Elizabeth - Tochter der Rosen
verfluchten Lauscher!«
Ich fühlte, wie ich bis zu den Haarwurzeln errötete. Die Diener huschten verlegen nach draußen, und erst als wir allein waren, wandte meine Mutter sich wieder zu mir.
»Und was, bitte, kann ich tun?«, fragte ich verärgert.
»Wenn du ein bisschen Verstand hättest, müsste ich es dir nicht erklären. Du wüsstest von selbst, was nötig ist. Du würdest ins Bett steigen und deinen König lecken, bis er aufhört, auf seine Mutter zu hören, und stattdessen dir gehorcht.«
»Henry ist nicht mein Vater«, erwiderte ich frostig, weil ich angeekelt war. Falls ich jedoch beabsichtigte, sie zu beschämen, gelang es mir nicht.
»Alle Männer sind gleich, du Närrin! Sie alle wollen das Gleiche. Du könntest uns von dieser Hexe befreien, wenn du wolltest. Aber offenbar willst du nicht.«
»Ja, es ist meine Entscheidung. Henry ist meine Strafe, dein Geschenk an mich, Mutter.«
»Meine liebe Tochter, pass auf, dass dich deine Unterwürfigkeit nicht unsichtbar und bitter macht! So nützt du keinem. Du machst dich entbehrlich, und weißt du, was mit entbehrlichen Königlichen geschieht?«
Ich antwortete nicht auf ihre Frage, weil sie zu Furcht einflößend war. »Und deine Arroganz macht dich widerwärtig, Mutter.«
»Wenigstens werde ich keine vergessene Königin sein, denn ich war nie so hilflos wie du.«
»Fürwahr, du bist viel zu verhasst, als dass du jemals in Vergessenheit geraten könntest, Mutter. Ich habe nicht vor, in deine Fußstapfen zu treten. Mein Weg ist gewählt, und er ist ein gänzlich anderer als deiner. Ich entschied mich, demütig zu sein.«
»Das bist du gewiss. So ohnmächtig und demütig wie ein Bauer.«
»Ich mag ohnmächtig sein, aber ich habe eine Weisheit gewonnen, die du nie besessen hast. Gier ist die Wurzel allen Übels, und deine Gier war unser Niedergang, Mutter.«
»Wie kannst du nur so geistlos sein? Solch ein feiges Mäuschen, ohne jeden Ehrgeiz?«
Bei dem Wort »Ehrgeiz« packte mich eine derartige Wut, dass ich zu zittern begann. War es nicht der Ehrgeiz meiner Mutter gewesen, der mich in diese Lage gebracht hatte? »Ich brauche keinen! Du hast genug für uns alle«, schrie ich sie an. »Und jetzt lass mich allein!«
Sie stürmte aus dem Zimmer, sodass ihre Seidenröcke einem fernen Donnergrollen gleich raschelten. Ich blieb verzweifelt zurück. Wie sehr wünschte ich mir ihre Liebe, ihren Respekt, ihren Rat! Aber die würde ich niemals bekommen.
Am nächsten Tag erreichte mich die Nachricht, dass der Bischof von Worcester seine Predigt an Trinitatis mit der Verlesung einer päpstlichen Bulle beendet hatte, die meine Ehe mit Henry betraf. Er sandte mir eine Abschrift, und ich empfing seinen Boten im Painted Chamber. Wie immer war Margaret Beaufort an meiner Seite.
»In Ansehung der langjährigen blutigen Zwietracht zwischen den Häusern York und Lancaster« , las der Bote vor, »und mit Zustimmung unseres Kardinalskollegs erachten wir die Eheschließung zwischen König Henry VII. aus dem Hause Lancaster und der ehrenwerten Prinzessin Elizabeth aus dem Hause York als probate Grundsteinlegung eines neuen Königshauses ...«
Von Geburt an ist es mir bestimmt gewesen, mittels Heirat des Höchstbietenden für eine Allianz zu sorgen, dachte ich. Mein Zweck besteht darin, einen Erben zu gebären und ihm Brüder und Schwestern zu bescheren, die wiederum zugunsten von nützlichen Allianzen verkauft werden ...
»Des Weiteren bestätigt der Papst dies: Sollte es Gott gefallen, besagte Elizabeth zu sich zu rufen, bevor aus dieser Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen konnten, sollen die leiblichen Kinder König Henrys, die aus späterer Ehe hervorgehen, die Krone Englands erben.«
Das Kind in meinem Bauch trat. Und falls ich scheitere oder bei dem Versuch, einen Erben zu gebären, sterbe, nimmt eine andere meinen Platz ein, und es wäre, als hätte es mich nie gegeben.
Bitterkeit stieg in mir auf und drohte, mich zu ersticken. Ich dankte dem Boten des Bischofs so höflich, wie ich nur konnte, und verbarg hinter einem Lächeln, was in meinem Herzen vorging. Sobald er gegangen war, erbrach ich mich in eine vergoldete Schale.
KAPITEL 13
Eine Rose, sowohl rot als auch weiß · 1486
D OCH JEDEM KUMMER wohnt ein Hoffnungsschimmer inne.
Während die Monate dahinzogen, wuchs mein Bauch. Ich streichelte ihn Tag und Nacht und fragte mich, ob mein Kind ein Junge würde. Ein Sohn und König, der weise und gerecht über England herrschen konnte, wie Richard
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