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Elke, der Schlingel

Elke, der Schlingel

Titel: Elke, der Schlingel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Gündel
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„ernstes“ Gedicht, bei
dem die Zuhörer schließlich dasaßen und — sich vor Lachen bogen.
    Das hing so zusammen: Der Vater von
Liselotte Rhode hatte das berühmte „Lied vom braven Mann“ in ein „Lied vom
braven Kinde“ umgedichtet. Als Liselotte damit ankam, war Fräulein Weber heilfroh
gewesen, es zurückweisen zu können, weil es mit seinen fünfundzwanzig Strophen
viel zu lang sei. Aber sie hatte nicht mit Papa Rhodes Beharrlichkeit
gerechnet. Sofort am nächsten Tag brachte Liselotte ein Gedicht, das „nur“
vierzehn Strophen umfaßte, und die Klasse war begeistert von diesem neuen
Gedicht, denn es pries Elke ganz im alten Stil als holde Retterin,
Heldenjungfrau, blonde Schöne und was dergleichen hochtrabende Ausdrücke mehr
waren, da Vater Rhode sich bemüht hatte, dem altertümlichen Charakter des
ursprünglichen Gedichtes nahe zu bleiben. Guter Rat war teuer für Fräulein
Weber. Vater Rhode war, wie sie von anderen Erfahrungen her wußte, nicht nur
ein hartnäckiger, sondern auch ein leicht gekränkter Mann, und es war nicht
abzusehen, was geschah, wenn sie das Gedicht zurückwies. Also schön — es wurde
in die Festfolge aufgenommen, nur sollte sich die Klasse nicht wundern, wenn
die Gäste lachten, warnte Fräulein Weber. Liselotte, das kleine Dummchen,
erklärte, sich nichts daraus zu machen, wenn die Leute lachten, während sie
aufsagte.
    Und nun schnurrt eine überschwengliche
Strophe nach der anderen ab. Liselotte, die kleine Schwarzhaarige mit dem
kugelrunden Gesicht, deklamiert unentwegt, während die Zuhörer sich halb krank
lachen. Elkes Bruder Ulf lacht so furchtbar, daß ihm die Tränen über die Backen
laufen.
    Natürlich wird zum Schluß sehr
geklatscht, schon allein deswegen, weil alle froh sind, daß die rührselige
Geschichte endlich zu Ende ist. Liselotte macht ihren Dankesknicks und freut
sich, daß sie kein einziges Mal steckengeblieben ist.
    Und dann folgte etwas Wunderhübsches:
ein Blumenreigen. Elf Mädchen kamen wie Schmetterlinge so leicht dahergetanzt,
und sie trugen Kleider, die Frühlingsblumen nachgebildet waren,
Schneeglöckchen, Primeln, Veilchen und Narzissen. Reizend! Aber eine der
kleinen Tänzerinnen hatte ein einfarbig grünes Kleid an, und an Stelle von
Blumen trug sie einen Kranz aus dunkelgrünen Blättern im Haar. Sie sah neben
ihren hell und bunt gekleideten Blumenschwestern fast wie ein kleines
Aschenputtel aus, war aber dennoch die Wichtigste in dem ganzen Tanz. Sie mußte
am Schluß ihren Blätterkranz vom Kopf nehmen und ihn Elke reichen.
    Es war ein ganz besonderer Kranz — ein
Lorbeerkranz! Ausgedacht hatte Ingeborg Detlefs sich das.
    „Donnerwetter!“ staunte Elke, bekam
aber für diesen Kraftausdruck einen zurechtweisenden kleinen Puff von ihrer
Mutter und verbesserte sich deshalb sofort. „Schick! Lorbeer! Wird übers Bett
gehängt!“
    „Du willst wohl mit Greta Garbo in
Wettbewerb treten!“ neckte Jens.
    Elke konnte zufrieden sein. Die Klasse
hatte sich viel Mühe gegeben, sie zu erfreuen. Lieder, Gedichte, Klavierspiel,
ein Reigen, ein Lorbeerkranz — Großartigeres hätte sie sich ja kaum erträumen
können. Und dabei sollte das Beste erst noch kommen, das Theaterstück, in dem
Ali auf trat!
    Elke dachte auf einmal an ihren Onkel
und stand auf und sah sich im Saale um. Er war noch immer nicht da. Schade! Er
hatte Hunde auch so gern. Sicher würde er sich darüber gefreut haben, Ali
mitspielen zu sehen!
    Es war eine lustige Geschichte, die
sich jetzt auf der Bühne abzuspielen begann:
    Zwei dicke Scheuerfrauen mit Besen,
Wischtüchern und Eimern waren damit beschäftigt, einen Klassenraum sauber zu
machen, den Klassenraum der Sexta. Sie unterhielten sich natürlich bei ihrer
Arbeit, und alle Streiche und kleinen Dummheiten der Sextanerinnen schienen sie
genau zu kennen. Sie nannten niemand mit Namen, aber trotzdem erkannten sie
sich alle wieder, die kleinen Sünder, die je einmal Tische und Bänke mit Kreide
beschmiert oder einen Wecker hatten ablaufen lassen, die einer Kameradin die
Mantelärmel zugenäht oder die Brottasche voll Wasser gefüllt hatten und gar
die, die ihre Mütze gesucht hatten, obgleich sie sie schon auf dem Kopf hatten!
Natürlich wurde auch Elkes Gemälde vom Stummelschwänzchen in dem Gespräch der
beiden Klatschbasen nicht vergessen.
    Und nun sanken die Frauen erschöpft
auf einer Schulbank nieder, sie waren ganz außer Atem geraten von ihrem —
vielen Schwatzen. „Ach, wenn es doch Heinzelmännchen gäbe,

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