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Elke versteht das

Titel: Elke versteht das Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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Zumutung?«
    Elkes Chef hatte es wirklich nicht leicht. »Das ist heute in vielen Firmen so üblich. Die Chefs haben alle Hände voll zu tun.
     Normalerweise können die Untergebenen sich selbst ja auch viel besser und fairer beurteilen. Die Vorgesetzten sind oft etwas
     einseitig.«
    »Aber wie schreibt man sich ein Zeugnis selbst?« Elke war fast ein bisschen verzweifelt.
    Nun – da war Schmalenbach gefragt. Schließlich war er der Werbetexter in der Familie. »Mach dir mal keine Sorgen! Ich schreibe
     dir dein Zeugnis.« Zum ersten Mal seit dem Weggang ihrer Kollegin lächelte Elke.
    Die Sache erwies sich als schwierig. Obwohl es Schmalenbachs tägliches Brot war, alles Mögliche gut aussehen zu lassen, tat
     er sich schwer, Elkes fachliche Vorzüge herauszuarbeiten. Dennoch gelang ihm ein ansehnliches Zeugnis. Elke hätte damit sicher
     auch eine neue Anstellung gefunden. Aber darum ging es ja nicht. Es ging um ihr Selbstwertgefühl.
    Elke las ihr Zeugnis – und begann zu schluchzen. »Ich wusste ja gar nicht, was mein Chef an mir hat«, sagte sie gerührt und
     bedankte sich überschwänglich. »Meinst du, das ist der rechte Moment, auch gleich um eine Gehaltserhöhung zu bitten?«
    »Ich würde sagen: Eines nach dem anderen. Wenn erst einmal das Zeugnis ausgestellt ist, kannst du sicher auch nach einigen
     Wochen wegen einer Gehaltserhöhung vorstellig werden. Beides gleichzeitig zu machen, halte ich füretwas überzogen – wo doch in deinem Zeugnis steht, dass du eine äußerst verständnisvolle und loyale Mitarbeiterin bist, die
     niemals vernünftige Grenzen überschreitet.«
    »Wo steht das?«
    Schmalenbach zeigte es ihr. Sie las leise und nickte. »Und du meinst, das lässt sich nicht mehr ändern?«
    »Ich bitte dich: Ein Zeugnis ist ein Dokument. Da kann man nicht nach Belieben dran rumfummeln.«
    »Stimmt. Zumal sich diese Passage besonders gut anhört.«
    Elke ging also mit dem Zeugnis zu ihrem Chef und bekam prompt dessen Unterschrift. Sie war überglücklich. »Ein solches Zeugnis
     hat nicht mal meine ehemalige Kollegin mit auf den Weg bekommen. Ich überlege, ob ich mich damit nicht irgendwo anders bewerben
     soll.«
    Von dieser Idee war Schmalenbach überhaupt nicht begeistert. Warum ohne Not einen Wechsel? In diesen unsicheren Zeiten. Doch
     Elke wollte von seinen ausgewogenen und reifen Argumenten nichts hören. Sie pochte auf ihr Zeugnis. »Vielleicht solltest du
     es einfach mal aufmerksam lesen. Hier zum Beispiel: Sie zeigt Eigeninitiative, ist zuverlässig, immer pünktlich und fleißig.
     Wo findet man heute noch solche Angestellte?«
    Schmalenbach winkte ab. »Das steht doch in jedem Zeugnis. Wenn du all das nicht wärst, hätten sie dich längst gefeuert.«
    Elke wurde immer lauter. »Und was ist das hier? Sie arbeitet selbstständig und ist gewohnt, auch anspruchsvolle Projekte eigenverantwortlich
     abzuwickeln. Das ist doch eher das Profil eines Vorstandsmitglieds als einer Sachbearbeiterin.«
    »Elke, ich bitte dich: Das sind Floskeln.«
    Sie wurde wütend. »Kann es sein, dass du mir den Erfolg nicht gönnst? Von dir habe ich bis heute noch kein Zeugnis gesehen,
     das an meines heranreicht, Schmalenbach.« Musste sie immer gleich so verletzend werden? Nur weil sie ein – zugegeben – recht
     gutes Zeugnis in der Hand hatte. »Dir ist aber schon klar, dass in diesen Zeugnissen verschlüsselte Informationen der Arbeitgeber
     stehen?«
    »Wie bitte?!«
    Schmalenbach nahm ihr das Zeugnis aus der Hand. »Hier zum Beispiel: Sie pflegt ein kollegiales Verhältnis zu allen unseren
     Mitarbeitern.«
    »Na und? Alle mögen mich, und ich setze mich für sie ein.«
    »Für einen erfahrenen Chef heißt das: Sie hetzt die Leute auf. Oder nehmen wir nur mal diese Passage: Sie ist ein geselliger
     Mensch und reißt mit ihrer guten Laune alle mit.«
    »Ja – ich bin eben nicht so ein Miesepeter wie du.«
    »Ich will dir sagen, was dieser verschlüsselte Satz heißt: Sie feiert gerne, trinkt einen über den Durst und stört dann den
     Betriebsfrieden.«
    Elke riss ihm das Zeugnis aus der Hand. »Eine Unverschämtheit. Wie kommst du darauf, so etwas in mein Zeugnis zu schreiben?«
    Schmalenbach wurde ärgerlich. »Hat dein Chef das Zeugnis unterschrieben oder nicht? Der wird schon wissen, wie er seine Mitarbeiter
     zu beurteilen hat.«
    »Weißt du, was ich von diesem Zeugnis halte?«, fuhr Elke ihn an. »Ich werde es dir zeigen.« Elke zerriss ihr Zeugnis.
    Schmalenbach blickte traurig auf die

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