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Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Gündel
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Gesicht und zu seinem braunen, gewellten Haar. Er
sah alles andere als „verheerend“ aus.
    Armer Achim!
    Dazu kam noch, daß sich jetzt niemand
mehr um den Jungen kümmerte. Auch Gisela erschien und begrüßte den Gast, und da
dieser in seiner lebhaften Art alles, was er beim Eintritt ins Haus besonders
hübsch fand, offen bewunderte, wurde erst einmal ein Rundgang durch alle Räume
angetreten.
    „Und das ist nun unser berühmter
Silberteich!“ erklärte Ulf an dem ersten Fenster, das einen Ausblick auf den
hübschen See bot. „Eine rechte Pfütze, werden Sie denken!“
    „Sie meinen, weil ich. vom Genfer See
komme?“ fragte Falkner. „O nein! Wenn ich auch in unmittelbarer Nähe des
Montblanc wohne, Ihr sechsundneunzig Meter hoher, kleiner Süllberg gefällt mir
trotzdem.“
    „Verzeihung, ich nehme alles zurück“,
lächelte Ulf.
    „Bitte“, erwiderte der Doktor und
lächelte ebenfalls.
    „Wie kommt es, daß Sie den Süllberg
schon kennen?“ fragte Elke jetzt. „Wann sind Sie denn in Hamburg angekommen?“
    „Vor drei Tagen.“
    „Vor drei Tagen schon? Aber das ist
doch nicht recht! Warum sind Sie nicht gleich zu uns gekommen?“ erwiderte Elke
vorwurfsvoll.
    Falkner hatte seinen Spaß. Elke war
noch genau so geradeweg wie vor zwei Jahren!
    Er lachte und sagte: „Ich hab’ mich
nicht getraut, gleich zu kommen!“
    „Das ist nicht wahr!“ widersprach
Elke, und Gisela sah mißbilligend zu ihr hinüber. So redete man doch nicht mit
einem Gast!
    Falkner erwiderte: „Nein, es ist auch
nicht wahr. Ich hab’ mir vorher nur gern in aller Ruhe ein bißchen Land und
Leute ansehen wollen.“
    „Ach so!“ meinte Elke einverstanden.
    Und gleich nach dem Abendessen dann,
das übrigens zu Ulfs vollster Zufriedenheit ausfiel, denn es gab Huhn mit Reis
und Spargel und danach ausgezeichnete gedünstete Früchte, wollte Falkner das
„Tirolerhäuschen“ sehen.
    „Wie finden Sie es?“ fragte Elke.
    Falkner schmunzelte. „Ich freue mich
darüber, daß mein schönes Heimatland einen so guten Eindruck hinterlassen hat,
daß hier eine sichtbare Erinnerung stehen sollte!“ sagte er.
    Elke aber verstand, was diese
ausweichende Antwort bedeuten sollte und gab zu, daß das Häuschen nur sehr
entfernt an die Tiroler Bauweise erinnerte, und die Möbel drin, die seien ja
überhaupt alle niederdeutsch —.
    Es wollte Falkner jetzt fast leid tun, daß er nicht einfach gesagt hatte, daß er das
Häuschen sehr echt fände. Aber nein — es war doch gut, daß er es nicht getan
hatte. Elke war ihm zu . lieb, als daß er ihr etwas
sagen mochte, was er nicht wirklich so meinte.
    Es fiel Elke jetzt auf, daß Doktor
Falkner sie nur ein einziges Mal, vorhin bei der Begrüßung, „du“ genannt hatte.
Seitdem schien er eine Anrede zu vermeiden. Bei Tisch hatte er mehrere Male
etwas auf Englisch zu ihr gesagt, wo es den Unterschied zwischen „du“ und „Sie“
ja nicht gibt. Ja, und jetzt eben hatte er ganz deutlich „Sie“ zu ihr gesagt.
    Eigentlich schade! fand sie.
    Doktor Falkner hatte sich natürlich
von vornherein vorgenommen, die jetzt fünfzehnjährige Elke als junge Dame zu
behandeln, aber als er sie dann bei seiner Ankunft genau so jung und vergnügt
wie damals in den Bergen vor sich hatte stehen sehen, da hatte er es einfach
vergessen, sie mit „Sie“ anzureden. Das mußte er jetzt wieder einrenken. Es war
ja auch durchaus nicht so, daß Elke nicht wirklich älter geworden wäre. Ihre
ganze Gestalt war erwachsener als vor zwei Jahren, und ihr Gesicht war
gereifter.
    Ulf schlug jetzt eine abendliche
Bootfahrt vor. Ein klarer Tag war zur Ruhe gegangen, und im Westen, über einem
Saum von Buchenhochwald, verglomm sein letztes Licht in roten und gelben
Farbstreifen. Der Osthimmel spiegelte den westlichen Schein in matteren rosa
Tönen wider. Der Silberteich machte seinem Namen zu dieser Stunde wirklich Ehre
— perlmuttrig silbergrau lag er still da, nur hier und dort rosig überhaucht.
    Ulf und Achim paddelten, und Elke,
Gisela und Doktor Falkner lagen in den bunten Kissen des Bootsgrundes.
    „Wie schade, daß Sie Ihre
Ziehharmonika nicht mitgebracht haben!“ sagte Elke zu Doktor Falkner.
    Der sah lächelnd hin über das
dunkelnde Wasser mit seinen Gartenufern, deren alte Bäume ihre Äste bis tief
herab auf den See neigten, und antwortete: „Ja, ich hätte meine Ziehharmonika
mitnehmen sollen!“
    Dann wurde eine längere Weile
geschwiegen. Da und dort klang Lachen aus den Gärten herüber und das Gebell

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