Elke versteht das
Wichtigeres. Die Not auf der Welt. Die Gewalt
gegen Frauen und …«
»Also keine Bowle?«
»Am besten ist, du nimmst dir was anderes vor.«
Schmalenbach glaubte, sich verhört zu haben. Da bot er sich geradezu auf dem Tablett an. Bowle und Knoblauchbrote. Mit Bärlauch.
»Und was ist mit meinen Gedichten?«
»Erika sagt, Prosa kann sie nicht mehr ertragen.«
»Gedichte sind Lyrik, Prosa sind Romane und so was!«, brüllte Schmalenbach. »Versuche endlich mal, das in deinen Schädel reinzubekommen!«
Elke schaute sehr, sehr traurig. »Kein Wunder, dass Erika lieber ohne dich feiert. Wo du immer gleich so ausfallend wirst.«
»Das wird ja ein netter Abend werden«, höhnte er.
»Es kommt jetzt eine Bauchtänzerin. Die macht mehr her als deine Prosa. Sagt Erika.«
Typisch. Das hatte man von seiner Großzügigkeit. »Wenn diese vorlaute, unsensible, dreiste und frigide Person noch einmal
auf die Idee kommen sollte …«
Elke war empört. »Wie sprichst du denn von meiner besten Freundin?!«
»Deine beste Freundin? Dass ich nicht lache! Ich wundere mich, dass du noch zu diesem ominösen Geburtstagsfest gehen willst …«
»Erika hat ihre Gründe, wenn sie lieber ohne dich feiert«, erklärte Elke kategorisch. »Und jetzt, wo ich erlebe, wie unverhältnismäßig
du reagierst, muss ich sagen: Mir ist es auch lieber so.«
Das Schlimmste war: Schmalenbach konnte mit niemandem über diese Schmach reden. Pfeifenberger verwechselte nämlich auch ständig
Prosa mit Lyrik. Und umgekehrt.
LASS UNS FREUNDE SEIN
Elke hatte ein Tief. Sie haderte mit allem. Sogar mit Schmalenbach. »Mal ehrlich: Du bist auch nicht wirklich glücklich«,
sagte sie.
Schmalenbach breitete die Arme aus. »Warum nicht? Ich bin gesund.«
»Wann hast du zum letzten Mal die obligatorische Prostatauntersuchung machen lassen?«
Schmalenbach lachte auf. »Prostata? Meine Prostata ist völlig in Ordnung. Ich erspare dir jetzt die Einzelheiten. Aber glaube
mir, es gibt ein paar verlässliche Anzeichen dafür, dass ich stolz auf meine Prostata sein kann.«
Elke machte ein säuerliches Gesicht. »Was ist mit deiner Arbeit? Wolltest du nicht immer ein Schriftsteller sein?«
»Ich sitze den ganzen Tag am Schreibtisch und denke mir Sachen aus. In einem festen Arbeitsverhältnis. Grass und Pfeifenberger
beneiden mich darum.«
»Wer beneidet schon einen Werbetexter, der Slogans für Tütensuppen dichtet?«
»Jedenfalls bekomme ich Weihnachtsgeld, und meine Texte werden überall gelesen.«
»Was ist mit unserer Beziehung? Wir reden fast nie miteinander …«
»Und was tun wir gerade, Elke?«
»… und der Sex ist auch nicht mehr wie früher. Wie kannst du in diesem Elend leben?«
Jetzt reichte es Schmalenbach. »Wer, bitteschön, hat den Blues – du oder ich? Ich fühle mich großartig. Ich bin kerngesund,
ich sprühe vor guten Einfällen, ich habe Erfolg, man bewundert mich, ich habe eine hübsche und sensible Frau, mit der der
Sex Spaß macht …«
Elke kamen die Tränen. »Es ist alles so … eingefahren. Manchmal denke ich, ich sollte irgendwo ein ganz neues Leben anfangen.«
»Wo denn? In Offenbach? Oder bei deiner Mutter? Was willst du? Eine Karriere als magersüchtiges Modell machen? Oder die neue
Beifahrerin von Jutta Kleinschmidt bei der Rallye Paris-Dakar werden?«
Elke wischte sich die Tränen ab und schnäuzte sich die Nase. »Du willst es nicht wahrhaben. Ist ja auch bequemer so. Aber
dann jammere mir bitte nicht die Ohren voll, wenn es zu spät ist! Ich habe dich gewarnt.«
Das klang ernst. Höchste Zeit für Schmalenbach, das Ruder herumzureißen. Also gab er sich tief getroffen: »Elke, wenn du vorhast,
mich zu verlassen, dann sag es mir bitte jetzt ins Gesicht! Damit kann ich umgehen. Aber erspare mir eine endlos lange Trennung!«
Nun heulte sie wieder. Alle Schleusen waren offen. »Ich mag dich ja immer noch. Auch wenn du manchmal so hartherzig und oberflächlich
bist wie eben. Und lieber bei deinen verkommenen Freunden sitzt als mit mir wertvolle Gespräche zu führen …«
Dann musste der gute Schmalenbach eben einen Abend die Zähne zusammenbeißen und zu Hause bleiben, um mit Elke über Paartherapien
und Ikea-Küchen zu diskutieren. Schon war alles wieder in Butter, und sie vergötterte ihn, wie sie das all die Jahre klaglos
getan hatte.
Jetzt nahm sie sogar schon wieder seine Hand. »Du bist mir als Mensch so wichtig …«
Kein Wunder. Er kochte ihr jeden
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