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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Sieg und meine Erfüllung. Eines Tages wird er König sein, so Gott will; mehr brauche ich nicht, dachte ich.Plötzlich erschienen die Bilder meiner Brüder in meinem Kopf. Ich schloss die Augen und ergänzte: Gott, lass Henry leben, bis mein Kind das Mannesalter erreicht hat!
    Widerwillig gab ich mein Kind frei, denn es sollte ins Kinderzimmer gebracht werden, wo es von drei Ammen unter ärztlicher Aufsicht genährt und gewiegt werden würde. Zumindest muss ich mir um ihn keine Sorgen machen, überlegte ich. Freisassen und Knappen, die Arthur Treue geschworen hatten, würden seine Wiege jedes Mal schaukeln, wenn der Kleine zu schreien begann, und alles würde entsprechend den Anweisungen Margaret Beauforts geschehen. Überdies wachte sie an seiner Wiege, wo sie ihn vor allem Unheil beschützte   – ausgenommen einem von Gott gesandten.

KAPITEL 14
    Von Rosen und Dornen · 1486   –   1487
    H ENRY ÜBERRASCHTE MICH mit der Frage, wo ich meine Aussalbung haben wollte, war ich doch sicher, dass er mit seiner Mutter darüber entscheiden würde. Ich wählte Greenwich Palace.
    Der Palast stand am Ufer der Themse und hatte achteckige Türme mit neuen roten Ziegelmauern. Er war umgeben von smaragdgrünen Parks mit einer herrlichen Aussicht auf den Fluss. Durch seine eleganten Säulengänge mit den Terrakotta-Böden, auf denen das weiße Gänseblumen-Wappen von Marguerite d’Anjou prangte, hallten das sanfte Plätschern des Wassers und die Rufe der Vögel, die nach Fischen tauchten. Schon als Kind hatte ich diese Residenz am liebsten gemocht, und nun empfing sie mich mit Erinnerungen, bei denen mir warm ums Herz wurde. Über dieses Gras war Papa mit mir auf den Schultern gelaufen und hatte so getan, als wäre er mein Pferd, während ich ihm auf den Rücken klatschte, um ihn anzutreiben. Dort, unter der schattigen Ulme, hatte ich mit meinem Welpen Jolie gespielt und gelernt, auf meinem Zelter zu reiten.
    Hier in Greenwich waren der Lärm und der Gestank Londons weit entfernt und das Leben leichter. Ich musste mich nicht mit einem ummauerten Garten begnügen, und Margaret Beaufort überwachte mich ein bisschen weniger streng, weil sich hier niemand unbemerkt anschleichen könnte wie in Westminster. Vor allem ging es weniger zeremoniell zu. Die politischen Intrigenwaren weit entfernt, wie die gesamte Welt außerhalb Greenwichs. In dieser ruhigen Abgeschiedenheit frönten wir als Familie dem Müßiggang. Während Margaret Beaufort und meine Mutter über die Behandlung und Ernährung meines kleinen Prinzen zankten, Henry sich der Falknerei widmete, mit den Hunden zur Jagd ausritt oder Tennis spielte, wobei eine ausgestopfte Schweineblase als Ball diente, schlenderte ich durch die Parks. Hier gab es keine Erinnerungen an Richard, hatte er doch nie die Zeit für Greenwich gefunden. Als er König gewesen war, hatten ihn die zahlreichen Schwierigkeiten in den unheimlichen Korridoren von Westminster festgehalten. Sein Geburtstag am zweiten Oktober war dennoch ein trauriger Tag für mich. Ich schaute zum welkenden, fallenden Laub und dachte an ihn, der gefällt wurde in der Blüte seines Lebens.
    Ehe ich es begriff, hatte sich das Stundenglas abermals geleert, und die Grünflächen wurden vom ersten Novemberschnee weiß getüncht. Meine Aussalbung war vorüber, und wir zogen nach Westminster, wo wir Weihnachten feiern sollten.
    ~
    Wenn Margaret Beaufort nicht gerade mich bewachte, wachte sie über mein Kind. Sie bemühte sich, meine Zeit mit Arthur zu begrenzen und mir vorzuschreiben, wann ich ihn sehen durfte. Die Frau ist eine geborene Kerkermeisterin, dachte ich angewidert. Nach meiner rituellen Reinigung am sechzigsten Tag nach Arthurs Geburt nahm sie ihn mir fort. Nun sollte er fest in seinen Kinderzimmern wohnen. Einige Tage vor meiner Krönung ging ich zu ihm.
    »Um diese Zeit darf er nicht gestört werden«, verkündete Margaret Beaufort, sobald sie mich sah. »Er ist eben gefüttert worden und muss jetzt vier Stunden schlafen.«
    Ich blickte zu dem Arzt, den drei Ammen von Arthur und den beiden Damen, die sein Bettchen wiegten und nun an der Wand standen, um weitere Befehle zu erwarten. Dann schaute ich zu meinem Kind. Er gurrte vergnügt und zappelte mit seinen Ärmchen und Beinchen. Bei seinem Anblick schmolz ich dahin, und ich wusste, wenn ich mich nicht mit aller Kraft wehrte, würde Margaret Beaufort mich ebenso freudig meiner Mutterrechte berauben, wie sie es mit meinen Rechten als Königin bereits getan hatte.

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