Elizabeth - Tochter der Rosen
fragte Margaret Beaufort und blickte sich um. »Er soll Pate sein und hätte vor einer Stunde ankommen müssen.«
Sie schickte einen Pagen, der die Burg absuchen sollte, undlief unruhig auf und ab. Meine Mutter beäugte sie mit arroganter Häme. Als Margaret Beaufort erfahren hatte, dass Henry sie nicht als Patin wollte, hatte sie eine riesige Szene gemacht. Sie hatte ihrem Sohn vorgehalten, undankbar zu sein, und meiner Mutter, jedem der Schimpfnamen gerecht zu werden, mit denen sie beim englischen Volk verschrien war.
»Dich lieben sie auch nicht gerade«, hatte meine Mutter gekontert, »meine teure Thronräuberkönigin. Wenigstens kann keiner leugnen, dass ich eine echte Königin bin.«
Ich hatte mein Gesicht vor den beiden verborgen, denn ich musste unwillkürlich schmunzeln.
Einer der Leibdiener erschien mit einem Boten des Earl of Oxford. Der Mann trat ein und schritt auf Henry zu.
»Sire, der Earl of Oxford wurde von der unerwarteten Geburt des Prinzen einen Monat früher als gedacht überrascht. Er ist auf dem Weg von seinen Ländereien im Westen und hofft, in Bälde hier zu sein. Er bittet Euch, die Zeremonie zu verschieben und auf ihn zu warten.«
Henry lehnte an einem hohen vergoldeten Stuhl und betrachtete den Mann eine Weile nachdenklich. Oxford war neben William Stanley der Hauptgrund, weshalb Henry in Bosworth hatte siegen können, hatte aber bislang noch keine Belohnung für seine Dienste erhalten. Henry wollte seinen Unterstützern keine Titel oder Vermögen schenken, weil es für ihn einer Schmälerung seines Besitzes gleichkam. Dass Oxford die Ehre zuteilwurde, Arthurs Pate zu sein, sollte ihn sehr lange zufriedenstellen.
Schließlich nickte Henry. »Wir schieben die Feier so lange auf, wie es uns möglich ist.«
Alle vertrieben sich die Zeit, so gut sie konnten, spielten Karten, würfelten oder lasen. Eine Stunde verging, zwei, dann drei. Die Leute wurden unruhig. Die Damen fächelten sich Luftzu, die Herren lockerten ihre Kragen, denn es war ein warmer Tag; die Juwelen und feinen Roben wurden ihnen allmählich zu schwer.
»Wir haben lange genug gewartet«, entschied Henry. Er wandte sich zu seinem Stiefvater, seit Neuestem Earl of Derby. »Lord Stanley, würdest du mir die Ehre erweisen, Pate unseres Erstgeborenen, Prinz Arthur, zu sein?«
Stanley verneigte sich tief und stellte sich neben meiner Mutter auf. Die anderen reihten sich hinter ihnen ein. Meine Schwester Anne war von Rittern flankiert und trug das Chrisam, und hinter ihr ging Cecily, die meinen kleinen Prinzen in den Armen hielt. Sie schritten unter Fanfarenklang aus dem Raum.
Ich ging zum Fenster, um einen Blick auf sie zu erhaschen, als sie den Hof überquerten. Dort gesellten sich Henrys Waffenknechte, Knappen, Edelmänner und Freisassen der Leibgarde zu ihnen. Jeder von ihnen trug eine unentzündete Fackel. Leider wurde ich rasch müde und kehrte wieder ins Bett zurück.
Nach der Taufe war meine Schwester Anne als Erste bei mir.
»Lady Margaret hat wieder geweint und beinahe die Zeremonie ruiniert«, flüsterte sie, ehe sie mit normal lauter Stimme weitersprach: »Doch alles verlief gut. Stanley begleitete unsere Mutter nach vorn, wo Arthur getauft wurde. Sie entzündeten die Fackeln, und es wurden geistliche Lieder gesungen. Dann erschien Oxford und nahm Stanleys Platz ein. Er hielt den Prinzen, als der Bischof von Exeter ihn taufte. Und wir sangen ein Te Deum. « Anne senkte ihre Stimme wieder. »Mutter vermisste Dorset, doch sie war stolz, dass sie den Vorrang vor Lady Margaret hatte.«
Ich nickte traurig. Mein Bruder Dorset war an Henrys Hof nicht willkommen.
Trompeten schmetterten, und die Freisassen kamen mit ihrenbrennenden Fackeln herein. Anne trat beiseite, damit Cecily mir mein Kind in die Arme legen konnte. Arthur bekam Geschenke von seinen Paten: Meine Mutter schenkte ihm einen goldenen Becher und Oxford ein Paar vergoldete Schälchen. Von Margaret Beauforts Gemahl, Stanley, erhielt er ein Salznäpfchen aus Gold. Meine Mutter strahlte vor Freude. Sie hatte nicht nur über die Mutter des Königs gesiegt, sondern Arthurs Geburt festigte auch ihre Stellung. Überdies hatte Henry Verhandlungen aufgenommen, sie mit König James III . von Schottland zu vermählen. Sie beugte sich dicht zu mir.
»Als Nächstes kommt deine Krönung«, flüsterte sie mir zu. »Und danach meine königliche Hochzeit.«
Ich blickte hinab zu meinem Säugling. In seinen winzigen Fingern und dem kleinen Mund sah ich meinen eigenen
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