Elli gibt den Loeffel ab
gesellte sich noch ein aufforderndes Winseln hinzu. Ihn mal an der Hand schnuppern zu lassen, konnte ja nichts schaden. Ihn kurz zu kraulen, sozusagen als versöhnende Geste, sicherlich auch nicht.
Heinz, der bis Brescia keinen Mucks von sich gegeben hatte, außer ihr zweimal Wasser anzubieten und nach der gewünschten Raumtemperatur zu fragen, nahm dies sofort zum Anlass, um Elli wieder wahrzunehmen. »Das ist Oskar. Sie dürfen ihn ruhig streicheln. Er ist ganz brav.«
Schwups saß der Hund auch schon auf ihrem Schoß, und nach wenigen Streicheleinheiten, die Heinz mit einem wohlwollenden Lächeln quittierte, drehte das Tier sich auf den Rücken und räkelte sich wohlig. Im Nu war Ellis Leinenkleid übersät mit kleinen weißen Haaren, und sie wegzuzupfen entpuppte sich als aussichtsloses Unterfangen. Der Stoff zog sie regelrecht an, wie ein Magnet Eisenpartikel.
»Er mag Sie.«
Heinz wurde ja richtig kommunikativ. Allerdings wäre ihr lieber gewesen, wenn er ihr eine Kleiderbürste in Aussicht gestellt hätte. Da entdeckte Elli im Seitenfach etwas, das aussah wie ein Puppenkleid.
Heinz hatte ihren verwunderten Blick bemerkt. »Das gehört Oskar.«
Als Elli das Hundemäntelchen mit Fellkragen herauszog, konnte sie sich ein Feixen nicht verkneifen. Der Gedanke, wie der Kleine wohl darin aussah, das Köpfchen umgeben von weißem Flausch, war einfach kaum zu schlagen.
»Kurzhaarchihuahuas sind verdammt verfroren. Der Mantel ist aus Helsinki. Dort war’s bitterkalt.«
»Sie sind ganz schön herumgekommen.« Immerhin beantwortete er die Frage mit einem Grunzlaut, der sofort ihre Neugier weckte. »Machen Sie das statt Urlaub?«
»Nein, ich bin das ganze Jahr unterwegs«, verblüffte er sie. Sicher ein Rentner, der sich einen Lebenstraum erfüllte, dabei sah er noch gar nicht so alt aus.
»Das ist besser, als immer nur an einem Ort zu sein.«
»Wohin geht die Reise diesmal?«
»Richtung Sizilien und dann mit der Fähre weiter nach Afrika. Erst Ägypten, dann hoch nach Israel und weiter in den Libanon.«
Das hörte sich ja nach einem regelrechten Kamikaze-Parcours an. »Ist das nicht gefährlich? Was man vom Libanon so alles hört«, fragte sie, darum bemüht, eher beiläufig zu plaudern und sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er sie beeindruckte.
»Ich war schon mal dort. Halb so wild. Die Medien blähen alles auf. Wussten Sie, dass in den meisten Vierteln gar nicht geschossen wird? All die Bilder von zerbombten Häusern, das war nur ein kleiner Teil der Stadt.«
Respekt, der Mann hatte anscheinend Ahnung und bewegte sich, gemessen an der Anzahl seiner Gehirnzellen, im Laufe der Konversation von der Gattung der Pflanzen wieder in den IQ-Bereich eines Menschen, noch dazu eines interessanten.
»Ich möchte ins Tal von Ehden, den Garten Eden, das biblische Paradies, wo sich das Museum von Gibran befindet. Kennen Sie Khalil Gibran?«
»Den Propheten? Natürlich!«
Wollte die Expflanze sie etwa auch intellektuell herausfordern? Da galt es mitzuhalten, nicht dass er am Ende noch glaubte, sie sei zeit ihres Lebens über Bild-Zeitungs -Niveau nie hinausgekommen.
»Der Prophet.« Fehlte nur noch, dass sie wie in der Schule den Finger gehoben hätte. Immerhin war es ihr gelungen, ihrer Stimme beim Kokettieren den beiläufigen Ton gediegenen Understatements zu verleihen.
»Ein großartiger Philosoph und genialer Maler. Ich liebe seine Werke. Der Libanon wird von vielen kulturell unterschätzt«, fuhr Heinz fort.
Er war also auch noch an Kunst interessiert. Irgendwie wollte das mit dem ersten Eindruck, den er auf sie gemacht hatte, gar nicht zusammenpassen. Hoffentlich driftete das Gespräch jetzt nicht ins Politische ab, denn da müsste sie passen und sich somit eine Blöße geben.
»Stellen Sie sich vor, ich war noch nie bei den Pyramiden«, versuchte sie galant abzulenken.
»Sie sind wohl auch schon viel herumgekommen. Beruflich?« Oh, er begann sich für sie zu interessieren. Das waren ja ganz neue Töne.
»Mit meinem Mann, ja. Wir waren in der Kinobranche. Aber nach Ägypten hat es uns nie verschlagen. Man kann nun mal nicht alles im Leben haben.«
»Wer sagt das?«, fragte er und sah ihr dabei mit anklagendem Blick direkt in die Augen.
Nun war Elli perplex. »Für manche Dinge ist man irgendwann zu alt«, versuchte sie sich zu rechtfertigen.
»Blödsinn!« Er musterte sie so lange, dass sie Panik bekam, er könnte von der Fahrbahn abkommen. »Sie sind doch gerade mal Mitte fünfzig.«
Das ging
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