Elli gibt den Loeffel ab
brauche neue Klamotten.«
»Dreihundert?« Bei den Übergrößen, die ihre Tochter brauchte, durfte man tief in die Tasche greifen.
»Danke, Mama. Du bist ein Schatz!«
Wohl eher eine Geldquelle. Warum hatte sich Anja nur für eine Ausbildung zur Köchin entschieden? Auch noch mit Abitur. Gut, sie konnte in der Küche regelrecht zaubern, aber als Frau in diesem Job zum Chef zu avancieren, war fast ein Ding der Unmöglichkeit.
»Überweist du’s mir gleich heute?«
»Mach ich... Ich hab’s eilig.«
»Schon klar. Mach’s gut.«
Wieder ein Problem weniger, dachte Dorothea sich, als sie das Gespräch beendete. Jetzt noch schnell den Briefkasten leeren und ran an die Arbeit. Kaum fuhr man zwei Tage weg, quoll er förmlich über. Tonnen an Werbung, Rechnungen, Bücher und Zeitschriften. Aber was war das denn? Ein per Hand adressierter Brief? Dorothea musterte ihn neugierig. Von einem Fabrizio? Aus Italien? Vermutlich nichts weiter als Werbung, die als ein persönliches Schreiben getarnt war. Sie hatte keine Zeit. Auf zum Verriss! Bohlen und Co. konnten sich auf was gefasst machen.
Von wegen neun Stunden Fahrt! Heinz hatte Elli erklärt, dass sie bei Eingabe der Fahrtstrecke auf Google-Maps wohl vergessen hatte, ihre Durchschnittsgeschwindigkeit einzugeben und auszuwählen, ob sie die Landstraße oder die Autobahn nehmen würde. Dennoch kein Grund zur Panik. Sie musste ja nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt in Neapel sein. Wie schön wäre es jetzt gewesen, in ein nostalgisches florentinisches Viersternehotel einzuchecken. Elli kannte diese schillernde Seite der Stadt von zwei Reisen mit ihrem Mann — ein Traum, den sie sich allerdings angesichts ihrer immer knapper werdenden Finanzen abschminken konnte.
»Ich kenne hier in der Nähe einen ganz netten Campingplatz«, hatte Heinz vorgeschlagen, kurz nachdem die Sonne sich am Horizont von ihnen verabschiedet hatte.
Der Gedanke, mit diesem Mann eine Nacht im Wohnmobil zu verbringen, war alles andere als ersprießlich. Elli konnte dem Campen nun wirklich nichts abgewinnen — schon zu Schulzeiten nicht. Zu gleich vier verregneten einwöchigen Zeltlageraufenthalten mit einer evangelischen Jugendgruppe hatten ihre Eltern sie verdonnert, angeblich um ihre Selbständigkeit zu fördern. So etwas konnte man auch sprichwörtlich »ins kalte Wasser werfen« nennen. Schon nach nur drei Tagen hatte sie nichts Trockenes mehr zum Anziehen gehabt, und noch nicht einmal ein vernünftiges Klo hatte es gegeben. Heinz hatte angesichts ihrer skeptischen Miene wohl ihre Gedanken gelesen, denn ohne dass sie ihn nach der Ausstattung des Campingplatzes fragen musste, schwärmte er ihr von sich aus vor, wie ungemein komfortabel es dort sei.
»Man hat heutzutage auf einem Campingplatz alles, was man braucht, und die frische Luft ist unbezahlbar. Also ich würde den Komfort meines Wohnmobils nie gegen ein miefiges Hotelzimmer eintauschen.« Nachtigall, ich hör dir trapsen.
Es war ihm zwar nicht ganz gelungen, sie vom Luxus seines Wohnmobils, das sicherlich den Komfort eines guten Hotels zu bieten hatte, zu überzeugen, wohl aber, in ihr die Hoffnung auf einen Campingplatz mit vernünftigen Duschen und sanitären Anlagen zu wecken.
Bei der Anfahrt über die holprige Straße, die mitten durchs Gelände führte, wurde Elli allerdings etwas bange. Mit einem Schlag war es zudem stockfinster, dichter Wald, wohin man sah. Angeblich lag der Campo de’ Fiori direkt an einem See — richtig malerisch. Außer ein paar im Lichtkegel der Scheinwerfer sporadisch aufblitzenden Wohnwagen und Wohnmobilen war aber nichts Malerisches zu sehen. Immerhin gab es ein spärlich beleuchtetes Landhaus, zu dem ein kleiner Weg führte.
»Dort kann man prima essen. Im Erdgeschoss sind übrigens die Duschen. Am See gibt’s meistens ein Lagerfeuer, um das man dann noch zusammensitzt.« Damit drückte Heinz ihr samt den frischen Handtüchern auch gleich noch das Abendprogramm in die Hand.
Egal, immerhin hatte sie eine Bleibe und konnte froh sein, dass sie sich das Geld für die Übernachtung sparte.
Die Kunst des Lebens bestand darin, sich an den einfachen Dingen zu erfreuen, und wann immer es eine Gelegenheit dazu gab, tat Heinz dies aus vollem Herzen. Klares, warmes und zugleich weiches, kaum kalkhaltiges Wasser sowie ein Stück herrlich duftende Lavendelseife auf der Haut zu spüren, was konnte es Schöneres geben? Solche Dinge bewusst wahrzunehmen und dafür dankbar zu sein, tendierten die Menschen beim
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