richmond. Sir Reginald Bray wurde in den Kerker geworfen, doch zum Glück gab es wenige Hinrichtungen.«
    Bis Buckingham selbst, der sich im Norden versteckte, von einem Bediensteten verraten wurde. Man richtete ihn an Allerseelen hin, dem zweiten November.
    »Der zweite November«, heulte meine Mutter, die auf dem Boden saß, »der zweite November   ...«
    Der zweite November war der Geburtstag meines Bruders Edward. Er wäre dreizehn Jahre alt geworden.
    Ich sank auf einen Stuhl und neigte meinen Kopf in die Hände. Was für ein bizarrer Zufall! Der zweite November war sowohl ein Feiertag als auch ein Sonntag. An solchen Tagen fanden normalerweise keine Hinrichtungen statt, folglich musste Edwards Geburtstag absichtlich gewählt worden sein. Falls König Richard mit diesem Verstoß gegen die guten Sitten etwas

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