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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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es doch keine so gute Idee, sich zu all den glücklichen Paaren zu setzen und sich vor Augen führen zu lassen, was sie nicht mehr haben konnte.
    »Ich hole uns zwei Campingstühle«, schlug Heinz vor.
    Somit gab es kein Entrinnen mehr.

    »Ich finde das Dreilagige von Aldi immer noch am besten«, tat Liane anscheinend allwissend kund und stieß damit auf breiteste Zustimmung.
    »Ich finde das von REWE besser, das mit dem Kamillenduft«, warf ihr Gatte Rudolf ein.
    Es ging nun schon knapp zehn Minuten um Toilettenpapier und nicht zuletzt um dessen Saugfähigkeit. Gut, dass sie schon gegessen hatte. Heinz schienen die kleinen Zankereien zu amüsieren. Sie sah ihm an, dass er nur mit Mühe ein Schmunzeln unterdrücken konnte. Obwohl die Gesprächsthemen einer gewissen Komik nicht entbehrten, stellte Elli fest, dass sie sich zusehends unwohl fühlte, und dies lag nicht nur an der apokalyptischen Mückenplage, die sich vom Feuer nicht abschrecken ließ. Obgleich die Viecher sie halb aussaugten und ihr süßes Blut offenbar mochten, stellte sich, den widrigen Umständen und dem Gespräch über Klopapier zum Trotz, auch ein Gefühl der Erleichterung ein — eine äußerst verwirrende Gefühlslage.
    Die Unterhaltungen über Toilettenpapier, praktische Einweckgläser, empfehlenswerte Mikrofasertücher — was hatten sie in der letzten Stunde schon alles durch? — begannen Elli zu langweilen. Wie konnte einen etwas langweilen und zugleich erleichtern? Sie blickte in die Runde. Das händchenhaltende Paar, das sich bisher nur an der Debatte über die Einweckgläser beteiligt hatte, starrte seit mindestens einer halben Stunde regungslos ins Feuer — wie angewachsen. Elli ertappte sich bei dem Gedanken, dass die meisten in der Runde irgendwie ziemlich unlebendig aussahen. Ja, genau das war es. Unlebendig. Sie saßen zusammen, weil sie es so gewohnt waren. Gemeinsam alt werden, den Alltag teilen. Davon hatte sie immer geträumt, aber war dieser Zustand überhaupt erstrebenswert?
    »Alles in Ordnung?«, fragte Heinz, der ihr Schweigen wohl bemerkt hatte.
    »Wird man so im Alter?«, flüsterte sie ihm mit einem dezenten Blick auf die anderen ins Ohr.
    Er überlegte, zuckte dann aber nur ratlos mit den Schultern. »Ich habe es Ihnen doch schon gesagt. Das Alter ist eine individuelle Angelegenheit.«
    »Vermutlich wird man träge, wenn man schon so lange zusammen ist«, erwiderte sie leise.
    »Ich schätze, das hat jeder selbst in der Hand.«
    Elli versuchte sich Josef als alten Mann vorzustellen. Im Grunde genommen war er schon viel früher leicht träge geworden. Zwar waren sie viel gereist, aber das, was Elli an ihrem damaligen Leben so geschätzt hatte, waren weniger die aufregenden Gespräche und Momente mit ihm gewesen, sondern vielmehr ihre individuellen Lebensumstände. Partys, Empfänge, Filmpremieren, spannende Begegnungen mit interessanten Menschen — im Grunde genommen alles Einflüsse von außen. Was hatte er eigentlich dazu beigetragen? Es war erschreckend, zu dem Schluss zu kommen, dass die Impulse in ihrer Ehe fast immer nur von ihr ausgegangen waren. Was, wenn Josef so geworden wäre wie dieser Rudolf und sie sich in der Karibik am Strand tatsächlich mit Toilettenpapieranalysen die Zeit vertreiben würden?
    Das war es! Darin lag die Erleichterung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit, räumte sie ein, hätten Josef und sie sich in genau diese Richtung entwickelt. Gerade weil er sie allein zurückgelassen hatte und sie sich neue Freunde hatte suchen müssen, Menschen wie Frieda, mit der sie lebendige und bereichernde Gespräche über alles Mögliche führen konnte, befand Elli ihr Leben auf einmal als gar nicht mal so schlecht. Gerade weil sie ums Überleben der Videothek kämpfen musste und nicht so entspannt in den Tag leben konnte wie diese Paare, würde sie nicht so abstumpfen. Es galt das Prinzip Hoffnung. Zwar nahm ihr diese Einsicht nicht die Traurigkeit darüber, dass Josef nicht mehr lebte, aber nach vielen Jahren des Selbstmitleids und quälender
    Einsamkeit vermochte dieser skurrile Abend ein großes Stück von dem Schmerz zu lindern, der bisher immer aufgekeimt war, wenn sie glückliche ältere Paare gesehen hatte. War sie jetzt etwa zur lustigen Witwe geworden?

    Es war Elli vollkommen klar, dass Heinz ihr den Schlafplatz im Wohnwagen anbieten würde, und unter normalen Umständen hätte sie sein Angebot auch angenommen. Mal abgesehen davon, dass die Luft im hinteren Bereich des Wohnwagens förmlich stand und

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