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Elkes Sommer im Sonnenhof

Elkes Sommer im Sonnenhof

Titel: Elkes Sommer im Sonnenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Gündel
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der Vater wieder guten und regelmäßigen
Verdienst haben würde. —
    Elke und Katje sahen einander verdutzt an, als
Emil auf einmal sagte, dies sei das Haus des alten Schäfers Hinnerk. Elke hatte
ihren Ali aus guten Gründen schon vor einer Weile an die Leine genommen. Du
Schreck — der Hof des Hauses, vor dem sie jetzt standen, war der Schauplatz von
Alis Hühnermord gewesen! Sie hatten Emil nie etwas von der Untat des Hundes
erzählt.
    „Kommt doch mit ‘rein!“ sagte Emil jetzt, die
baufällige kleine Kate betretend. „Der Schäfer ist nett.“
    Aber Elke und Katje blieben mit Ali draußen.
    Wenige Augenblicke später erschien ein uralter
Mann an der Tür einer kleinen Küche. Er hatte einen langen weißen Bart und
weißes Haupthaar. Die Haut seines Gesichtes sah aus wie zerknittertes
hellbraunes Papier, und er hatte kleine, gutmütig zwinkernde Augen. Er forderte
die beiden Mädchen und Ali freundlich auf, doch auch näher zu treten.
    Dann saßen sie alle zusammen in der kleinen
Küche, und der Schäfer erzählte. Er redete plattdeutsch, und alle drei
verstanden ihn ganz gut, obgleich er seines zahnlosen Mundes wegen ziemlich
undeutlich sprach. Aber sein ganzes Gesicht, vor allem seine lebhaften Augen,
beteiligten sich am Erzählen, und was die Worte nicht verständlich werden
ließen, das drückte das Mienenspiel aus.
    Den Mittelpunkt seiner Geschichten bildeten die
Schafe und Lämmer, die er über fünfzig Jahre als Gemeindeschäfer betreut hatte,
und die Hunde, die er dabei zu seiner Hilfe gehabt hatte. Die Schafe waren
seiner Meinung nach durchaus nicht dumm, sondern sogar sehr kluge Tiere, und
was die Hunde anbelangte, so gab es für ihn keinen Zweifel darüber, daß sie
mehr wert waren als die meisten Menschen.
    Er lockte Ali neben sich, streichelte und lobte
ihn und versprach ihm ein Schüsselchen voll Milch.
    Der Schäfer sollte nur wissen, was für eine
schlimme Tat Ali auf dem Gewissen hat! dachte Elke. Er hat sein großes weißes
Huhn totgebissen!
    Und richtig kam der Schäfer auch auf den Verlust
zu sprechen, der ihn betroffen hatte.
    Ali hatte seine Milch erhalten, Emilie hatte die
Eier, die sie holen sollte, in den Korb gelegt, und nun stand der Schäfer mit
den Kindern vor seinem Hühnervolk, das erwartungsvoll angelaufen gekommen war,
sobald der Alte aus der Haustür getreten war.
    „Mein bestes Huhn, die Minka, ist gestorben“,
murmelte er bekümmert. „Ich kam damals gerade vom Gemeindeamt zurück, da hab’
ich mein bißchen Geld, die Rente, geholt. Als ich um die Ecke bog, sah ich
meine Minka tot im Gras liegen, hinten bei dem großen Apfelbaum. Bittere Tränen
hätte ich weinen mögen. Minka ist meine beste Glucke gewesen, vergangenes Jahr
hat sie mir dreizehn Küken ausgebrütet.“
    Elke war sehr unbehaglich zumute. Ali hatte ein
großes Unglück angerichtet, und sie hatte nichts dazu getan, es
wiedergutzumachen.
    Hinnerk schien an Elke ganz besonders Gefallen
zu finden. Immer wieder lächelte er ihr freundlich zu, und beim Abschiednehmen
wandte er sich hauptsächlich an sie:
    „Besucht mich nur bald wieder, ihr kleinen
Mädchen! Meine Tochter kommt manchmal aus dem Nachbardorf und bringt mir was
Gutes mit. Da werde ich ein schönes Stück Kuchen für euch drei aufheben — für
euch vier“, verbesserte er sich mit einem Blick auf Ali. - -
     
    Auf dem Nachhauseweg erzählte Elke Emil von Alis
Schandtat. Der Schäfer hatte Ali Milch geschenkt und war überhaupt so nett
gewesen. Und sie sollten wiederkommen, dann wollte er ihnen Kuchen geben — nein,
das war zuviel! Das hatten sie und Ali nicht verdient.
    „Du mußt Hinnerk alles sagen und das Huhn
bezahlen“, erklärte Emil.
    „Ich hab’ kein Geld“, sagte Elke.
    „Dann mußt du deinem Vater schreiben, daß er dir
welches schickt.“
    „Wieviel wohl?“
    „Mit vier, fünf Mark ist das Huhn bezahlt.“
    Elke sagte eine Weile nichts. „Fünf Mark habe
ich selber“, fing sie dann wieder an. „Die hat mein Onkel mir im
Geburtstagspaket mitgeschickt für Ali, wenn er ein neues Halsband und eine neue
Leine braucht. Aber ich glaube, fünf Mark sind zu wenig für das Huhn. Wenn es
nun wieder dreizehn Küken ausgebrütet und immerfort Eier gelegt hätte — “
    „Beim Brüten legt es keine Eier!“ wandte Katje
ein.
    „Das weiß ich. Aber wenn es leben geblieben
wäre, hätte es nachher wieder Eier gelegt
    „Ja, und die kleinen Küken wären große Hühner
geworden und hätten dann selber Eier gelegt. Das würde ich auch

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