Elizabeth - Tochter der Rosen
wirst.«
Henry stand mit dem Rücken zu mir, sodass ich nicht ahnen konnte, wie seine Antwort ausfiel, bis ich das breite Grinsen meiner Mutter sah. Sie verneigte sich und machte einen Knicks. Henry ging. Seinen Schritten gesellten sich die seiner Leibgarde zu und sorgten für ein donnerndes Hallen auf dem Gang. Bevor meine Mutter und ich noch ein Wort wechseln konnten, war Margaret Beaufort zurück vom Abort, und ich sah sie an.
Zunächst blieb sie in der Tür stehen und blickte abwechselnd mich und meine Mutter an. »Was ist eben geschehen?«
Mutter und ich wechselten einen Blick. Gott sei Dank für den Abort!, huschte es mir durch den Kopf.
»Nichts, Lady Margaret«, antwortete ich ermattet.
»Nichts«, bestätigte meine Mutter mit einem triumphierenden Blitzen in den Augen.
Henry war so stolz auf seinen Sohn, dass er sich in der Woche nach Arthurs Geburt kaum von meiner Seite rührte. Wir verbrachten viel Zeit damit, unser Kind zu bewundern. Artur war ein kräftiger Säugling mit dunklem Haar, hellen Augen und langen Fingern. Er trank viel, schlief ruhig und schrie wenig.
»Er wird ein Kriegerkönig«, murmelte ich. Wie Richard, ergänzte ich in Gedanken.
»Er wird keine Waffen brauchen, denn ich treibe alle seine Feinde aus dem Land«, entgegnete Henry.
Boten wurden ausgesandt, um die frohe Kunde im gesamten Königreich zu verbreiten. Auf den Straßen wurden Strohfeuer entzündet, und an jeder Ecke schenkte man Wein aus Fässern aus. Die Leute sangen, tranken und jubelten. Jeden Abend hörte ich sie feiern.
»Alles ist bestens vorbereitet für Prinz Arthurs Taufe in der Winchester-Kathedrale«, verkündete Margaret Beaufort, als sie eines Morgens in mein Gemach kam. »Die Arbeiten sind so gut wie abgeschlossen.«
»Und wie sieht es aus?«, fragte Henry abwesend, denn er himmelte Arthur an.
»Die Wände sind mit Gobelins behängt, und ich habe eine besondere Empore mit sieben Stufen bauen lassen, die mit rotem Teppich bedeckt ist. Das Taufbecken ist aus Silber und von feinem Leinen umkränzt. Über dem Becken hängt ein üppiger Baldachin von einer großen vergoldeten Kugel. Die Zeremonie wird ein funkelndes Ereignis, die einer neuen Dynastie würdig ist, mein Sohn.«
»Sehr eindrucksvoll«, murmelte Henry, während Arthur seinen Finger umfasste und entzückend gurrte.
Der Sonntag, der Tauftag meines Säuglings, begann mit Sonnenschein und lautem Vogelzwitschern.
»Das ist ein gutes Omen«, sagte Lucy Neville.
Lucy war die Nichte des verstorbenen Warwick. Heute war sie meine oberste Hofdame unter der Horde von dreißig, die von Margaret Beaufort ausgesucht worden waren, um mich Tag und Nacht zu bewachen. Ihr Vater, John Neville, Lord Montagu, war mit seinem Bruder bei Barnet gestorben, als sie für Lancaster gekämpft hatten. Allerdings hatte man entdeckt, dass er unter seiner Rüstung die Farben Yorks trug, weil er und seineFamilie immer Yorkisten gewesen waren und sich ohne die Feindseligkeit meiner Mutter niemals auf die andere Seite geschlagen hätten. Manch einer bei Hofe nannte ihn noch einen Verräter an Lancaster, und aus diesem Grunde hatte Lucy nur wenige Freunde. Sie war in meinen Haushalt gekommen, als ihr Gemahl in Bosworth für Henry gestorben war. Anfangs hielt ich sie für eine weitere Spionin, erkannte indes bald, dass ich ihr damit unrecht tat. Sie ging still ihren Pflichten nach und beteiligte sich nie an dem Klatsch und Tratsch meiner übrigen Damen. Gegenüber anderen, vor allem den Dienern und Mägden, war sie außerordentlich freundlich.
Ich streckte meine Hand zu König Richards Schwester Elizabeth, Duchess of Suffolk, aus, die eben eingetroffen war. Ihr Gemahl hatte nicht in Bosworth für Richard gekämpft, obwohl sein ältester Sohn Jack, Earl of Lincoln, dessen Erbe war. Jack hatte Henry um Begnadigung gebeten; deshalb waren Elizabeth und ihre vier Söhne an Henrys Hof willkommen. »Liebe Liza, wie geht es dir?«, fragte ich.
Liza lachte Arthur leise zu, der in eine dicke Hermelindecke mit Goldbesatz gewickelt war. Sie erinnerte mich an Richard, und ich hätte gern mit ihr geplaudert, doch meine Onkel, Edward und Richard Woodville, kamen herein, und ihnen folgten viele andere Gäste. Bald war der Raum erfüllt von höflichen Begrüßungen und Verbeugungen.
Fanfaren erklangen. »Jeder nimmt seinen Platz ein!«, rief Margaret Beaufort.
Alle begannen, sich in der großen Halle des Priors zu einem Prozessionszug aufzustellen.
»Wo ist John de Vere, Earl of Oxford?«,
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