Elke und ihr Garten
war der große Tag für Fränzi
und ihren Heinrich da!
Heinrichs Verwandte waren beliebte und
angesehene Leute im Alten Lande, und über fünfhundert Personen wurden zu der
Hochzeit erwartet.
Herr Wendel kam mit Achim und Elke
gegen zwei Uhr in Heinrichs Heimatdorf an. Der große Tanzsaal des Gasthauses
„Zur Friedenseiche“, wo die Hochzeit gefeiert werden sollte, war schon gedrängt
voll. Natürlich wurden unsere drei Ankömmlinge aufs freundlichste begrüßt, und
Elke kam mit ein paar jungen Mädchen rasch ins Gespräch. Auch Achim gab sich
Mühe, schnell Anschluß zu finden, aber ihm war es nicht so wie Elke gegeben,
sich frei und natürlich zu bewegen. Man merkte ihm an, daß er freundlich sein
wollte, und das stieß erst einmal auf eine gewisse Zurückhaltung. Gut, daß er
seinen Vater bei sich hatte. Der sprach plattdeutsch mit allen, und wo er
hinkam, wurde bald vergnügt gelacht.
Die Hochzeitsgäste stießen sich
gegenseitig an und raunten sich zu, daß Heinrich Bartels wirklich von Glück
sagen könnte, einen solchen netten Brotherrn wie Herrn Wendel zu haben.
An dem einen Ende des langen, mit
Papiergirlanden behängten Saales befand sich der mit Blumen geschmückte
Trautisch. Vor ihm stand ein Lehnstuhl, der für den Pastor bestimmt war. Die
Trauung mußte hier im Saale stattfinden, weil die Kirche dafür zu klein war.
Die Festgäste wurden nun aufgefordert,
Platz zu nehmen. Achim und Elke wurden von Klaus Bartels, dem Bruder des
Bräutigams, persönlich an ihren Platz an einem der langen schmalen Tische
geführt. Sie hätten sich kein Eßbesteck mitzubringen brauchen, denn bei ihrem
Suppenteller lag bereits eins. Aber Elke lachte und gab Klaus ihres zurück. Sie
wollte es gern nicht anders haben als die andern auch. Sie nahm ihren
mitgebrachten Löffel, das Messer und die Gabel aus ihrer Handtasche, wischte
sie ab, genau so, wie die andern das auch taten, und legte sie zu ihrem Teller.
An den Wänden und zwischen den Türen
standen viele Leute. Das waren die, für die draußen in der großen Diele zum
Essen gedeckt worden war, weil der Saal schon ganz gefüllt war. Die waren jetzt
in den Saal hereingekommen, um die Trauungsfeierlichkeiten mitzuerleben.
Elke und Achim saßen einander schräg
gegenüber an dem Tisch, an dem später auch das Brautpaar Platz nehmen würde. In
Altenländer Tracht waren von den Gästen nur einige ältere Männer, alle anderen
waren städtisch angezogen. Die städtischen Kleider standen vielen herzlich
schlecht, und Elke fand jetzt, daß Achim wirklich recht gehabt hatte: es war
schade, daß Trachtentragen abgekommen war. Hoffentlich wurde das mal wieder
anders!
Jetzt trat verhältnismäßige Ruhe ein.
Der weißhaarige Pastor war im Saal erschienen, und er wurde nach altem Brauche
von Klaus Bartels gebeten, die Einsegnung von seinem Bruder Heinrich und dessen
Braut Franziska Hahn vorzunehmen.
Kurz danach erschien das Brautpaar.
Heinrich im langen schwarzen Rock und Fränzi im weißen Kleid und mit
Myrtenkranz und Schleier. Sie war eine reizende Braut. Ihre runden Wangen
glühten, und ihre Augen strahlten, als wenn sie sagen wollte: „Nun sieh doch
bloß mal einer an, was ich für eine Hochzeit habe!“
Viele im Saale standen auf, um die
Brautleute und die sechs Brautjungfern und Brautführer besser sehen zu können,
und die allgemeine Unterhaltung lebte dabei wieder auf. Aber da wurde vom
Hochzeitsbitter, der vorher auf allen Höfen zur Teilnahme an diesem Fest
eingeladen hatte und heute der Mann der Ordnung war, energisch Ruhe verlangt.
Vor allem sollten die vielen Kinder ruhiger werden und die mitgebrachten Hunde
aus dem Saal entfernt werden.
Nach Absingen eines Chorals und nach
einer kurzen Predigt fand die feierliche Einsegnung statt.
Und dann wurde das Essen aufgetragen:
die von Eike mit Spannung erwartete Suppe von einem ganzen Ochsen. Im Nu hatte
jeder einen tüchtigen Teller vor sich stehen. Achim sah streng zu Elke hinüber:
„Nun zier dich nicht, sondern iß deinen Teller schön leer!“ sagte dieser Blick.
Laute Blasmusik setzte ein und
übertönte das Klappern der Löffel. Es war jetzt fast drei Uhr geworden, und
alle waren sehr hungrig. Elke nippte zuerst an ihrer Suppe, aber nach dieser
ersten, vorsichtigen Probe fand sie sie ausgezeichnet und aß tüchtig drauflos.
Achim hingegen —.
Ach, der unglückliche Achim! Er hatte
das Pech, daß gleich die erste Zwetsche, die er aus seiner Suppe herausfischte,
wurmig war. Jeder weiß, was für ein
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