Elkes Sommer im Sonnenhof
bereit gewesen war,
die Schuld auf sich zu nehmen, und Elke, weil sie es nicht über sich gebracht
hatte, einen anderen für sich Strafe erleiden zu lassen.
Der Vater strich Achim so liebevoll über den
Kopf, wie er es lange nicht mehr getan hatte, und zu Elke sagte er:
„Also, du warst die Sünderin — so, so? Aber
darüber werden wir uns nach Tisch weiter unterhalten. Jetzt nur eines: Ich
freue mich, Elke, daß du —“
Weiter kam Onkel Hannes nicht, denn mit Elke
ging wieder einmal die Lebhaftigkeit durch. Sie konnte zu Achims funkelnden
Blicken nicht den Mund halten und sagte: „Nein, Achim, das wäre ungerecht
gewesen: du kriegst die Schuld, und ich hab’s getan!“
„Wieso?“ widersprach Achim. „Ich wollte doch so
gern alles auf mich nehmen, und es ist gemein von dir
Onkel Hannes und Tante Irmgard mußten sich ins
Mittel legen, sonst wäre es wahrscheinlich zwischen den beiden soweit gekommen,
daß sie sich wieder einmal ernstlich stritten, und diesmal nur aus dem Grund,
weil sie beide das Beste gewollt hatten.
Es gab eine rege Unterhaltung, die schließlich
damit endete, daß die Kinder die Erlaubnis bekamen, die in Sicherheit gebrachte
hübsche, braun und weiß gefleckte Ente zu behalten. Sie wählten den Namen
Thusnelda für sie und bauten unter dem Beistand des Stallburschen Heinrich noch
am selben Nachmittag eine große alte Bernhardinerhütte in einen Entenstall um,
der ein schönes Strohdach bekam und sogar gemalte Fenster mit Gardinen.
Dieser Entenstall wurde am See aufgestellt, und
Thusnelda legte brav jeden Tag ein Ei in ihr Nest. —
Da erklärte Elke eines Tages, daß die Ente offenbar
mit ihrer Einsamkeit nicht zufrieden sei. Man müsse mal darauf achten,
Thusnelda schnattere immer leise und traurig vor sich hin, und sie fresse auch
gar nicht mehr so gut wie im Anfang.
Die arme Thusnelda, die schon genug durchgemacht
hatte, als sie beinahe geschlachtet worden wäre, sollte also Gesellschaft
bekommen.
Onkel Hannes erklärte sich damit einverstanden,
daß sechs hellbraune sogenannte indische Laufenten — fünf weibliche Enten und
ein Erpel — angeschafft wurden.
„Wer macht den Entenstall eigentlich immer
sauber?“ fragte der Vater.
„Wir drei!“ erklärte Elke stolz. „Erst sollte
Heinrich uns helfen, aber da wir ja die Eier verkaufen, müssen wir auch den
Stall selber reinmachen.“
„Nanu? Ihr verkauft die Eier? Da höre ich ja was
ganz Neues! An wen denn?“
„An Lisbeth. Für die Küche.“
„So? Und von dem Geld, das ihr kriegt, kauft ihr
wohl dann das Futter?“
„Nein, das Futter kaufst du!“ lachte Elke.
„Das ist ja ein feines Geschäft für mich. Erst
muß ich das Futter bezahlen und dann auch noch die Eier! Was macht ihr denn mit
eurem Eiergeld?“
„Ach, dafür kaufen wir was —“
„Was zum Beispiel?“
„Neulich hat Emilie Geburtstag gehabt. Sie
brauchte so notwendig einen kleinen Stadtkoffer. In der Handlung von Lüders
waren gerade welche zu haben“, antwortete Elke.
„Ja, ein Stadtkoffer ist ja auch das, was jemand
hier in Eichhagen am notwendigsten braucht!“ meinte der Vater schmunzelnd. „Und
was habt ihr für den Schäfer Hinnerk eingekauft, wenn ich fragen darf?“
Elke blinzelte den guten Onkel Hannes vergnügt
aus den Augenwinkeln heraus an. Achims Eltern wußten längst von dem Unglück,
das Ali seinerzeit angerichtet hatte. Sie wußten auch, daß Elke sich bemühte,
dem Schäfer das Huhn zu ersetzen, das vielleicht wieder dreizehn Küken
ausgebrütet und danach noch unzählige Eier gelegt hätte.
Sie hatte auch schon nach Hause geschrieben, ob
der Vater oder Ulf nicht vielleicht einen abgelegten Mantel für Hinnerk hätten,
und die Mutter hatte ein Paket gesandt, in dem sich nicht nur Kleidungsstücke
für einen Mann, sondern auch für eine Frau befunden hatten. Die Frau des alten
Schäfers sei zwar lange tot, wie Elke geschrieben habe, aber Elke habe ja
sicher sonst noch eine Frau in ihrer Bekanntschaft, die Kleider und Wäsche
brauchen könnte. Daraufhin hatte Elke die Frauensachen sofort an Emilies Mutter
geschickt.
Aber jetzt wollte Onkel Fiannes wissen, ob sie
von dem Eiergeld etwas für den alten Hinnerk gekauft hatten.
In Elkes klaren, blauen Augen blitzte es ein
bißchen durchtrieben auf. „Wir haben Geld angezahlt“, sagte sie.
„Wieso angezahlt? Was soll das heißen?“ fragte
Achims Vater verwundert.
„Hinnerk ist schon so alt, er friert immer, und
da waren in der Handlung von Lüders gerade so schöne
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