Elkes Sommer im Sonnenhof
Geburtstag verlebt zu haben!
Gegen Abend standen drei wunderschöne
Wasserpferde vor dem Wagenschuppen. Das eine war schwarz, das andere hellbraun
und das dritte weiß und braun gescheckt. Das schwarze war das von Elke und hieß
„Teufel“, in Erinnerung an den schönen Teufelstanz, bei dem Elke ihren langen
Schwanz verloren hatte. Achim nannte seinen Fuchs im Anklang an seine
Ritterwürde „Burgvogt“, und Katje gab ihrem Schecken den Namen „Juxbaron“. Alle
drei Pferde hatten weiße Mähnen und weiße Stirnhaare.
Schade, daß Ölfarbe immer einige Zeit braucht,
ehe sie trocken ist! Die Kinder hätten gern gleich heute abend ein Wettrennen
veranstaltet auf ihren edlen Rossen. Und nicht nur die Kinder! Auch Achims
Vater und Elkes Bruder Ulf hatten große Lust, die neuen Wassertiere
auszuprobieren.
„Fabelhaft!“ sagte Elke, das gemeinsame Werk
vieler fleißiger Hände anstaunend. „Gekaufte Wassertiere aus Gummi kann jeder
haben. Aber solche Pferde selber machen, das kann nicht jeder!“
Sobald die Farbe einigermaßen angetrocknet war,
wurden die zackig ausgeschnittenen, leuchtend bunten Zaumzeuge und
Satteldecken, die Katje und Emilie gemacht hatten, an den Tieren festgenagelt.
Und nun sahen sie erst großartig aus!
Das Herz konnte einem bluten, daß sie untätig
dastehen und sich die Farbe am Leibe antrocknen lassen mußten. Wahrhaftig, ein
unwürdiger Zustand für edle Streitrosse! Elke seufzte tief auf.
„Nanu?“ sagte ihr Vater. „Hast du es so schwer?“
„Ach ja, Vati, die Tage sind so entsetzlich kurz
hier. Wenn wir morgens ganz früh aufstehen, es ist doch immer gleich Abend. Das
bißchen Schule morgens rechne ich gar nicht mit; aber Reiten, Ritterspielen,
Hingehen überall auf die Wiesen zu den Tieren, die wir so gern leiden mögen,
und nun auch noch die Wasserpferde — man weiß kaum, wie man mit allem fertig
werden soll!“
„Ach, mein Herzchen, wenn ihr weiter keine
Sorgen habt!“ lachte Herr Tadsen.
„Ja, das ist wirklich wahr“, sagte Emilie ernst,
die neben Elke stand.
Herr Tadsen blickte das braunhaarige
dreizehnjährige Mädel an. Kannte Emilie schon die Sorgen des Lebens? —
„Sei immer recht nett zu deiner neuen Freundin“,
sagte der Vater später, als er einmal mit Elke allein war. „Ich glaube, Emilie
macht sich Gedanken über vieles, woran ihr anderen Kinder, die ihr es so gut
habt, gar nicht denkt!“
„Emilies Vater ist erwerbslos“, antwortete Elke.
„Er ist Musiker. Sie wohnt hier bei ihren Großeltern, damit sie in Lübeck kein
Essen kostet.“
Dann kamen Katje und Emilie dazu, und das
Gespräch wurde abgebrochen.
Aber Elke vergaß nicht, was ihr Vater gesagt
hatte. Sie hatte selbst schon manchmal daran gedacht, daß es traurig war, daß
ein so nettes Mädchen wie Emilie einen Vater hatte, der nichts verdiente. Wenn
man ihr doch helfen könnte! Man müßte nur wissen, wie!
Elke begann ihr neues Lebensjahr damit,
ernstlich darüber nachzudenken, wie Emilies Vater eine neue Stellung bekommen
könnte.
DIE FREUNDIN
EMIL
Es kam jetzt häufiger vor, daß Achim, Elke und
Katje nachmittags vergeblich auf den Knappen Emil warteten, und sie waren
jedesmal enttäuscht, wenn es ihnen klarwurde, daß Emil nun bestimmt nicht mehr
kommen würde. Emilie Rohwedder war zwei Jahre älter, hatte viel gelesen und
kannte alle Heldensagen und Rittergeschichten, die man nur kennen konnte. Sie
hatte eingeführt, daß beim Ritterspielen richtige Geschichten mit Überfällen,
Plünderung, Raub, Auflauern, Handgemenge und ähnlichen herrlich aufregenden
Ereignissen dargestellt wurden, und es war wirklich schade, daß sie nun nur
noch so selten dabei war.
Sie habe keine Zeit mehr zum Spielen, sagte sie.
Warum sie plötzlich keine Zeit mehr hatte, wußte niemand. Die Kinder trösteten
sich damit, daß sie hoffentlich bald wieder weniger beschäftigt sein würde. Das
Ritterspielen ohne sie war nur halb so schön.
Gut, daß sie jetzt wenigstens die Wassertiere
hatten! Die waren genau so kippelig, wie sie gerade sein mußten, damit es Spaß
machte. Eben meinte man, daß man richtig draufsäße — bums, machte man eine
ungeschickte Wendung, und schon war man ins Wasser geplatscht. Oder wenn man
selber Glück hatte und oben blieb, so machte es einen Heidenspaß, wenn man dem
Pferd, das neben einem schwamm, heimlich einen kleinen Puff gab — augenblicklich
warf es dann seinen Reiter ab.
Auch ein Wettrennen war schon veranstaltet
worden, und Achims, Elkes und
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