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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Aber dieses Kind, Englands künftiger König, war das Einzige, was meinem Leben einen Sinn verlieh, mein einziger Grund, diese lieblose Existenz zu erdulden. Daher war ich nicht gewillt, klein beizugeben.
    »Soll ich von meinem Sohn ferngehalten werden?«, fragte ich erbost und trat näher auf sie zu. Obwohl ich selten wütend wurde und meist im Stillen litt, statt mich einer Konfrontation zu stellen, war mir dies hier zu wichtig, als dass ich es stumm hinnehmen könnte. Vor Wut zitterte ich am ganzen Leib.
    »Um seinetwillen musst du dich an meine Vorschriften halten.«
    »Er ist mein Sohn, und sollte dir an weiteren Enkeln von meinem Plantagenet-Blut gelegen sein, gehst du jetzt lieber beiseite.« Zwar hasste ich Streit, doch meine Geduld mit Henrys fürchterlicher Mutter war endgültig aufgebraucht. Ich spielte mit ihrer größten Furcht, denn solange es keine weiteren Kinder gab, hinge Henrys Dynastie an einem einzelnen Faden; folglich könnte sie genauso rasch enden wie Richards. Eine Weile stand sie stumm da. Dann trat sie beiseite und ließ mich durch. Ich schritt hinüber zur Wiege und nahm mein Kind auf den Arm. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Margaret Beaufort das Zimmer verließ.
    Ich bedeutete den Dienerinnen, dass sie gehen durften, und setzte mich hin. Meine Wange an seine geschmiegt, wiegte ichmeinen Säugling. »Du bist geboren, einst König zu sein, mein Kleiner«, flüsterte ich ihm zu, »und Könige müssen vieles lernen. Bald wird man dich mir fortnehmen, aber noch gehörst du mir. Mir bleibt nicht viel Zeit, dich Güte und Freundlichkeit zu lehren, dir beizubringen, ein sanfter Herr der Tiere zu sein, die du hältst, freundlich zu jenen zu sein, die dir dienen, und dein Bestes zu tun, um deine Pflicht zu erfüllen.«
    Ein Herr, wie König Richard es war.
    Eine Träne zitterte an meinem einen Lidrand. Im Geiste sah ich Richards trauriges, sanftes Gesicht. Er hatte versucht, die Armen zu verteidigen, doch indem er ihnen Gerechtigkeit geschenkt hatte, hatte er den mächtigen Adel gegen sich aufgebracht, der wiederum eine stete Bedrohung für ihn war. In den Rosenkriegen hatten sich die Adligen gegenseitig getötet, bis nur noch wenige übrig gewesen waren, die ihm Schwierigkeiten bereiteten. Ohne Zweifel schliefen sie nun alle schlecht, weil sie sahen, dass ihnen die Macht aus den Fingern und in Henrys Fäuste rann. Und Henry hatte von Anfang an erklärt, dass er das Gegenteil von dem zu tun gedachte, was Richard getan hatte. Schließlich hatte Rom tausend Jahre überdauert.
    Prompt zog ich eine Grimasse, denn Henrys erfundene Blutlinie war auf ihre lächerliche Art nicht ungefährlich. Auf einmal behauptete er, seine Familie bis zu Aeneas, dem Gründer Roms, zurückverfolgen zu können. Und die römischen Cäsaren hatten mit Schrecken und Tyrannei über ihr Reich geherrscht. Ja, Henry kannte die Geschichte und würde nicht den Fehler wiederholen, der seinen Vorgänger zu Fall gebracht hatte. Er würde ein Cäsar sein.
    Ich betrachtete das schlafende Kind in meinen Armen. Arthurs Kopf lag auf meiner Schulter, seine Arme waren ausgestreckt und seine winzigen Finger gespreizt. Ein Welle von Wärme spülte meine Verbitterung fort. Ich legte meinen Sohnin seine Wiege. Hier lag Englands zukünftiger König, mein Arthur, ein zweiter Artus, der ein goldenes Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einläuten würde, wie Richard es so gern erreicht hätte.
    Am Ende wird alles gut, dachte ich. Dieser kleine Schatz war mein großes Geschenk an England. Ich deckte ihn behutsam   zu.
    Schlaf, mein König Arthur, schlafe und werde stark, mein Liebling!
    ~
    Weihnachten bei Hofe war eine Aneinanderreihung eleganter Feierlichkeiten, und Henry sparte an nichts. Er wusste durchaus, wie wichtig es war, königliche Eleganz und Vornehmheit zu zeigen. Bei seinen Banketten mit über sechshundert Gästen wurden allein sechzig Sorten Konfekt zusätzlich zu den anderen Gängen aus Fasan und Schwan, Aal in Aspik, Turteltauben- und Lerchenpasteten serviert. Wir kleideten uns in purpurnem Samt mit Goldtuch- und Hermelinbesatz, schmückten uns mit Juwelen, goldenen Kronen und Halsbändern, die im Fackelschein glitzerten.
    Das Jahr 1487 begann mit pudrigem Schnee und viel Festlichkeit. Draußen erhellten hohe Strohfeuer die Straßen, und die Leute liefen auf der gefrorenen Themse Schlittschuh. Drinnen war alles vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung von Feiern, Messen, Spektakeln und Schauspielen erfüllt. Henry war von

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