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Elke versteht das

Titel: Elke versteht das Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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einem Strohhalm.«
    Sie lachte. »Aber das gibt’s doch nur in alten Filmen. In Wirklichkeit macht das keiner mehr. Möchtest du ein Glas Sojamilch?«
    Sojamilch? Igitt. Elke schleppte das Zeug neuerdings tonnenweise an – angeblich enthielt es im Gegensatz zu normaler Milch
     kein Cholesterin. Wenn diese dickflüssige Sojamilch nicht der Grund dafür war, dass soeben passiert war, was passiert war   …
    »Elke!«
    »Jaaaa?«
    »Legst du dich ein wenig zu mir?«
    »Warum nicht?«, sagte sie und tat es. So lagen sie nun nebeneinander. Zwei einsame Königskinder. »Und jetzt?«, fragte sie.
    Schmalenbach begann sie zu streicheln.
    »Ach so«, sagte sie. Einfacher machte sie es ihm dadurch nicht.
    Schmalenbach gab sich alle Mühe, aber die richtige Stimmung wollte sich nicht einstellen. Irgendwie war der Tag verdorben.
     »Soll ICH uns einen Drink machen?«, fragte er.
    »Um diese Zeit?«
    Doch er war schon auf und rannte in die Küche. Ihm war klar, dass er mit dieser Aktion nur davon ablenken wollte, dass sie
     kurz davor waren, wieder so etwas zu erleben wie zuvor.
    Aber was sprach gegen einen Drink?
    Etwas sprach dagegen: Es fehlte einfach alles, was man zu einem Drink benötigte. Weder gab es im Kühlschrank Sodawasser, noch
     fand sich auf der Anrichte eine Flasche Likör oder eine harte Spirituose. Das Einzige, was in rauen Mengen vorhanden war,
     war – Sojamilch. Mit einem Schuss Wodka hätte ein erfahrener Barmixer selbst daraus einen anregenden Drink zaubern können.
     Aber in der Wodkaflasche fand sich nicht mal mehr ein Bodensatz. Es war zum Verzweifeln.
    »Bring mir bitte einen Schluck Sojamilch mit!«, rief Elke aus dem Schlafzimmer.
    Es blieb ihm nichts anderes übrig: Er tat es. Sie trank das Glas in einem Zug aus. Dann schnalzte sie mit der Zunge. »Das
     würde auch dir guttun«, sagte sie.
    Wenn sie damit meinte, Sojamilch wäre gut für seine Männlichkeit, so konnte sie Schmalenbach nur Leid tun.
    »Auf mich jedenfalls wirkt Sojamilch aphrodisiakisch«, behauptete sie dreist und räkelte sich auf dem Bett. »Komm mal her!«
    So stellte sie sich das also vor. Er war doch kein Zuchthengst. Er brauchte etwas Finesse – und einen Drink. Aber beides war
     bei ihr ja nicht zu haben.
    »Meinst du nicht, es wäre Zeit für einen zweiten Anlauf?«, gurrte Elke.
    Kein anderer Mann hätte diesem Anblick standhalten können. Keiner. Außer Schmalenbach. Der ließ sich eben nicht auf ein simples
     Reiz-Reaktions-Schema reduzieren.
    »Nein. Ich kann nicht.«
    »Dann trink endlich ein Glas Sojamilch!«, riet sie ihm ungehalten.
    »Es hat mit etwas anderem zu tun.«
    »Womit?«, hauchte sie und zog ihn an sich.
    Schmalenbach machte sich los. »Mit der Wäschespinne. Solange sie neben dem Bett steht, kann ich nicht.«
    Nun war Elke sauer. Sie ließ sich ungern in ihre hausfraulichen Belange reinreden. »Die Wäschespinne war vorher nicht da –
     und trotzdem ist es passiert.« Dennoch stand sie auf und brachte die Wäschespinne auf den Balkon. »So«, sagte sie und legte
     sich wieder neben ihn. »Ich warte!«
    »Ich kann trotzdem nicht.«
    »Und warum nicht?«
    »Du hast aphrodisiakisch gesagt. Es heißt aber aphrodisisch. Solche Fehler kühlen meine Libido ab. Ich brauche eine kultivierte
     Atmosphäre zum   …«
    Weiter kam Schmalenbach nicht. Elke war aufgesprungen und türenschlagend hinausgerauscht. Ja, so waren sie die Frauen: Sensible
     Männer überforderten sie eben.

SONNTAGMORGEN
    Es gibt kreative und weniger kreative Tageszeiten. Am kreativsten sind die Sonntagvormittage. Der Mensch muss nicht zur Arbeit,
     er hat Zeit für seine Sonntagszeitung und für ein ausgiebiges Frühstück, nur unterbrochen von etwas hastigem Sex oder einer
     politischen Diskussion. Oder beidem. Das fördert die Muse.
    Früher gingen Familienväter sonntagmorgens zum Frühschoppen. Das hat sich durch die negative Haltung der Krankenkassen dem
     Alkoholkonsum gegenüber etwas gelegt. Dennoch blieb der Ausnahmecharakter des Sonntagmorgens erhalten. Nur dass er demokratischer
     und unverkrampfter geworden ist. War es in Zeiten des Patriarchats noch üblich, dass der Paterfamilias nach seinem Frühschoppen
     angesäuselt zur Tafel erschien und sich anschließend – ermattet vom vielen Alkohol und einer ausgiebigen politischen Tour
     d’Horizon – hinlegen musste, so geht die moderne Familie heute gemeinsam zum Brunch. Es wird kaum noch waghalsig politisiert,
     dafür aber die Corporate Identity gepflegt – und

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