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Ella und die falschen Pusteln

Ella und die falschen Pusteln

Titel: Ella und die falschen Pusteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Rambo.
    »Gewalt ist keine Lösung, mein Lieber«, säuselte der Lehrer.
    Dann schloss er die Augen und begann mit gleichmäßiger Stimme zu brummen. Schade war nur, dass wir das Stück nicht erkannten, das er brummte. Wir nahmen aber an, dass es das Lied von dem Pechvogel war, der mit dem Flaschenzug Ziegel aufs Dach ziehen will und am Ende unter ihnen drunterliegt. Das ist nämlich sein Lieblingslied, und weil er es uns mal ungefähr beigebracht hatte 2) , sangen wir einfach mit. Sein Brummen und unser Singen hörten sich zusammen sehr schön an, das fanden alle, anscheinend sogar die Direktorin. Jedenfalls kam sie zu uns ins Klassenzimmer und hörte eine Weile zu.
    2) Das kann man nachlesen: in »Ella in der zweiten Klasse«.
    »Für das, was hier vor sich geht, gibt es bestimmt eine vernünftige Erklärung«, seufzte sie, als das Lied zu Ende war. Das heißt, wir hatten alle Strophen gesungen, die wir kannten, aber der Lehrer brummte immer noch. Vielleicht hatte er die Direktorin auch gar nicht bemerkt. Er hatte ja die Augen zu.
    »Der Lehrer macht von jetzt ab alles ganz einfach«, erklärte Hanna der Direktorin.
    »Darum ist zum Beispiel eine Direktorin an unserer Schule überflüssig«, erklärte es ihr Timo genauer.
    »Ein Hausmeister auch«, erklärte ich.
    »Und unsere Gehirne sind jetzt unsere Bücher«, erklärte Tiina.
    »Und ich hab meins wahrscheinlich zu Hause vergessen«, erklärte Pekka.
    »Alles soll angeblich einfach werden, und trotzdem gibt er Hausaufgaben ohne Ende«, beschwerte sich Mika. »Das schafft meine Mutter höchstens, wenn ich ihr helfe.«
    »Wenn hier noch einer was erklärt, brummt ihm der Schädel, das kann ich ihm versprechen«, erklärte der Rambo.
    »Außerdem hab ich Hunger, und meine Fantasie nutzt mir da gar nichts«, stellte Pekka fest.
    Genau da öffnete der Lehrer die Augen und schaute mit verschleierten Blicken um sich.
    »Setz dich zu uns und sammle dich – alle Erklärungen sind überflüssig«, sagte er zu der Direktorin.
    »Überflüssig oder nicht, der Hausmeister würde trotzdem gern wissen, wann du die Tische und Stühle der Kinder ins Klassenzimmer zurückräumst. In der Turnhalle, wo du sie hingestellt hast, sind sie nämlich im Weg«, sagte die Direktorin, als hätte sie leider keine Lust, sich zu sammeln.
    »Sag dem Hausmeister, dass ich an ihn denke und seine Sorgen verstehe«, säuselte der Lehrer.
    »Ich sage dir , dass du auf der Stelle mitkommst und die Tische und Stühle der Kinder aus der Turnhalle räumst!«, sagte die Direktorin, die sich anscheinend immer noch nicht sammeln wollte. »Außerdem räumst du den Lehrertisch aus dem Speisesaal!«
    »Sieh dir diese Kinder an!«, sagte der Lehrer. »Es sind zarte, unschuldige Pflänzchen, die noch in jedem Windhauch schwanken. Darum sage ich: Halt inne und staune mit den offenen Augen eines Kindes! Eile nicht, damit du die Eile nicht bereuen musst. Ich sage nur: Gib acht auf Kinder!«
    Jetzt hätte die Direktorin eigentlich klatschen müssen wie die Autofahrer oder wenigstens weinen wie der vornehme Onkel in dem vornehmen Auto, denn die kleine Rede des Lehrers war fast genau dieselbe wie die, die er schon an der Kreuzung beim Bahnhof gehalten hatte.
    Aber die Direktorin klatschte nicht, und sie war auch kein bisschen gerührt.
    »Und ich sage nur: Gib acht auf die Direktorin, wenn hier nicht bis spätestens morgen früh wieder Ordnung einkehrt!«, sagte sie und ging.
    Wir fanden die neuen Ideen des Lehrers trotzdem toll. Nur beim Hausmeister lag er natürlich falsch: Der Hausmeister war kein bisschen überflüssig. Wir mussten ihn schon fünf Minuten später holen, als der Lehrer jemanden brauchte, der sich mit komplizierten Knoten auskannte.
    »Wie wär’s, wenn du dafür die Möbel aus der Turnhalle und dem Speisesaal räumst«, schlug er vor, als er dem Lehrer den Knoten aus den Beinen gemacht hatte.
    »Sag, was du auf dem Herzen hast – ich höre«, sagte der Lehrer.

Wir behalten den Patienten im Auge
    »Liebling, ich mache mir Sorgen«, sagte die Frau des Lehrers.
    »Aber wieso denn?«, fragte der Lehrer.
    Wir behielten den Lehrer im Auge, wie der Oberarzt mit der schönen Fliege gesagt hatte. Wir sahen ihn nur nicht. Wir standen nämlich unter dem offenen Fenster seiner Wohnung und lauschten. Wir fanden zwar, das hätten die Ärzte besser selbst gemacht, aber vielleicht wären sechs Ärzte unter dem Fenster des Lehrers ein bisschen zu auffällig gewesen. Und schließlich war es unser Lehrer, also

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